Seit mehr als 50 Jahren vernetzen Händlergruppierungen die internationale Branche und verbinden lokale Ansätze mit globalem Business. Die WA Nachrichten blicken auf die Geschichte der großen internationalen Allianzen, auf ihre Arbeitsweise, ihre Erfolgsrezepte und wie sie sich in Zeiten der Globalisierung wandeln.

eppi116 slider - Die Brückenbauer

Brief statt E-Mail, Telefon statt Smartphone, Schreibmaschine statt Computer: Vor dem Hintergrund der heutigen, ultraschnellen und hochtechnologisierten Wirtschaftswelt erscheinen die 1950er Jahre wie eine graue Vorzeit. Auch so etwas wie einen Werbeartikelmarkt im heutigen Sinne gab es nicht. Die Branche steckte in den Kinderschuhen, es existierten – zumindest in Europa – noch keine Netzwerke und organisierten Strukturen. Die drei Geschäftsleute, die Anfang 1956 nach dem Besuch einer Messe im britischen Blackpool zusammenkamen, kann man daher mit Fug und Recht als Pioniere bezeichnen: Auf dem Rückweg aufs Festland saßen Edith Delacheaux (Tre/O, I-Mailand), Egon Eisner (Industrial Gifts, UK-London) und Oscar Eberli (Eberli Werbegeschenke, CH-Zürich) im Speisewagen und sprachen über die Schwierigkeiten, gute, neue Produkte zu finden. Man entschloss sich, fortan gemeinsam nach Herstellern und Ideen zu suchen – und wenig später, am 4. März, wurde in Frankfurt das IGC (International Advertising Gift Council), heute IGC Global Promotions, gegründet. „Anfangs ging es um reinen Informationsaustausch. Die IGC-Gründer wollten die Erfahrungen, die sie mit den verschiedenen Märkten hatten, teilen und davon profitieren“, erklärt Hans Poulis, CEO von IGC International, dem Geschäftszweig des IGC. „Die erste General Members Assembly fand am 1. September 1956 in Zürich statt.“

Es ist eine kuriose Fußnote der Branchengeschichte, dass auf den Tag genau zwei Jahre nach der Gründung des IGC eine weitere Händlervereinigung aus der Taufe gehoben wurde, und zwar am 4. März 1958, ebenfalls in Frankfurt: Initiator John H. Waser (Waser AG, CH-Zürich) rief gemeinsam mit Georg Henze (Henze, D-Stuttgart), Fred Michel (F. Michel, F-Paris) und Ade Klein (Trouvaille, NL-Amsterdam) die World Advertising Gift Exchange, kurz WAGE, ins Leben. „1958 gab es noch keine Firmen, die ausschließlich auf Werbeartikel ausgerichtet waren. Zumeist waren es Handelsfirmen im Geschäftsbereich Schreibwaren und Papeterien“, so WAGEGeneralsekretär Gottfried Pohn. „Das Ziel lautete, eine paneuropäische Vereinigung von Handelsfirmen zu begründen, die sich vertrieblich mit Produkten rund um das Segment ‚Werbende Aufmerksamkeiten‘ befassten.“ Wohlgemerkt: Diese Initiativen entstanden, bevor es überhaupt das PSI gab – dessen Gründung erfolgte erst 1960. PSIGründer Walter G. Jung selbst würdigte 1996 im Gespräch mit WA Media für das Zeitschriften-Special 50 Jahre Werbeartikel in Deutschland IGC und WAGE als einen „Info-Nucleus, die Urform der Branchen- Organisation“. Tatsächlich definierten die ersten Händlergruppierungen so etwas wie eine Branche und gaben dem Markt erste Konturen. „Sitzungsprotokolle sind noch zu fast allen Tagungen vorhanden und somit auch die Themen und Aufgabenstellungen sehr gut dokumentiert“, so Pohn. „WAGE verordnete sich von Beginn an Strukturen, die für damalige Zeiten eine hohe Effizienz garantierten. John Waser, Generalsekretär von 1958 bis zum Jahr 2000, leitete die Sitzungen nach einer straffen Tagesordnung, über sämtliche Vorgänge und Beschlüsse wurden Protokolle angefertigt.“ Mittelpunkt der Treffen – Sitzungssprache war übrigens zu Beginn sowohl beim IGC als auch bei der WAGE Deutsch – war der Austausch über Produktneuheiten, erfolgreiche Produkte sowie über die entsprechenden Bezugsquellen. Auch ein gemeinsames Vorgehen gegenüber Lieferanten mit Blick auf Preise und Lieferkonditionen wurde bereits diskutiert: „Es gab ab 1960 bereits eine Liste, heute würde man Datenbank sagen, über bevorzugte Lieferanten, die Gruppenrabatte und Sonderkonditionen an alle WAGE-Mitglieder gewährten“, berichtet Pohn. Saßen die Lieferanten in den 1950er und frühen 1960er Jahren noch dort, wo auch die Mitglieder der Organisationen saßen, änderten sich die Beschaffungsmärkte ab den 1960er Jahren grundlegend. Pohn: „1975 unternahmen einzelne Mitgliedsfirmen die ersten Geschäftsreisen nach Fernost. Bereits Ende der 1970er Jahre gab es gemeinsam organisierte Reisen zu Messen und zu Erzeugern in China, Hong Kong, Taiwan und Japan. Im Gegenzug wurde es durch die PSI-Messe in Düsseldorf für Mitglieder aus Übersee interessant, nach Europa zu kommen und dort zu kaufen.“

