Konsolidierung, Digitalisierung, Compliance: Das zurückliegende Jahr war voller Umbrüche und Herausforderungen – gleichzeitig war es für viele Werbeartikelunternehmen ein durchaus erfolgreiches Jahr. Die Werbeartikel Nachrichten haben Lieferanten und Händler in ganz Europa nach ihrer persönlichen Bilanz für 2017 befragt.

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Nach dem weltpolitisch äußerst unruhigen Jahr 2016 standen dem neuen Jahr 2017 eine Menge Fragezeichen voran. Die Werbeartikelbranche jedoch beschäftigten in den ersten Januartagen zunächst einmal eigene Fragen – z.B. folgende: Würde der erste Industriekundentag, an dem erstmals Anwender offiziell Zugang zur PSI erhielten, das Gesicht der Messe nachhaltig verändern? Würde er gar zur Erosion der Lieferketten beitragen? Würde es gelingen, die verschiedenen Interessensgruppen zufriedenzustellen oder ginge es vielmehr darum, Einzelinteressen durchzusetzen? Fragen, die ein Jahr später längst noch nicht alle beantwortet oder geklärt sind. Nach wie vor sorgt die Zielgruppenerweiterung der Messe für Diskussionen. So traten im Sommer zehn von 15 Mitgliedern der Händlergruppierung DIE6 geschlossen aus dem PSI aus: Die neue Ausrichtung der Messe, so die Begründung, führe zu einer Aufweichung der Marktstrukturen, die Preistransparenz zu vermehrten Gesprächen über Rabattstrukturen, zudem seien nachweislich Direktgeschäfte getätigt worden. Anregungen der Gruppierung, den Industriekundentag in Frage zu stellen, habe das PSI ignoriert. Auch der Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft (GWW) erklärte im September, das Konzept für den Industriekundentag 2018 nicht mitzutragen. Die vom Arbeitskreis Messen im GWW erarbeiteten Lösungsansätze und Optimierungsvorschläge, darunter eine zielführende Verschärfung der AGB sowie die generelle Nutzung von Bruttopreislisten, hätten im PSI-Messekonzept 2018 kaum Berücksichtigung gefunden. Anfang Dezember schließlich erklärten die beiden GWW-Vorstandsmitglieder Michael Freter (Geschäftsführer PSI) und Manfred Schlösser (Chefredakteur PSI Journal) dann ihrerseits, bei den Vorstandswahlen im Februar 2018 nicht mehr für ein Vorstandsamt zur Verfügung stehen. Mit der Entscheidung, so Freter und Schlösser, sollten mögliche Interessenskonflikte vermieden werden.

Ein ordentliches Jahr

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Der Industriekundentag auf der PSI-Messe 2017 zog viele Diskussionen nach sich.

Aller Kontroverse zum Trotz verlief die Premiere des Industriekundentags selbst weniger spektakulär als gedacht. Der Besucheransturm blieb ebenso aus wie das große Chaos, und so kümmerte man sich v.a. ums Business. Auf der PSI-Messe – und den darauffolgenden internationalen Branchenevents in Europa – startete die Branche optimistisch in ein Werbeartikeljahr, das viele europäische Lieferanten und Händler jetzt, fast zwölf Monate später, als geschäftlich weitgehend erfolgreich resümieren. Dies alles, wohlgemerkt, in einer nach wie vor angespannten geopolitischen Lage: Donald Trump erwies sich nicht etwa als wundersam geläuterter Staatsmann, sondern übertraf z.T. noch die mit seiner Person verknüpften Befürchtungen. Europa und die Welt wurden weiterhin von Terroranschlägen erschüttert, Regierungen rückten nach rechts oder hatten mit internen Querelen zu kämpfen. In Deutschland zog die rechtspopulistische AfD in den Bundestag ein, einige Wochen später platzte die Jamaika-Koalition und damit die Hoffnung auf eine rasche Regierungsbildung – von Folgen für die Wirtschaft ist auszugehen. Die zermürbenden Diskussionen rund um den Brexit sorgten zwar nicht für ein Tief, aber doch für andauernde Unwägbarkeit in der britischen Wirtschaft. „Unsicherheit führt dazu, dass die Zuversicht schwindet, und der Wechselkurs hat natürlich die Preise beeinflusst“ (Lawrence Angelow, The Advantage Group). Auch der spanische Markt wurde infolge der Katalonien-Krise gehörig durcheinandergewirbelt. Insbesondere katalanische Unternehmen bekamen die Folgen zu spüren: „Es ist eine sehr traurige Situation für uns, und ein Boykott schadet der gesamten spanischen Wirtschaft“ (Joan Pera, Arpe).

