Um die Erderwärmung und ihre negativen Folgen zu begrenzen, haben sich die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz Ende 2015 in Paris zum Ziel gesetzt, den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen. Ob das gelingt, hängt u.a. davon ab, welche Mengen an Treibhausgas wir zukünftig noch in die Atmosphäre abgeben. Mit einer Verbesserung ihrer CO2-Bilanz können Unternehmen einen Beitrag zur Reduktion der Emissionen liefern.

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Farblos, geruchlos, nicht entflammbar – Kohlenstoffdioxid (CO2) verfügt über Eigenschaften, die einen schnell vergessen lassen, dass uns die chemische Verbindung tagtäglich umgibt. Mit einem Anteil von 0,04% ist das Gas natürlicher Bestandteil der Luft. Vor allem durch Verbrennen kohlenstoffhaltiger Substanzen wie Kohle und Erdöl, also genau denjenigen Rohstoffen, auf denen unsere Energiegewinnung beruht, steigt die CO2-Konzentration in unserer Atmosphäre jedoch bedenklich an – und mit ihr die Erderwärmung. Hauptziel des globalen Klimaschutzes ist es daher, den Ausstoß von Treibhausgasen langfristig zu reduzieren.

Völkerrechtlich verbindlich festgelegt wurden Emissionsreduktionsziele zum ersten Mal im Kyoto-Protokoll. Das am 16. Februar 2005 in Kraft getretene Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen hat noch bis 2020 seine Gültigkeit, bevor es durch das auf der im Dezember 2015 abgehaltenen UN-Klimakonferenz beschlossene Paris-Abkommen abgelöst wird. Das Kyoto-Protokoll formuliert verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern. Sieben Schadstoffe werden reglementiert: Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFC), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3). Deutschland hat sich verpflichtet, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um 21% zu senken. Erreicht werden soll dieses Ziel mithilfe marktwirtschaftlicher Handelssysteme. Innerhalb der EU ist der Emissionshandel über das European Union Emissions Trading System (EU ETS) geregelt. Das System legt eine Obergrenze für den gesamten CO2-Ausstoß fest und verpflichtet Unternehmen, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen am Emissionshandel teilnehmen – u.a. Stromkonzerne, Chemiebetriebe, Stahlwerke, Papierfabriken und Luftfahrtunternehmen –, Emissionsberechtigungen zu kaufen. Reduziert ein Unternehmen seinen Schadstoffausstoß, kann es seine CO2-Lizenzen verkaufen. Kritik am Emissionshandel gab es in der Vergangenheit vor allem, da zunächst zu viele Emissionsberechtigungen ausgegeben wurden und das Überangebot günstiger „Verschmutzungsrechte“ wenig Anreize schuf, die eigene Produktion zu verbessern.

Mit gutem Beispiel voran

Umso wichtiger, dass Unternehmen, die nicht dem verpflichtenden Emissionshandel unterliegen, mit gutem Beispiel vorangehen und ihre CO2-Bilanz auf freiwilliger Basis verbessern. Unterstützung dabei bieten Klimaschutzagenturen wie Climate- Partner, die ihren Kunden sowohl IT-Systemlösungen zur CO2-Bilanzierung als auch Zugang zu handelbaren Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten bieten. Die Berechnung des ökologischen Fußabdrucks erfolgt nach internationalen Standards, wie der ISO-Norm 14064 und dem Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol). „I.d.R. erfolgt eine Einteilung in drei sogenannte Scopes“, erklärt ClimatePartner-Geschäftsführer Moritz Lehmkuhl. „Scope 1 umfasst alle Emissionen, die direkt vom Unternehmen verursacht werden, z. B. die Verbrennung fossiler Rohstoffe in eigenen Anlagen und der Betrieb eines eigenen Fuhrparks. Scope 2 beinhaltet sämtliche Emissionen aus eingekaufter Energie wie Elektrizität und Fernwärme. Unter Scope 3 fallen alle Treibhausgase, die aus erbrachten Leistungen durch Dritte entstehen, darunter Emissionen entlang der Lieferkette, die Anfahrt der Mitarbeiter, Geschäftsreisen, Papierund Wasserverbrauch.“ Zur besseren Vergleichbarkeit werden alle ermittelten Werte entsprechend ihres globalen Erwärmungspotenzials in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet. 1 t Methan ist z. B. so schädlich wie 25 t CO2.