Die Entstehung der Importmärkte bildete auch 1965 die Initialzündung für die Gründung des Ippag (International Partnership for Premiums and Gifts) durch Claude Barbey (Lacoray, CH-Genf) und eine Reihe weiterer internationaler Unternehmer. „Als Ippag gegründet wurde, war das Sourcing in Fernost noch abenteuerlich”, erläutert Thibaut Fontaine, Chairman des Ippag. „Man kommunizierte via Telex, es gab keine Transparenz, geschweige denn sichere Lieferketten. Also beschlossen die Gründer, sich gegenseitig zu helfen und ihr Wissen sowie ihre Erfahrungen zu teilen. Zu Anfang war Ippag eine Sourcing- Gemeinschaft, das gemeinsame Verkaufen kam erst viel später.“

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Pioniere: Das erste IGC-Treffen im September 1956 …

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… und die erste WAGE-Generalversammlung 1959.

Wachsende Aufgaben

Umso wichtiger wurden gemeinsame Verkaufs- und Marketingstrategien und der Austausch über Marketingthemen ab den 1980er Jahren. Die beginnende Globalisierung und die Gründung der EU im Jahr 1992 beflügelten und erleichterten den internationalen Handel, die Märkte kamen sich näher. „Vor etwa 20 Jahren fingen die Ippag-Member an, sich über Case Studies, Marketingideen und Managementthemen auszutauschen, insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Märkte“, so Fontaine. „Auf diese Weise bekam der Grundgedanke des Ippag – der Austausch – eine neue Qualität.“ Internationales Marketing zu betreiben war auch die Absicht der 1986 von sechs Werbeartikelhändlern aus sechs europäischen Ländern gegründeten ECA (European Catalogue Association), die sich seit 1992 Eurimage nennt. „Das Ziel war die gemeinsame Produktion und Verteilung eines Katalogs mit einem einheitlichen Gesamtsortiment von Werbeartikeln – ein zur damaligen Zeit völlig neues Konzept“, schildert Eurimage-Geschäftsführer Ralf Hinterleitner. „Anfangs wurde einmal jährlich ein Katalog produziert. Die Sortimentsauswahl war noch die leichtere Aufgabe. Die Koordination der Bilder, Layouts, Texte aber auch der nationalen Preise war dagegen zu Beginn mit Telefon, Fax und Postversand eine große Herausforderung. 1987 wurde der erste Katalog in einer Auflage von 40.000 Stück produziert, die Auflage überschritt 2011 erstmals 500.000. Seit 1995 wird zweimal jährlich ein neuer Katalog herausgegeben – mit individuellen Firmenumschlägen und natürlich in der Sprache des jeweiligen Mitglieds sowie mit Preisen in der entsprechenden Landeswährung.“