Insgesamt jedoch liest sich die Wirtschaftsbilanz in der EU positiv, der European Economic Forecast prognostiziert dem EU-Bruttoinlandsprodukt ein Wachstum von 1,8%. Deutschland liegt mit Prognosen, die sich um die 2% herum bewegen, noch über diesem Wert. Die deutsche Konjunktur marschierte – und zwar so schnell, dass Experten inzwischen vor einer Überhitzung warnen, die der Wirtschaft schon im nächsten Jahr zu schaffen machen könnte. Für 2017 jedoch lässt sich einstweilen festhalten: Es war wirtschaftlich gesehen ein ordentliches Jahr. „Wir hatten über das gesamte Jahr 2017 gut zu tun, und die Geschäftslage hat sich deutlich stabilisiert“ (Liudger Böll, Troika), „Bei unseren Kunden herrscht – analog zur allgemeinen Wirtschaftslage – eine positive Grundstimmung“ (Patrick Haendly, Eidex). Der Bundestagswahlkampf im Sommer spülte der Branche dank des parteiübergreifenden Werbeartikelbedarfs zusätzliches Geld in die Kassen: „Kugelschreiber sind im Wahlkampf neben Luftballons das Werbemedium Nummer eins. Diese Kombination hat bei uns zu einem sehr erfolgreichen Jahr beigetragen“ (Daniel Jeschonowski, Senator), „Der Bundestagswahlkampf war positiv direkt zu spüren“ (Jörg Dennig, Jung Bonbon).

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Führungswechsel bei den deutschen und österreichischen Branchenverbänden: Patrick Politze (linkes Bild, r), langjähriger Präsident des GWW (Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft), übergab den Vorsitz an Frank Dangmann; der Vorstand des VÖW (Verband österreichischer Werbemittelhändler) trat geschlossen zurück. Im Bild rechts die neuen Vorstandsmitglieder Christopher Hitsch, Anja Neumann, Klaus Pohn, Kathrin Schneider und Wolfgang Kohout (v.l.).

Konsolidierungs-Karussell

Stabile und steigende Umsätze können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Werbeartikel-Business von tiefgreifenden Veränderungen geprägt ist, die sich weiter fortsetzen und an Intensität gewinnen. 2017 war ein Jahr der Fusionen, Aufkäufe und Neugruppierungen – eine erstaunlich hohe Zahl von Unternehmen wechselte den Besitzer oder konnte neue Sponsoren gewinnen (zu den Fusionen und Übernahmen des Jahres s. Kasten). Neben finanzieller Absicherung sowie der Vergrößerung von Marktanteilen sind diese Konsolidierungen eine Reaktion auf die Herausforderungen, die von außen an den Markt herangetragen werden. Wer weiterhin ganz oben mitspielen will, muss sich entsprechend aufstellen und professionalisieren. „Für multinationale Unternehmen wird eine globale Lösung zunehmend wichtiger, die es erlaubt, mit spezifischen Kollektionen in den einzelnen nationalen Märkten präsent zu sein, die aber gleichzeitig eine konsistente Markenführung, Qualität und Produktsicherheit garantiert” (Fevzi Hasbıyık, Erhas). Den heutigen Anforderungen multinationaler Unternehmen nach globalen Prozesslösungen trug auch die Ippag (International Partnership for Premiums and Gifts) Rechnung, die ihre Kapitalgesellschaft Anfang 2017 in Prominate umbenannte und ausbaute, ebenso wie die Händlergruppierung IGC Global Promotions, die im April mit IGC International eine eigene Agentur ins Leben rief.

Digitaler werden

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In Zeiten von Cyberkriminalität und IT-Spionage stehen Produkte, die für mehr Datensicherheit sorgen, hoch im Kurs.