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Das Wasseraufbereitungsprojekt in Westkenia widmet sich dem Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die durch den Einsatz von Wasserfiltern bedingte Reduzierung von Feuerholz – das Wasser muss nicht mehr abgekocht werden – verringert die Entwaldung. Zudem verbessert der Zugang zu sauberem Trinkwasser die allgemeine Gesundheit.

 

„Die größte Herausforderung bei der vollständigen Bewertung einer Werbeartikelagentur liegt in der Fülle der Produkte“, erläutert Lehmkuhl. „Die CO2-Äquivalente entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Produkts – von der Herstellung bis zur Entsorgung – müssen berücksichtigt werden. Bestehen im Einzelfall Informationslücken, erstellen wir ein worst-case- Szenario und kalkulieren das Produkt nach den schlechtestmöglichen Kriterien.“

Im Falle der Kaldenbach Lifestyle Merchandise Group wurden Daten für die komplette Produktpalette erhoben. Die Hersbrucker Werbeartikelagentur, die auch mit dem Bezug von Öko-Strom und einer hauseigenen Photovoltaikanlage Umweltbewusstsein demonstriert, ist nach eigenen Angaben die erste vollständig klimaneutrale Werbeartikelagentur Deutschlands. Geschäftsführer Marco Kaldenbach: „Wir haben Produktion, Logistik und Verpackung unseres gesamten Werbeartikelsortiments in die CO2-Bilanz mit einbezogen und einen Gesamtwert von 1.656 t CO2e für das Jahr 2015 ermitteln lassen. Diese CO2-Äquivalente kompensieren wir in 2016 vollständig durch die Unterstützung eines Wasserkraftwerks in der chinesischen Provinz Hubei.“ Die Anlage erzeugt sauberen Strom, fördert die lokale Wirtschaftsentwicklung und schafft langfristige Arbeitsplätze. „Wir wollen mit unserem Klimaschutzengagement den Einsatz nachhaltiger Werbeartikel forcieren und bei gleichbleibenden Preisen einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen“, erklärt Kaldenbach.

Werbeartikellieferant Spranz legt den Fokus auf klimaneutralen Transport. „Seit vier Jahren erfolgt der Transport unserer gesamten Ware – von der Logistik in Fernost bis zum Versand an den Werbeartikelhändler – vollständig klimaneutral. Dabei legen wir Wert auf eine Überkompensation durch die i.d.R. auch schon ein Teil der während der Produktion anfallenden Treibhausgase abgedeckt sind“, erläutert Lorne Spranz, geschäftsführender Gesellschafter des Koblenzer Importunternehmens. „Das gilt auch, wenn wir bei Aufträgen mit knapper Zeitkalkulation auf emissionsintensiveren Luftverkehr anstatt den klimafreundlicheren Seeweg angewiesen sind.“ Darüber hinaus strebt Spranz zukünftig an, weitere Bereiche der Produktion klimaneutral zu gestalten. „Die Veredelung am Unternehmenssitz in Koblenz ist dank zertifiziertem Ökostrom bereits emissionsfrei. Außerdem wählen wir unsere Partner in Fernost sehr penibel aus – der verantwortliche Ressourceneinsatz und die umweltschonende Produktion, u.a. ohne den Einsatz von Dieselgeneratoren, ist uns sehr wichtig.“

Kunden in der Pflicht

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mansard werbemittel hat am Unternehmenssitz in Bad Soden im Betrachtungszeitraum 2014 insgesamt 85,8 t Co2e verursacht. Berücksichtigt wurden dabei sowohl direkte, als auch indirekte Emissionen.

Die Einteilung in Scopes bildete auch die Grundlage der Erstellung einer CO2-Bilanz für mansard werbemittel. Die Bad Sodener Werbeartikelagentur hat die Treibhausgasemissionen für seinen Unternehmenssitz errechnen lassen. Insgesamt hat mansard werbemittel 2014 85,8 t CO2e verursacht. Geschäftsführer Florian Mansard: „Zukünftig wollen wir die Emissionen am Unternehmenssitz weiter drosseln, z.B. durch umweltfreundlichere Fahrzeuge. Gleichzeitig setzen wir seit 2015 auf Wunsch klimaneutrale Aufträge um, bei denen ein kompletter CO2-Ausgleich erfolgt. Dazu budgetieren wir 1,5% auf den Auftragswert. Dieser Durchschnittswert wurde im Vorfeld anhand der Umsätze und Bestellmengen pro Produktgruppe ermittelt.“ Klimaneutrale Produktion hat auch der nach FSC und ProzessStandard Offset (ISO 12647) zertifizierte Kalenderhersteller terminic in seinem Portfolio, der sich durch die Teilnahme an der Klimainitiative der Druck- und Medienverbände einer weitestmöglichen CO2-Vermeidung verschrieben hat. „Als Hersteller, der ausschließlich in Deutschland produziert, haben wir die Möglichkeit und Verpflichtung, frühzeitig in die Produktionsprozesse einzugreifen und Emissionen zu minimieren“, so terminic- Geschäftsführer Wolfgang Rolla du Rosey. „Unsere Druckluft- und Vakuumanlagen entsprechen neuesten Technologien, Leerläufe im Produktionsablauf werden vermieden und unsere Mitarbeiter regelmäßig im Umgang mit Druckmaschinen und Druckfarben geschult, um Kosten und Ressourcen zu sparen.“