Eurimage ist heute mit aktuell elf Mitgliedern in elf europäischen Ländern nach eigener Aussage die stärkste Direktmarketing- Gruppe im europäischen Werbeartikelmarkt. Neben der Katalogerstellung profitieren die Mitglieder heute von zahlreichen neuen Instrumenten, insbesondere Webshops mit Online-Bestellmöglichkeit, virtuellen Blätterkatalogen, SEO, Newslettern und einem umfangreichen, integrierbaren ERP/CRM-System. Auch IGC, Ippag und WAGE sind seit ihren Anfangstagen signifikant gewachsen und haben zweistellige Mitgliederzahlen (Überblick und Vergleich s. Kasten). Die Mitglieder der drei Gruppierungen zählen häufig zu den führenden Werbeartikelagenturen ihres jeweiligen Herkunftslandes und verfügen über eine erhebliche Marktmacht, einen hohen Innovationsgrad und reichhaltige Erfahrung in sämtlichen Belangen des Werbeartikelbusiness. Gleichzeitig unterscheiden sich die Märkte, in denen die Mitgliedsunternehmen operieren, z.T. stark voneinander. So kommen sehr verschiedene Unternehmenstypen zusammen – was den Umsatz, aber auch die Organisationsstrukturen und Vertriebsformen angeht. „Das macht die Organisation sehr lebendig“, so Pohn. Diesen Erfahrungsschatz zu teilen ist für alle Mitglieder eine enorme Bereicherung. „Der stetige Informationsfluss erweitert den Horizont und ist eine positive Herausforderung“, so Fontaine. „Man lernt so vieles von den einzelnen Mitgliedern, die ganz unterschiedliche Ansätze beisteuern. Wer einmal bei einem Treffen in einem bestimmten Land gewesen ist, kann z.B. künftig viel einfacher mit Lieferanten aus diesem Land interagieren.“

Name Art Gründungsjahr Mitglieder Gesamtumsatz
aller Mitglieder
Hauptsitz Rechtsform Unternehmen für gemeinsame
Geschäftstätigkeiten
IGC Global
Promotions
Internationale Händlervereinigung
und Vertragspartner
1956 48 ca. 500 Mio. US-Dollar NL-Rotterdam Holländische Aktiengesellschaft
(NV)
IGC International,
NL-Rotterdam
Ippag (International
Partnership
for Premiums and
Gifts)
Internationale Händlervereinigung
und Vertragspartner
1965 29 ca. 280 Mio. Euro CH-Basel Genossenschaft nach
Schweizer Recht
Prominate Ltd, UK-London
WAGE (World
Advertising Gift
Exchange)
Internationale Händlervereinigung 1958 20 ca. 330 Mio. Euro A-Pasching Nonprofit-Organisation,
in Österreich
registriert
nein
Eurimage Katalog- und Marketinggemeinschaft 1986 11 k.A. D-Potsdam Holding (A/S) nein

Quelle: IGC, Ippag, WAGE, Eurimage

Vertrauensvolle Partnerschaften

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Die Ippag-Mitglieder Fritz Bauer (l) und Peter Iwen 1979 bei ihrem ersten Asien-Besuch.