Doch heißt es auch für eher lokal operierende Agenturen, ebenso wie für Importeure und Spezialisten, Schritt halten. In vielen Produktbereichen sind sehr geringe Mindestmengen bis hinab zu einem Stück inzwischen obligatorisch, um kurzfristigen On demand-Bestellungen nachkommen zu können. „Die durchschnittliche Auftragsmenge wird immer kleiner“ (Bo Willumsen, Poul Willumsen), „Wir erhalten viele kleine und mittelgroße Bestellungen, das bedeutet erhöhten Aufwand beim Handling, auf den man sich einstellen muss“ (Marcin Pawłowski, Badge4u). Das alles muss dann in vielen Fällen auch noch extrem schnell vonstattengehen. „Der Druck auf die Lieferzeiten wird im Zuge einer ‚Ich will es jetzt‘-Kultur immer höher“ (Edwin Kats, Pinkcube). Diese Entwicklungen sind z.T. darauf zurückzuführen, dass über Marketingbudgets sehr kurzfristig entschieden wird. Viel tiefgreifender ist jedoch ein Mentalitätwandel im Orderverhalten, das sich immer mehr den aus dem B2C geläufigen Bedingungen angleicht. An vielen Schaltstellen im Marketing sitzen inzwischen Digital Natives, die im Netz groß geworden sind und denen reibungslose Online-Prozesse häufig wichtiger sind als enge Kundenbeziehungen. Das heißt für Lieferanten ebenso wie Händler: aufrüsten, um Webshops, aber auch CRM- und ERP-Systeme fit für eine digitale Zukunft – besser gesagt: Gegenwart – zu machen. „Wir generieren bereits jetzt 70% unserer Bestellungen online, aber wir müssen noch viel digitaler werden” (Kai Gminder, Daiber), „B2B-Bestellsysteme werden in Zukunft keine Insellösungen mehr sein“ (Steffen Weigand, Verticas).

Und während die Werbeartikelbranche sich im Eiltempo dem Riesenprojekt Digitalisierung stellt, drängen gleichzeitig die Vorreiter des E-Commerce aus dem Retail weiter in den Markt: Im August ging die US-Supermarktkette Walmart mit der Plattform walmartpromoshop.com online, die es jedem erlaubt, individualisierte Produkte zu ordern. Der Amazon-Ableger Amazon Custom, bereits seit längerem in den USA aktiv, kündigte in diesem Jahr an, auch in Europa an den Start zu gehen, und im Juli erklärte der E-Commerce-Gigant, seine B2B-Plattform Amazon Business habe bereits mehr als eine Mio. Nutzer. Wann und wie Amazon im großen Stil in der Branche angreifen will, darüber wird spekuliert – mit gutem Grund. „Natürlich müssen Walmart, Amazon und Co. als echter Wettbewerb beurteilt werden, und sie könnten die Widerstandskraft der gegenwärtigen Händler auf die Probe stellen” (Lawrence Angelow, The Advantage Group), „Wenn Unternehmen nur über den Preis kaufen, besteht die Gefahr, dass sie sich zukünftig verstärkt an reine Online-Händler wenden” (Joachim Schulz, absatzplus). Abseits des schnelllebigen On demand-Geschäftes allerdings werden die E-Commerce-Giganten schnell an ihre Grenzen stoßen – so zumindest die Einschätzung vieler Brancheninsider. Anders ausgedrückt: Wer mehr will als nur ein möglichst schnelles und möglichst billiges Produkt, braucht Spezialisten, die mit den vielfältigen Eigenheiten des Werbeartikelbusiness vertraut sind.

Damoklesschwert Compliance

Dazu gehören Produktsicherheit und Compliance. „Wir müssen als Werbeartikelhändler sicherstellen können, dass wir unsere Lieferanten und deren Produktionsprozesse kennen, und der Kunde muss sich darauf verlassen können” (Klaus Pohn, Istac), „Die Anforderungen seitens der Kunden und des Gesetzgebers nehmen von Jahr zu Jahr zu” (Frédéric Misseri, LAGARDERE). Je größer ein Unternehmen, desto empfindlicher ist es gegenüber Risiken aufgrund unsicherer Lieferketten. „Gerade Banken, aber auch Pharmakunden haben sehr strikte Auflagen, die manchmal seltsame Blüten treiben – fehlt nur noch, dass wir die Geburtsurkunde des chinesischen Fabrikarbeiters vorlegen müssen“ (Thomas Heinz, Werbemittelagentur Thomas Heinz). Deshalb sind für viele Werbeartikel-Player Strategien zu CSR und Produktsicherheit nichts weniger als Überlebensstrategien geworden. „Compliance und CSR sind heute die größten Bedrohungen für unsere Branche. Wenn wir diese vernachlässigen, riskieren wir, dass Kunden lieber in andere Werbemedien investieren“ (Thomas Davidsson, Wackes).

