Im Dschungel der Holz- und Papierprodukte sind Zertifikate für Händler eine Orientierungshilfe beim Einkauf. Sie sollen für Transparenz sorgen und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung fördern. Doch was sagen die einzelnen Zertifikate tatsächlich aus?

FFCundPEFC 965x355 - FSC und PEFC: Orientierung durch Zertifizierung

18 Mio. Fußballfelder pro Jahr, 13 Mio. Hektar oder knapp die Hälfte der Bundesrepublik Deutschland – so groß ist die Waldfläche, die jedes Jahr durch Raubbau und Rodung der Wälder zerstört wird (Quelle: WWF Deutschland). Einer der Verursacher: Holz- und Papierprodukte. Höchste Zeit also, beim Einkauf stärker auf eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu achten. Doch auch in Zeiten kritischen Konsums, in denen immer genauer auf die Herkunft von Produkten geachtet wird, haben Händler – ebenso wie Einkäufer – selten die Muße, sich mit den Hintergründen jedes einzelnen Alltagsgegenstandes zu beschäftigen. Lange Produktbeschreibungen und detaillierte Inhaltsangaben verwirren oft mehr, als dass sie aufklären. Zertifikate und Siegel gelten daher als wichtige Orientierungshilfe. „Wenige Verbraucher lesen sich genauer ein. Ein Siegel reicht oft aus, um Vertrauen zu schaffen und den Kauf zu unterstützen“, weiß Stefan Adler, Waldreferent beim Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) und Experte für die Waldbewirtschaftung. Der Kunde verlässt sich darauf, dass das entsprechend gekennzeichnete Produkt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt.

Allerdings sieht man bei Holz- und Papierprodukten dank der vielen Eigenzertifikate und Label im Einzelhandel inzwischen den Wald vor lauter Siegeln nicht mehr. Am weitesten verbreitet sind die FSC- und PEFC-Zertifikate. Doch was steckt genau hinter den Abkürzungen? Der Forest Stewardship Council (FSC) ist eine international agierende Organisation, die das erste Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldwirtschaft geschaffen hat. Mit dem Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) setzt die Forstwirtschaft ein eigenes Zertifizierungssystem entgegen, das – ebenso wie das System des FSC – weltweit Anwendung findet (s. Infokästen).

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In fünf verschiedenen Härtegraden bietet der Bleistift Noris 120 von Staedtler zertifizierte Qualität.

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Die klassischen Fallminenstifte Clickman von e+m Holzprodukte – das besondere Schreibutensil mit FSC-Zertifikat.

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Ergonomisch, farbenfroh und FSC-zertifiziert: die Colour Grip-Buntstifte von Faber-Castell.

Warum zertifiziert?