Ein derart enger Austausch ist freilich keine Selbstverständlichkeit. Die Mitglieder lassen sich immerhin in die Karten schauen und geben z.T. hochsensible Details über ihre Unternehmen preis – das setzt ein beträchtliches Vertrauen untereinander voraus. Nicht umsonst haben alle vier Organisationen die strikte Regel, dass nur ein Unternehmen pro Land als Mitglied zugelassen ist. „Jedes Ippag-Mitglied muss sichergehen können, dass es in seinem eigenen Land autonom ist”, erläutert Fontaine. „Das ist sehr wichtig, um das Vertrauen und die guten Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Kooperative zu sichern. Wir können keine Unternehmen zulassen, die in mehreren Ländern Niederlassungen haben. Wenn ein Mitglied großflächig in einen neuen Markt expandiert, stellt das seine Position in der Kooperative in Frage.“ Hinterleitner bestätigt: „Eurimage-Mitglieder arbeiten intensiv und partnerschaftlich zusammen, das geht nur ohne internem Wettbewerb. Daher gibt es pro Land auch nur ein Mitglied. Aktuell suchen wir neue Mitglieder insbesondere für Deutschland, Holland, Schweden, Polen und Ungarn. Voraussetzungen für neue Mitglieder sind eine entsprechende Branchenerfahrung mit dem Wunsch einer Geschäftsausweitung sowie eine entsprechende finanzielle und personelle Kapazität.“

Einzig der IGC verfügt in den USA über sechs und in Kanada über zwei Mitgliedsunternehmen. „Dass wir in diesen Fällen von der ‚One member per country‘-Regel abweichen, liegt einfach an der geografischen Größe der dortigen Märkte“, schildert Poulis. „Jedoch herrscht auch zwischen diesen Unternehmen ein uneingeschränktes Vertrauen – jeder weiß, dass er durch das große Ganze mehr Profit erzielen kann, als er es alleine könnte.“ Neue Mitglieder werden in jedem Fall sorgfältig ausgewählt und rekrutiert. Fontaine: „Jedes neue Mitglied muss einige Mindestanforderungen erfüllen: Es muss seit mindestens vier Jahren in der Branche tätig sein und einen Mindestumsatz von mehr als einer Million Euro haben. Vor allem jedoch müssen Unternehmen zu unserer Philosophie passen – mit Blick auf ihre Führungsund Unternehmenskultur, ihre Einkaufsprozesse und die großen Themen, mit denen wir uns beschäftigen. Sie müssen motiviert sein, zur Gruppe etwas beizutragen, und bereit sein, sich auszutauschen. Darüber hinaus müssen sie unseren Code of Conduct unterzeichnen, der auf den Grundsätzen der ETI (Ethical Trading Initiative) sowie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) basiert. Neue Mitgliedsunternehmen werden vom Vorstand vorgeschlagen und von den Mitgliedern gewählt. Natürlich besuchen wir jedes potenzielle Mitglied im Vorfeld.“ Ähnlich bei der WAGE: „Es gibt festgeschriebene Parameter, die ausnahmslos erfüllt werden müssen“, konstatiert Pohn. „Das fängt bei der Reputation an: Das Unternehmen muss nachweislich über eine wirtschaftlich gesunde Basis verfügen und diese auch jährlich belegen, des Weiteren muss es über einen längeren Zeitraum zu den renommierten Marktplayern im jeweiligen Land zählen sowie eine Mindestumsatzgröße erzielen. Weiterhin muss das Unternehmen die Beschaffung international ausgerichtet haben und permanent Messen in Übersee besuchen. Wesentlich ist aber auch, dass die Unternehmer selbst in ihrer Persönlichkeitsstruktur zur Gruppe passen. Diese Kriterien begründen auch die zumeist sehr gute persönliche Freundschaft der WAGE-Mitglieder untereinander.“

Solche Freundschaften können freilich nur gepflegt werden, wenn eine gewisse Mitgliederzahl nicht überschritten wird – ein uneingeschränktes Wachstum ist für eine gut funktionierende Händlerallianz kontraproduktiv, wie Fontaine erläutert: „Wir wollen gar nicht die größte Händlergruppierung der Welt sein. Unsere Strategie lautet: Qualität, nicht Quantität. Wir suchen also nur dann ein neues Mitglied, wenn ein Unternehmen die Gruppe verlassen hat. Dabei gehen wir sehr selektiv vor. Wird die Organisation zu groß, wird sie anonym, und das Vertrauen zwischen den Mitgliedern könnte beeinträchtigt werden.“

