Vor zehn Jahren übernahm Gordon Glenister als Director General die Leitung des BPMA (British Promotional Merchandise Association). Heute zählt der Verband zu den aktivsten Organisationen in der europäischen Werbeartikelindustrie. Mit den Werbeartikel Nachrichten sprach Glenister über die britische Branche im Wandel, die Herausforderungen in der Verbandsarbeit und die anglo-europäischen Beziehungen nach dem Brexit.

Herr Glenister, wie hat sich der britische Markt in zehn Jahren verändert?

Gordon Glenister: Ziemlich massiv. Der große Crash von 2008 war wie ein Fall von einer Klippe, und natürlich hatte das Werbeartikelverbot in der Pharmaindustrie für viele Unternehmen schwerwiegende Folgen. 183 Firmen haben innerhalb eines Jahres die Geschäftstätigkeit beendet. Auch der BPMA hat sich fundamental verändert in den vergangenen zehn Jahren und hat heute ein völlig anderes Gesicht, aber das war nötig, sonst wären wir von der Bildfläche verschwunden. Ich kam aus meinem eigenen Unternehmen in einen Verband mit vielen Herausforderungen und einer sinkenden Mitgliederzahl. Der BPMA hatte zwar zum Zeitpunkt meines Eintritts rund 650 Mitglieder, aber darunter waren alle möglichen Organisationen, Gutschein-Anbieter, Agenturen usw. Hier fand eine Bereinigung statt. Heute haben wir rund 560 Mitgliedsunternehmen – etwa zu gleichen Teilen Lieferanten und Händler –, aber die Struktur ist viel homogener. Wir repräsentieren volumenmäßig etwa die Hälfte der britischen Werbeartikelindustrie.

 

Der Brexit bewegt die Gemüter – wie schätzen Sie die Folgen für die Branche ein?

Gordon Glenister: Wie so viele war auch ich schockiert von der Entscheidung, die EU zu verlassen. Das Pfund ist seit dem Referendum um 15% gefallen, und damit sind die Kosten im Import bedeutend gestiegen – sowohl, was fertige Produkte als auch, was Rohmaterialien angeht. Ein positiver Effekt ist allerdings, dass das Interesse an Produkten „made in Britain“ aufgrund des schwachen Pfunds zugenommen hat. Einige etablierte Lieferanten stellen aufgrund der erheblich wettbewerbsfähigeren Preise bedeutende Zuwächse im Exportbereich fest, und vielleicht werden auch mehr britische Unternehmen ihre Sensoren in Richtung Kontinent richten. Vor einem Jahr habe ich die Briman Group, einen Zusammenschluss britischer Hersteller, gegründet, und es freut mich, dass die Gruppe derart floriert. Der BPMA verfügt über starke europäische Partnerschaften, und daran wird sich m.E. nichts ändern. Ironischerweise erweist sich die britische Wirtschaft bislang als resistent gegen den Brexit-Schock und steht weiterhin besser da als viele europäische Partner. Selbst wenn die EU ein Exempel am Vereinigten Königreich statuieren sollte, bleibt das Land ein wichtiger Handelspartner für Europa. Ich denke auch, dass neue Handelsabkommen außer bürokratischen Hürden keine großen Auswirkungen auf die Branche haben werden. Die größte Gefahr ist immer, dass die werbungtreibende Industrie ihre Zuversicht verliert und Entscheidungsprozesse hinauszögert. Deshalb müssen wir als Branche professionell agieren und weiterhin daran arbeiten, die haptische Werbung bei den Entscheidern ganz vorne zu positionieren – gemäß der alten Marketing-Weisheit „Sell the sizzle, not the steak”. Daran müssen wir alle arbeiten.

Was kann ein Verband tun, um eine solche Professionalisierung und Positionierung voranzutreiben?

Gordon Glenister: Nur die besten bleiben bestehen. Als ich die Werbeartikelbranche kennenlernte, fand ich sie zwar freundlich und sehr spannend, aber ehrlich gesagt sehr unprofessionell. Hinz und Kunz haben ohne ausreichende Kenntnisse Werbeartikel verkauft, Verkaufstüchtigkeit und Kundenservice waren weitestgehend Mangelware. Ich möchte nicht behaupten, dass der BPMA das in Ordnung gebracht hat, aber ich glaube, dass wir mit unseren Konferenzen, unserem Weiterbildungsprogramm, unseren Mystery Shopping-Projekten und den von uns definierten Standards in eine gute Richtung gehen. Compliance nimmt inzwischen in der Strategie von Top-Unternehmen eine Schlüsselfunktion ein. Wir warnen unsere Mitglieder auch intensiv vor Betrugsmaschen und Marktplayern mit fragwürdigen Praktiken und Geschäftsgebaren. Last but not least gibt es innerhalb der Organisation eine „End User Task Force”, die sich mit der Positionierung unseres Werbemediums beim Anwender befasst.

Solche Initiativen setzen ein großes Engagement der Verbandsführung voraus – ebenso wie ein solides finanzielles Polster.

Gordon Glenister: Ich habe während meiner Zeit mit einer Anzahl von Vorsitzenden gearbeitet – David Lebond, Gill Thorpe, Neal Beagles, Viv Blumfield, Matt Franks sowie dem amtierenden Vorsitzenden Graeme Smith –, allesamt gute Leute, die mit Leidenschaft bei der Sache waren und sind. Hinter den Kulissen passiert eine Menge, das bekommen viele Mitglieder nicht immer mit. Alle unsere Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich und investieren viele Stunden ihrer Zeit in die Arbeit innerhalb der verschiedenen Interessengruppen. Das allein sorgt jedoch nicht für Geld in der Kasse. Früher hatten wir u.a. Umsatzträger wie das Anwender-Magazin Promotions Buyer und das Bluebook directory – ein Unternehmensverzeichnis für Anwender. Diese wurden jedoch aufgrund zu geringer Nachfrage eingestellt. Das Sourcing findet heute fast ausschließlich über andere Anbieter und Kanäle im Markt statt. Immerhin gibt es mit der neuen Messe Merchandise World, die der BPMA gemeinsam mit Sourcing City veranstaltet, eine neue Umsatzquelle und gleichzeitig eine neue Plattform für den Mitgliedersupport, die sich vielversprechend entwickelt. Für die nächste Ausgabe im September d.J. sind rund 70% der Fläche ausgebucht, und kürzlich haben wir entschieden, auch im Januar 2018 eine Merchandise World zu veranstalten.

Wie lautet Ihr persönliches Resümee nach zehn Jahren BPMA?

Gordon Glenister: Ich hatte ursprünglich vor, den Job zwei Jahre lang zu machen und dann weiterzuziehen. Was mich bei der Stange hält, sind die vielen Persönlichkeiten, die ich in zehn Jahren kennengelernt, und die vielen Freundschaften, die ich geschlossen habe. Ich liebe es zu sehen, wie unsere Mitglieder geschäftlichen Erfolg haben, tolle Produkte herausbringen, in neue Mitarbeiter und Maschinen investieren oder Preise gewinnen, und ich liebe es, ihnen zu helfen, wenn sie nicht weiterwissen, Rat brauchen, ihre Mitarbeiter weiterbilden wollen und so viel mehr. Ich habe Freunde in anderen Organisationen, bei denen der CEO in zehn Jahren drei- oder viermal gewechselt hat. Diese Rolle kann mitunter sehr politisch werden und ist nichts für schwache Nerven, aber ich glaube, ich habe sie mir zu eigen gemacht.

// Mit Gordon Glenister sprach Till Barth.

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