Beide Zertifizierungssysteme sind für holzund papierverarbeitende Branchen aus verschiedenen Gründen interessant und inzwischen nicht mehr wegzudenken. Michael Wieckenberg vom Verpackungs- und Werbeartikelspezialisten Karl Knauer bringt es auf den Punkt: „Wir bieten zertifizierte Produkte an, weil Kunden es fordern.“ Aus Vertriebs- und Kundensicht gesehen macht die Art des Siegels jedoch laut Wieckenberg keinen Unterschied. „Für den Endkunden ist es nicht entscheidend, ob ein FSCoder ein PEFC-Zertifikat vorliegt. Es zählt, dass das Siegel für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung steht und der Kunde mit dem Kauf des zertifizierten Produktes einen Beitrag für die Umwelt leisten kann.“ Aber nicht nur die Anforderungen der Kunden, auch die eigenen Grundsätze spielen bei der Entscheidung für die Produktzertifizierung eine Rolle. Dirk Peppmöller, Leitung Werbeartikel und Duty Free bei Faber-Castell, betont, dass Faber-Castell „seit Jahren weltweit alle Standorte einbezieht, um eine einheitliche Firmenphilosophie hinsichtlich höchster Qualität und Ansprüche zu den Themen Umwelt und Soziales umzusetzen. Dieser Einsatz wird auch von neutraler Seite bestätigt.“ Faber-Castell setzt dafür hauptsächlich auf Holz aus einem eigenen, FSC-zertifizierten Wald in Brasilien, um das unternehmenseigene Nachhaltigkeitskonzept umzusetzen. Brasilien liegt nicht gerade um die Ecke, aber allein aus deutschen Wäldern können sich die großen holzverarbeitenden Unternehmen nicht bedienen: Nur 7% der hiesigen Waldfläche sind FSC-zertifiziert, ein Grund, warum mehrere Papier- und Holzspezialisten auch beim Konkurrenzlabel PEFC zertifiziert sind. „Wir haben uns bewusst für beide Zertifikate entschieden, um in der Beschaffung des Holzes flexibel zu sein. Denn nachhaltige Forstwirtschaft geht immer einher mit Verfügbarkeiten“, so Erna Müller, Head of Corporate Communications & Design bei Staedtler. Nicht nur die Verfügbarkeiten, auch die Kosten müssen natürlich immer im Blick bleiben. Dass eine Zertifizierung kostspielig ist, weiß Wolfram Mümmler, Eigentümer und Geschäftsführer des Traditionsunternehmens e+m Holzprodukte. Aufgrund der Bekanntheit des FSC in den Zielmärkten von e+m hat sich Mümmler bereits 2007 für das FSC-Zertifikat entschieden, das eine aufwendige Erstzertifizierung und ein jährliches großes Audit erfordert. „Da beim FSC die ganze Produktionskette zertifiziert sein muss, wird jede Abteilung unserer Fertigung sehr umfangreich überprüft“, sagt Mümmler.

Sowohl FSC als auch PEFC setzen auf die Produktkettenzertifizierung (Chain of Custody, CoC), um sicherzustellen, dass ein Produkt mit Zertifikat auch tatsächlich aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Jedes Glied der Kette wird zertifiziert – vom Waldbauer über das holzverarbeitende Unternehmen bis hin zum Einzelhandel. Unternehmen müssen bei einer unabhängigen Prüfung – z.B. durch den TÜV, DIN Certco oder SGS – nachweisen können, dass sie zertifiziertes Holz gesondert lagern und auf allen Liefer- und Rechnungsdokumenten angeben, ob es sich um zertifiziertes Holz handelt. Auch der Einzelhandel braucht zusätzlich eine gesonderte Lizenzvereinbarung, um mit dem Zertifikat werben zu können. So ist für den Verbraucher garantiert, dass das gekaufte Produkt – egal ob Haftnotizblock oder Holzbleistift – auch tatsächlich unter Verwendung nachhaltig erwirtschafteter Rohstoffe hergestellt wurde. Eine durchgängige Transparenz wird beim FSC durch ausführliche, jährliche Audits erreicht. Die geprüften Unternehmen sind als Teil einer internationalen Datenbank öffentlich abrufbar. Die aktive Beteiligung von Prüfinstanzen wie Umweltorganisationen und Gewerkschaften an den Entscheidungsprozessen gewährleistet zusätzliche Transparenz. „Alle Entscheidungen inklusive der Waldstandards und Prüfkriterien werden beim FSC als Kompromiss aus den drei Kammern erarbeitet. Für diesen demokratischen und transparent nachvollziehbaren Prozess müssen aus Sicht aller Kammern auch Abstriche gemacht werden, damit konsensfähige Kompromisse erreicht werden können. Diskussionsprozesse können beim FSC auch zäh sein und sich über Monate hinausziehen“, gibt Johannes Zahnen, Zuständiger für Forstpolitik und Unternehmenskooperation beim WWF Deutschland, zu bedenken.