Die Welt zu Gast bei Freunden

Ausgebaut wird das Vertrauen untereinander seit jeher in den Meetings, die alle Organisationen regelmäßig und mit ähnlichen Zielsetzungen ausrichten. Die Zusammenkünfte sind zentrales Werkzeug für den Informationsaustausch, die Entwicklung gemeinsamer Initiativen sowie, nicht zuletzt, die Pflege von Freundschaften. „Jedes Mitglied muss sich gezielt einbringen und u.a. den eigenen Marktauftritt schildern, dabei werden Vergleiche zu den Kollegen in anderen Ländern angestellt. Gerade aus den USA z.B. gibt es immer wieder Anregungen, die man in Europa noch nicht kennt“, berichtet Pohn. „Bei den Urban Meetings, die jeweils im Herbst stattfinden, treffen wir uns am Firmenstandort eines Mitglieds und vergleichen Unternehmensstandards. Hier steht der informelle Austausch im Vordergrund, es wird zumeist nicht über Produkte gesprochen, sondern über betriebliche Kennziffern, Customer Recruiting, Optimierung von Abläufen, Auftritte in sozialen Medien u.v.m.“ Auch die Ippag trifft sich mehrmals im Jahr, u.a. in Fernost sowie zu den Annual Meetings bei einem der Mitglieder, die mit spektakulären gemeinsamen Aktivitäten nicht selten in die Annalen der Ippag- Geschichte eingehen. „Auf der Jahresversammlung in Hong Kong unterzeichnen wir offizielle Dokumente, präsentieren die Ergebnisse unser jährlichen Umfrage, diskutieren über das vergangene Jahr und zukünftige Strategien, tauschen Best Practice-Beispiele aus und laden chinesische Lieferanten aus unserem Partner-Programm zu einem Lieferantenabend ein“, so Fontaine. „Darüber hinaus laden wir einen Keynote Speaker aus einem für uns relevanten Themenbereich ein. Ein weiteres Jahrestreffen findet auf Einladung eines Mitglieds an dessen Unternehmenssitz statt. Für alle unsere Treffen gilt: Spaß, gemeinsame Freizeitaktivitäten und die Pflege von Freundschaften sind enorm wichtig.“

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Aus aller Welt – der Vorstand von IGC Global Promotions (v.l.): Jay Nathanson (Target Marketing, USA), Norbert Alt (admixx, D), Michael Emoff (Shumsky, USA), CEO Hans Poulis (NL), Benson Leigh (Servicios Ilimitados, PE) und Samuel Ling (Hiromori, CN).

Weitreichende Initiativen

Auf Grundlage einer solchen Zusammenarbeit entstehen weitreichende Initiativen – etwa in Sachen Sourcing: Aus dem mündlichen Austausch über Bezugsquellen sowie den ersten Verzeichnissen aus den Anfangstagen sind hochprofessionelle, ITbasierte Plattformen geworden. Fontaine: „Unser Sourcing-Portal ist eine umfangreiche Datenbank, zu der jedes Mitglied etwas beisteuern muss. Gleichzeitig ist sie wie ein Werkzeugkasten, aus dem jeder das nehmen kann, was er braucht. Die besten Lieferanten laden wir ein, an unserem Partner Suppliers Program teilzunehmen. Bei regelmäßig stattfindenden Einkaufs- Meetings tauschen wir uns über neue Lieferanten aus. Natürlich versuchen wir dort, wo es möglich ist, gemeinsam zu kaufen, schließlich haben wir als Gruppe eine enorme Einkaufsmacht.“ Pohn ergänzt: „Unsere gemeinsame Lieferantendatenbank ist ein hocheffizientes und in seiner Form einmaliges Instrument. Vorteil für jedes Mitglied ist die Kostensplittung durch die Gruppe. Sämtliche international angewandten Prüf- und Zertifizierungsrichtlinien sind Bestandteil der Lieferantenbewertung und in der Datenbank dokumentiert.“

