Dass persönliche Produkte abseits der Massenware im Trend liegen, ist keine Neuigkeit. Neu sind jedoch die Wege, die eingeschlagen werden, um eine individuelle Kundenansprache mit interaktivem Faktor zu ermöglichen. Mit der Magic Candy Factory setzt Katjes auf innovativen 3D-Druck und den Konsumenten als Assistenten bei der Herstellung zauberhaften Zuckerwerks.
Üblicherweise verwendet ein 3D-Drucker Werkstoffe wie Kunstharze, Metalle, Kunststoffe oder Keramik und baut diese nach vorgegebenen Maßen computergesteuert schichtweise auf. Auf demselben Prinzip der additiven Fertigung, aber unter Verwendung eines deutlich schmackhafteren Werkstoffs – Fruchtgummi –, basiert die Magic Candy Factory – nach Unternehmensangaben eine weltweite Novität, die auf der Internationalen Süßwarenmesse ISM begeisterte und mit dem „Innovation Award 2016“ ausgezeichnet wurde. Die zündende Idee kam Katjes-Geschäftsführer und Gründersohn Bastian Fassin in der heimischen Küche. Seine Kinder fragten immer wieder nach individuellen Fruchtgummiformen, und auch Freunde und Geschäftspartner lagen ihm mit speziell entworfenen Logos der eigenen Firmen oder Formen für bestimmte Anlässe in den Ohren. Im normalen Produktionsverfahren sind schnell lieferbare Sonderwünsche in kleinen Stückzahlen problematisch, u.a. da die Masse in Stärke gegossen wird und 48 bis 72 Stunden aushärten muss. Das Zauberwort „3D-Druck“ kam Anfang 2015 ins Spiel und sollte die schnelle Herstellung von Spezialkreationen ermöglichen. Dazu tat sich Fassin mit Melissa Snover, der ehemaligen Geschäftsführerin der britischen Süßwaren-Marke Goody Good Stuff, zusammen. Gemeinsam gründeten sie Katjes Fassin UK Ltd. mit Sitz in Birmingham, um die Idee der Magic Candy Factory voranzutreiben und das erste lebensmittelzertifizierte Fruchtgummi aus dem Printer zu verwirklichen.
Trotz des beträchtlichen Entwicklungsaufwands war der Weg von der Idee bis zur Umsetzung zeitlich gesehen eher kurz – die erste Version des Printers wurde bereits am 28. August 2015 im Berliner Katjes-Café Grün-Ohr vorgestellt. In der Zwischenzeit musste eine geeignete Maschine entworfen, die passende Software entwickelt und nicht zuletzt eine Masse hergestellt werden, die den Anforderungen der additiven Fertigung sowie den Qualitätsund Geschmackskriterien handelsüblicher Naschware entspricht. „Als Partner suchten wir uns das kalifornische Unternehmen printrbot – Pioniere in der Herstellung neuer Printer-Modelle. Die entsprechende Software, die eine kinderleichte Bedienung der Magic Candy Factory gewährleisten und ihr einen Hauch Magie verleihen sollte, entwickelte das uruguayische Unternehmen Sur 3D“, so Snover. Dank der internationalen Kooperation mit viel technischem Know-how entstand innerhalb weniger Monate ein 3D-Drucker, der in einem dem FDM-Prinzip (Fused Deposition Modeling) angelehnten Prozess frische Katjes-Köstlichkeiten fertigt. Die aufzutragende Masse wird bei der Magic Candy Factory in spritzenähnliche Kartuschen abgefüllt und vor dem Einspannen in das Gerät erhitzt. Die Kanüle presst den Werkstoff anschließend auf eine Platte (Extrusion) und zeichnet die äußere Kontur des gewünschten Objekts als einfassende Linie, Flächen werden schraffiert. Der Druckkopf bewegt sich dabei in Richtung der x- und y-Achse, während sich die unterliegende Platte nach unten bewegt und somit die z-Achse als dritte Dimension hinzufügt, was einen schichtweisen Aufbau ermöglicht. Da das Fruchtgummi schneller trocknet als der üblicherweise verwendete Kunststoff, fällt die Stützstruktur weg, die im Normalfall Überhänge und Vorsprünge nach dem Druck stabilisieren muss.
Richtung, Geschwindigkeit und Häufigkeit des Auftrags an einer bestimmten Stelle werden wie üblich vom Computer vorgegeben. Bei der Magic Candy Factory erfolgt die Vorgabe im G-Code, auch DINCode genannt, der häufigsten Programmiersprache in der rechnerunterstützten Fertigung. Das Katjes-Team entwickelt jede Form mithilfe einer 3D-Modellierungssoftware und wandelt sie anschließend in einen G-Code um, der die Bewegung des Druckkopfes steuert. Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die Fruchtgummimasse so zu gestalten, dass sie sich im Extrusionsverfahren auftragen lässt und direkt im Anschluss aushärtet, also eine sofort verzehrfertige Figur ergibt. Zudem müssen sämtliche Teile, die mit dem Werkstoff in Berührung kommen, hohen Lebensmittelstandards entsprechen. Darüber hinaus sollte die Masse frei von Laktose, Gluten und tierischer Gelatine sowie frei von künstlichen Farb-, Aromaund Konservierungsstoffen sein. Das erzielte schnell aushärtende, vegane und glutenfreie Endprodukt wurde dank des Verzichts auf Lebensmittelallergene im April 2016 mit dem Free From Food Award in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet. Bisher steht die Masse in sieben unterschiedlichen Farben von Gelb bis hin zu einem Mix in Regenbogenfarben mit den dazugehörigen Geschmacksrichtungen von Zitrone bis Tropical Mix zur Verfügung, die einzeln oder auch gemeinsam aufgetragen werden. Ein optionales süßes oder saures Glitzer-Finish rundet das Naschwerk geschmacklich und optisch ab. Vom hauchzarten Herz über den aufwendigen Oktopus bis hin zur selbst gestalteten Fruchtgummi-Grußkarte auf Esspapier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
// Claudia Pfeifer
Bildquelle: Katjes Magic Candy Factory