Sowohl terminic als auch mansard werbemittel bieten ihren Kunden CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten an, um die entstandenen CO2-Emissionen an anderer Stelle einzusparen. „Der Ausgleich von CO2-Emissionen ist sowohl ökonomisch effizient als auch ökologisch wirksam“, erläutert Lehmkuhl. „Die Reduktionsleistung wird dort erbracht, wo die Vermeidung von Schadstoffemissionen am wirtschaftlichsten erreicht werden kann.“ Die CO2-Kompensationen erfolgen u.a. auf Grundlage der im Kyoto-Protokolls fixierten sogenannten „flexiblen Mechanismen“. Dazu zählen Projekte in anderen Industrieländern (Joint Implementation) und Maßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern (Clean Development Mechanism). Lehmkuhl: „Die Projekte sind nach internationalen Standards verifiziert und werden durch unabhängige Dritte wie dem TÜV überprüft. Außerdem muss das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllt sein, d.h. das Projekt ist erst durch zusätzliche Finanzierung wirtschaftlich realisierbar.“ mansard werbemittel und terminic haben sich u.a. für ein Wasseraufbereitungsprojekt in Westkenia entschieden, in das ihre Kunden investieren können. Die Landbevölkerung wird mit Wasserfiltern versorgt, sodass das Trinkwasser nicht mehr abgekocht werden muss. Das eingesparte Feuerholz verringert die Entwaldung. Ein für die lokale Bevölkerung sinnvolles Projekt unterstützt auch Spranz in Kooperation mit my climate, um das beim Transport freigesetzte CO2 zu kompensieren. So werden in Madagaskar klimafreundliche Solarkocher hergestellt und verteilt, die die dort üblichen emissionsintensiven Gaskocher ersetzen. Spranz: „Wir sehen im gelebten Umweltschutz klare Kommunikationsvorteile für den Einsatz haptischer Werbung und werden dies in Zukunft noch intensiver herauszustellen, u.a durch gezielte Kundeninformation und ein entsprechendes Label auf den Verpackungen.“

Was die Zukunft bringt

shutterstock 344729312 199x300 - Emissionsausgleich: Frische Luft statt heißer LuftIn der Papier- und Druckindustrie ist klimaneutrale Produktion längst zum Wettbewerbsfaktor geworden. Rolla du Rosey: „Einige Kunden haben klimaneutrale Produktion als grundsätzliche Vorgabe in ihren Geschäftsstatuten verankert. Noch ist die Nachfrage zwar geringer als erwartet, aber sie nimmt zu. Zumal der zusätzliche Invest überschaubar ist: Bei einer Bestellung von z.B. 5.000 Vier-Block-Kalendern liegt er bei 81 Euro.“ Mansard findet kritischere Worte und sieht die Werbeartikelanwender in der Pflicht: „Die Forderung unserer Kunden nach Zertifikaten wird immer größer, sind sie allerdings selbst gefordert, erscheint ein Aufschlag von 1,5% vielen zu hoch. Kurzfristig – denn für langfristig haben wir keine Zeit mehr – müssen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass auch Werbeartikelanwender einen Beitrag zu leisten haben.“ Lehmkuhl ergänzt: „Klimaschutz ist eine der größten globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Mit dem Kyoto-Protokoll liegt auf Regierungsebene ein guter Aktionsrahmen vor – wir müssen ihn nur sinnvoll nutzen.“ 2020 löst das Paris-Abkommen das Kyoto-Protokoll ab. Zum ersten Mal überhaupt soll es dann einen Vertrag geben, der die gesamte Weltgemeinschaft zum Handeln verpflichtet. Bleibt zu hoffen, dass dann endlich alle an einem Strang ziehen und immer weniger heiße Luft produziert wird.

// Jasmin Oberdorfer

Fotos: ClimatePartner GmbH (3); Shutterstock (2)

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