Letzteres ist ein Aspekt, der beim Sourcing heute mit Abstand die Hauptrolle spielt – die Bezugsquellen liegen ohnehin offen, die Absicherung der Lieferketten jedoch ist eine ebenso unerlässliche wie anspruchsvolle Aufgabe, bei deren Bewältigung die Kooperativen massiv Synergien ausnutzen können. „Unser CSR-Programm hat vor etwa zehn Jahren auf Initiative der skandinavischen Mitglieder an Fahrt aufgenommen“, berichtet Fontaine. „Heute ist es eines der zentralen Projekte. Wir haben einen Vollzeit-Mitarbeiter, um unsere laufend aktualisierte Datenbank zu betreuen und zu verbessern. Mithilfe von Schlagwortsuche können die Mitglieder alle relevanten Informationen, inklusive Auditreports und Zertifikaten, innerhalb von Sekunden finden. Die Ippag koordiniert auch das Engagement der Gruppe im Rahmen der United Nations Global Compact-Initiative und hilft den Mitgliedern dabei, die Rahmenvorgaben der BSCI (Business Social Compliance Initiative) in ihren Lieferketten zu implementieren.“

Auch der IGC verfügt über ein hochgradig entwickeltes Datenbanksystem zur Dokumentierung von Bezugsquellen und CSR-Standards. Poulis: „Vor zehn Jahren lautete das Hauptziel der Global Player auf Anwenderseite ‚Kosten einsparen‘. Heute heißt es: ‚Risiken reduzieren‘. Eine sichere Lieferkette gehört zu den wichtigsten Aufgaben, denen sich Anwender – und damit auch Werbeartikelagenturen – stellen müssen.“

Globaler Ansatz, lokaler Service

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Eurimage-Gründer Anthony Driscoll (m) mit CEO Ralf Hinterleitner (l) und Präsident Alex Roethlisberger 2016 beim 30. Jubiläum.

Das „Rundum-Sorglos-Paket“, das IGC, Ippag und WAGE dem Anwender bieten können, beinhaltet jedoch noch viel mehr, nämlich internationale Marktexpertise: „Die Marketingabteilungen unserer Mitgliedsunternehmen können genau sagen, welche Produkte in den jeweiligen Märkten ankommen“, erklärt Poulis. „So können wir Kunden mit Customer Reports versorgen, die Auskunft darüber geben, was in China, Mexiko oder den USA gefragt ist und gebraucht wird.“

Eine Expertise, die seit Jahren zunehmend gefragt wird – und zwar im Zuge eines massiven Zentralisierungstrends. Denn immer mehr multinationale Konzerne wollen ihren Bedarf an haptischen Werbeträgern zwar lokal bedienen, aber zentral abwickeln. „Manche Multinationals haben Hunderte von Lieferanten, das treibt die Gesamtbetriebskosten massiv in die Höhe. Wird der Einkauf zentralisiert, steigt die Effizienz enorm, und die Kosten sinken beträchtlich. Deshalb sind globale Prozesse mitsamt der benötigten Infrastruktur – sprich: IT – extrem wichtig geworden“, so Poulis, der 2011 zum CEO der Kapitalgesellschaft IGC Global Promotions NV ernannt wurde. Mit Gründung der Aktiengesellschaft, an der alle Member beteiligt waren, wandelte der IGC seine Ausrichtung um. „Wir konzentrieren uns heute nicht mehr auf das gemeinsame Procurement, sondern sind zu 100% auf kommerzielle Aktivitäten fokussiert“, so Poulis. „Damit unterscheiden wir uns von anderen Gruppierungen.“ Eine noch stärkere Fokussierung auf internationale Vertragsabschlüsse und eine weitere Stärkung der Kapitalgesellschaft als eigenständig operierendes Unternehmen erfolgte Anfang April 2017 mit der Gründung von IGC International: „IGC International ist Teil von IGC Global Promotions; die Shareholder von IGC International sind die IGC-Mitgliedsunternehmen und ich selbst. In Richtung Kunde treten wir jedoch als große Agentur auf, inklusive eines autark arbeitenden Büros mit eigenem Team in Rotterdam. Natürlich greifen wir auf die Kreativität, Expertise und lokale Power der IGC-Mitglieder zurück – ebenso wie auf eine State of the Art-IT-Plattform.”

