Bei Verstößen gegen das UWG werden immer häufiger nicht nur die Gesellschaft, sondern auch deren „Organe“ – also Geschäftsführer oder Vorstände – abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Diese sind dann einer persönlichen Haftung ausgesetzt. Allerdings gilt dies nicht in allen Fällen, wie eine genaue Analyse der Rechtsprechung zeigt.

Grundlagen

Die bloße Kenntnis des Organs von einem Wettbewerbsverstoß reicht zur Begründung seiner Verantwortlichkeit nicht aus. Eine Haftung kommt regelmäßig nur für solche Handlungen in Betracht, die typischerweise auf der Ebene der Geschäftsführung oder des Vorstands beschlossen werden. Darunter fallen z.B. die Einführung eines neuen Produktsortiments, die Änderung der „Corporate Identity“ oder die Ausgestaltung des allgemeinen Internetauftritts des Unternehmens. Dementgegen haften Geschäftsführer und Vorstand nicht für Wettbewerbsverstöße, die sich im alltäglichen Geschäft eines Unternehmens ergeben. Dies gilt z.B. für Verstöße, mit denen irreführende Aussagen in normalen Werbeanzeigen oder Katalogen gerügt werden, sowie für Verstöße gegen die Preisangabenverordnung, die aus einer nicht hinreichend deutlichen Zuordnung von Preisbestandteilen oder vergleichbaren Verstößen folgt. Etwas anderes gilt natürlich in sehr kleinen Unternehmen (etwa einer Limited oder einer 1-Mann-GmbH), in denen der Geschäftsführer immer Kenntnis hat oder gar als einzige natürliche Person handelt.

 

Pflicht zum Tätigwerden

Auch wenn der Geschäftsführer bzw. der Vorstand im Einzelfall davon Kenntnis erlangt, dass eine Werbung seines Unternehmens wettbewerbswidrig ist, ergibt sich keine Verpflichtung zum Tätigwerden. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 43 GmbHG und § 93 AktG) besteht im Verhältnis zur Gesellschaft und nicht zu außenstehenden Dritten. Eine Ausnahme ergibt sich hier nur, soweit der Geschäftsführer die Betriebsorganisation von vorneherein auf das Begehen von wettbewerbswidrigen Handlungen ausgerichtet hat oder er sich bewusst der Möglichkeit entzieht, von möglichen Verstößen Kenntnis zu erlangen (etwa durch einen dauerhaften Aufenthalt im Ausland). In derartigen Fällen besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Erfolgsabwendung, sodass auch stets eine Inanspruchnahme des Vorstands bzw. Geschäftsführers möglich ist.

Organisationshaftung

Schließlich kann sich eine Haftung von Geschäftsführer oder Vorstand dann ergeben, wenn diese zur Erfüllung von Marketingaktivitäten Dritte einschalten, bei denen die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Vorgaben nicht gesichert ist. Die bloße Beauftragung von Dienstleistern oder die Nutzung von Dienstleistungen, bei denen in besonders hohem Maße Verstöße gegen das UWG auftreten, wie etwa Callcenter oder Mailingdienste, reicht jedoch als solche zur Begründung einer persönlichen Haftung nicht aus. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass der beauftragte Dienstleister die Vorgaben des UWG nicht einhalten wird. Zur Absicherung empfiehlt es sich allerdings, die Dienstleister ausdrücklich auf diese Verpflichtungen hinzuweisen und entsprechende Klauseln in die Vereinbarungen aufzunehmen.

Haftung mehrerer Geschäftsführer oder Vorstände

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, wie sich die persönliche Haftung verteilt, wenn dem Vorstand oder der Geschäftsführung mehrere Personen angehören. Vieles spricht aber dafür, dass in diesem Fall eine weitere Einschränkung der persönlichen Haftung besteht, die von der konkreten Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedern des Organs abhängt. So haftet ein Geschäftsführer oder Vorstand voraussichtlich nur für solche Wettbewerbsverstöße, die auch in seinen Aufgabenbereich fallen. Der für den Bereich „Technik“ oder „Finanzen“ zuständige Vorstand kann demnach nicht für unlautere Werbemaßnahmen des Unternehmens persönlich zur Verantwortung gezogen werden, die in den Verantwortungsbereich des für Marketing zuständigen Vorstands fallen. FAZIT Insgesamt hat die Rechtsprechung die persönliche Haftung von Organen auf wirklich gravierende Fälle beschränkt. Die Inanspruchnahme für alltägliche Wettbewerbsverstöße ist im Regelfall nicht möglich. Werden gleichwohl entsprechende Abmahnungen ausgesprochen, kann auch im Wege der negativen Feststellungsklage festgestellt werden, dass eine persönliche Haftung des Geschäftsführers oder Vorstands nicht besteht.

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