Der PEFC verfolgt einen etwas anderen Ansatz, der sich an der nationalen Gesetzgebung orientiert. Nicht jedes Waldstück wird einzeln zertifiziert, sondern mehrere Wälder werden in Regionen zusammengefasst. „Im Rahmen von Vor-Audits wird die Einhaltung der PEFC-Standards jährlich überprüft. Diese Kontrollen umfassen einen repräsentativen Anteil der teilnehmenden Betriebe in der Region“, heißt es auf der Website des PEFC Deutschland. Durch die Ausgabe eines Regionalzertifikats können sich auch kleine Familienforstbetriebe mitzertifizieren lassen, die in einer größeren Region eingebunden sind. So werden die Strukturen vor Ort in besonderem Maße berücksichtigt. Allerdings fällt durch eine repräsentative Prüfung der Region die genauere Prüfung jedes einzelnen Betriebs in einem Vor-Audit vor der Zertifizierung oft weg, was Stefan Adler vom NABU bedauert. „Damit unterscheiden sich die Richtlinien vom PEFC oft nicht von den bereits bestehenden Forstgesetzen. In Deutschland ist der Gesetzgebungsstandard relativ anspruchsvoll, aber das ist leider nicht überall der Fall“, so Adler. Es gibt also bei beiden Zertifikaten auch deutliche Kritikpunkte, die von großen Umweltschutzorganisationen vorgebracht werden. Einer der Gründe, warum WWF und NABU, aber auch andere Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), zusätzlich Einkaufsratgeber und Informationsmaterial zum Thema Waldnutzung und Bewusster Umgang mit der Ressource Holz herausgeben.

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Zieht die Blicke auf sich und stammt aus zertifizierter Produktion: Die Notiz-Skulptur von Karl Knauer.

Krombacher - FSC und PEFC: Orientierung durch Zertifizierung

Die TopStar/Offset-Tragetasche von Bags by Riedle bietet feinsten Fotodruck und ist FSCzertifiziert.

Investition in den Umweltschutz

Trotz aller Kritikpunkte und Verbesserungsansätze sind das FSC- und das PEFC-Zertifikat für die Branche wichtige Ansatzpunkte, um ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen und die nötigen Umweltstandards durchzusetzen. Die entstehenden Kosten des Vor-Audits und der jährlichen Prüfungen machen sich zwar bemerkbar, werden aber in Kauf genommen. „Es ist völlig in Ordnung, dass der Aufwand und Mehrwert solcher Maßnahmen im Summenspiel berücksichtigt wird. Diese Investitionen in den Umweltschutz müssen, genau wie Kosten z.B. für Sicherheit am Arbeitsplatz, in die Kalkulation einfließen. Dafür erwerben Kunden neben einem nachhaltigen Produkt quasi ein gutes Gefühl gleich mit“, so Volker Riedle, Inhaber von Bags by Riedle®, dem Spezialisten für handgefertigte Papiertragetaschen. Dabei betont Riedle, dass die Nachfrage nach zertifizierten Papierprodukten spürbar zunehme, aber für ihn der Umweltaspekt ohnehin integrer Teil der Firmenphilosophie sei, und als solcher nicht wegzudenken. Erna Müller von Staedtler gibt zu bedenken, dass „öffentliche Einrichtungen und große Kunden nicht nur sehr viel Wert auf nachhaltige, zertifizierte Produkte legen, sondern eine Zertifizierung sogar grundsätzlich voraussetzen“. Traditionell verkaufen sich Werbeartikel zwar eher über den Preis, aber inzwischen zählt für viele Unternehmen eben auch, einen Beitrag für die Umwelt zu leisten und sich so abzusichern.