Auch der Ippag schaffte bereits 2012 mit der Gründung von Ippag Global Promotions eine Körperschaft, um im Namen seiner Mitglieder globale Verträge eingehen zu können. Shareholder der neu gegründeten Kapitalgesellschaft waren einige, aber nicht alle Ippag-Mitglieder. Fontaine: „Vor der Gründung von Ippag Global Promotions vor fünf Jahren haben die Ippag-Member keine formellen multinationalen Verträge unterzeichnet. Es gab lediglich Projekte, bei denen mehrere Mitglieder gemeinsam mit einem internationalen Kunden zusammengearbeitet haben – diese jedoch fanden auf eher lokaler Ebene und zwischen den Mitgliedern, nicht unter dem Dach der Ippag statt. Im Zuge einer zunehmenden Internationalisierung der Märkte wuchs die Nachfrage nach globalem Fullservice und einem entsprechenden One-Stop-Modell. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, haben wir Ippag Global Promotions als separate Einheit gegründet. Die Umwandlung von Ippag Global Promotions in Prominate Anfang des Jahres spiegelt das Wachstum dieser Unternehmenseinheit wider.“

Prominate Ltd, mit Sitz in London, bedient von dort aus große, multinationale Vertragspartner und entwickelt sich eigenständig, aber im Sinne seiner Shareholder, die alle Mitglieder der Ippag-Kooperative sind. Bei der WAGE indessen ist die Gründung einer Kapitalgesellschaft kein Thema, wie Pohn erklärt: „Es gibt hier keine Initiative, und es wird sie auch in Zukunft nicht geben, weil die Grundsätze einer Vereinigung zum Zwecke der gegenseitigen Hilfestellung und jene einer Kapitalgesellschaft sehr widersprüchlich sind. Hier unterscheiden wir uns wesentlich von IGC und Ippag.“ Auch Fontaine hebt hervor, dass die Kooperative als eigenständige Einheit weiterhin eine wichtige Rolle spielt: „Die zwei Körperschaften sind vollkommen unabhängig und unterscheiden sich erheblich voneinander. Der Wert eines Unternehmens ist das Geld, das auf dem Tisch liegt, der Wert einer Kooperative steht ganz woanders geschrieben.“ Und er ist zweifelsohne hoch, dieser Wert – zumal die Herausforderungen an die Branche lokal ebenso wie global zunehmen: „Mit dem digitalen Wandel und neuen Akteuren wie Amazon und Vistaprint werden der Markt und die Branche komplizierter und herausfordernder”, ergänzt Fontaine. „Diese Veränderungen werden unser Business, aber nicht die Ippag tangieren. Im Gegenteil: Ippag wird uns dabei helfen, viele Fragen zu beantworten und die Herausforderungen anzunehmen. Man muss sich zusammentun, um Probleme zu bekämpfen – gäbe es keine Probleme, müsste man sich nicht organisieren.“

Es bleibt also eine lohnende Investition, sich zu vernetzen und Brücken zu Kollegen in aller Welt zu bauen. Fontaine ist sich sicher: „Der Ippag beizutreten war die beste Entscheidung, die ich jemals für mein Unternehmen getroffen habe. Man öffnet sich anderen Ländern und anderen Märkten, was in unserem Business extrem wichtig ist. Wir sind Freunde – das macht den Unterschied.” Erst recht in einer globalisierten Welt, die politisch zusehends fragmentiert, und in der Weltoffenheit ein Gut ist, das gar nicht hoch genug geschätzt werden kann.

// Till Barth

Fotos: Archive WA Media (1); Eurimage (1); IGC Global Promotions (2); WAGE (1)

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