Bei Traditionsbetrieben, die seit jeher auf regionale Produkte und umweltschonende Prozesse setzen, ist dieser Beitrag selbstverständlich. Eine Zertifizierung ist sozusagen „on top“ und teilweise eher durch die Nachfrage zu begründen. Ein Beispiel für den bewussten Umgang auch über die Zertifikate hinaus gibt Wolfram Mümmler. Zusätzlich zum FSC setzt e+m Holzprodukte auch auf regionale Zulieferer und Kleinbauern, die seit Generationen Teil des Kreislaufs beim Traditionsunternehmen sind. Hinzu kommt, dass einige Holzarten nur ohne Zertifikat angeboten werden. „Ein Großteil unserer Produkte stammt aus zertifiziertem Holz, aufgrund der Produktkettenzertifizierung können Produkte aus besonderen Rohstoffen wie z.B. Olivenholz oder heimischen Obsthölzern jedoch nicht zertifiziert angeboten werden“, wirft Mümmler ein. Da die entsprechenden Kleinbauern ihren Olivenhain nicht zur Holzgewinnung unterhalten und heimische Obstbäume nicht vorrangig zur Holzgewinnung angepflanzt werden, sind die Flächen nicht zertifiziert und befinden sich so außerhalb der Zertifizierungskette. Trotzdem achtet e+m bei der Beschaffung auf eine umweltschonende Bewirtschaftung und hat diese auch vor der Zertifizierung durch den FSC in der Firmenphilosophie verankert.

Über das reine Label hinaus wird so auf mehreren Ebenen versucht, einen Beitrag für die Umwelt zu leisten und eine umsichtige Nutzung der Ressource Holz zu erzielen. Das Zertifikat stellt hierbei eine zusätzliche Kontrollinstanz dar, die dem Verbraucher zur Verfügung steht und einen gezielten Entscheidungsprozess beim Einkauf und der Nutzung von Holzund Papierprodukten fördern soll. „Der finanzielle Aufwand schlägt sich zwar geringfügig in den Kosten nieder, aber das hält sich nach der Erstzertifizierung im Rahmen. Da hauptsächlich die Rohmaterialien durch die Zertifizierung leicht im Preis steigen und sich die Kosten nicht auf den gesamten Produktionsprozess niederschlagen, ist das Produkt unwesentlich teurer. Kunden nehmen diese zusätzliche Investition für die Nachhaltigkeit in Kauf“, schlussfolgert Mümmler. Die Kennzeichnung der Produktkette mit dem FSC-Zertifikat für maximale Transparenz und dem PEFCZertifikat für die Unterstützung regionaler Waldstrukturen erweist sich als lohnenswerte Zusatzinvestition und Orientierungshilfe beim Kauf. So wird ein bewusster Umgang mit einem der wertvollsten Güter nachhaltig unterstützt.

// Claudia Pfeifer

FSC

Der Forest Stewardship Council (FSC) wurde 1993 in Toronto als Ergebnis des Umweltgipfels von Rio de Janeiro gegründet. Als unabhängige und gemeinnützige Nicht- Regierungsorganisation ist es Ziel des FSC, eine umweltbewusste, sozialverträgliche und wirtschaftlich rentable Nutzung der Wälder zu gewährleisten. Im Januar 2003 wurde der Sitz des FSC International nach Bonn verlegt. Inzwischen sind, laut FSC International, etwa 180 Mio. Hektar Wald in 80 Ländern weltweit zertifiziert (Stand November 2015). Kernstück des FSC sind zehn international geltende Prinzipien, die in den drei Kammern (Umwelt, Wirtschaft und Soziales) auf die nationalen Gegebenheiten angepasst werden. In den Kammern sind Vertreter der Forstwirtschaft, Umweltorganisationen, Menschenrechtsgruppen und Gewerkschaften vertreten, wobei jede Kammer dasselbe Mitsprache- und Vetorecht besitzt.

PEFC

Im Jahr 1999 wurde ein weiteres Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung von Vertretern der Forstwirtschaft ins Leben gerufen, das Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung, PEFC). In Deutschland ist das PEFC inzwischen weit verbreitet: Etwa 2/3 der deutschen Wälder sind PEFCzertifiziert. Weltweit sind es etwa 225 Mio. Hektar (laut PEFC; Stand November 2015). Eine Besonderheit des PEFC ist die regionale Komponente, also die Einbindung von Familienforstbetrieben und bäuerlichen Kleinwäldern, die durch ein kostengünstiges Zertifizierungssystem erzielt werden und Strukturen vor Ort fördern soll.

 

Bildquelle: Bags by Riedle, e+m Holzprodukte, Faber-Castell, Karl Knauer, Shutterstock, Staedtler

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