Es ist und bleibt eine enorme Herausforderung, auf der einen Seite Lieferketten abzusichern und auf der anderen Seite die stetig zunehmenden gesetzlichen Anforderungen nachzuhalten – wie z.B. die EU-Richtlinie zur CSR-Berichtspflicht, die in diesem Jahr in Kraft trat. Diese verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe, Rechenschaft zu ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten abzulegen, wodurch auch Zulieferer mittelbar verpflichtet sind, Aussagen zur Nachhaltigkeit zu tätigen. Eine Herausforderung insbesondere für die Werbeartikelbranche, in der nun mal andere Gegebenheiten herrschen als in anderen Handelsbranchen: „Die Dokumentationsrichtlinien werden zunehmend auf den internationalen Großhandel abgestimmt, dabei aber der Zwischenhandel vergessen“ (Peter Klett, Green Promotion). Während einerseits Compliance und CSR wie ein Damoklesschwert über der Branche hängen, hat diese auf der anderen Seite weiterhin kein legislatives Mitspracherecht – die Lobbyarbeit als vordringliche Aufgabe der Verbände bleibt ein Dauerthema. „Wir brauchen als Branche dringend ein möglichst starkes, einheitliches Sprachrohr Richtung Politik“ (Mirco Häßlich, MOLL logistik). Weil Compliance-Anforderungen entlang der Lieferkette weitergegeben werden, sind natürlich insbesondere diejenigen gefordert, die Waren in die EU einführen. Transparenz lautete eines der diesjährigen Themen, das sich viele große Importeure groß auf die Fahnen schrieben. Mehrere holländische Vollsortimenter starteten im Laufe des Jahres große PR-Offensiven und publizierten Zertifikate und CSR-Berichte – und zwar möglichst lückenlos, idealerweise für das gesamte Sortiment. „Für uns ist es wichtig, Transparenz zu signalisieren und auf diese Weise Vertrauen zu bilden, insbesondere da es sich hier um gesetzliche Vorgaben handelt“ (Olaf Fischer, Giving Europe). Hinzu kommen Publikationen wie PF Concepts Broschüre Serious about Sustainability, in denen Nachhaltigkeitsstrategien detailliert dokumentiert werden.

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Nicht nur im Retail, auch in der haptischen Werbung bleibt Nachhaltigkeit ein Megatrend, der in vielen Produktbereichen aufgegriffen wird – etwa in Form von Mehrweg-Alternativen. Das im Oktober 2017 von WA Media veröffentlichte WA-Special Nachhaltigkeit in der haptischen Werbung beleuchtete das Thema in ausführlicher Form.

Produkttrends

Dass sich Nachhaltigkeit zu einem der wichtigsten Themen in der haptischen Werbung entwickelt hat, ist natürlich eine gute Nachricht. Auf Produktseite sind ökologische und faire Alternativen zu herkömmlichen Produkten ein andauernder Trend. „Wir stellen bei unseren Kunden in letzter Zeit ein echtes Interesse für Nachhaltigkeit fest“ (Thomas Davidsson, Wackes). Apropos Trend: Mit den Fidget Spinnern, die ab dem Frühjahr den Markt überfluteten, gab es 2017 eine echte Neuheit im Markt – wenngleich der Hype ebenso schnell wieder abebbte, wie er ausgerufen worden war. Als dauerhafter erweist sich die Beliebtheit von Produkten im Tech-Segment: Digitale Gadgets, Wearables und zusehends auch Smart Home-Accessoires stehen weiterhin ganz weit oben auf den Bestseller-Listen der haptischen Werbung. Immer ausgeklügelter wird zudem die Einbindung haptischer Produkte in digitale Inhalte – Stichwort: Augmented und Virtual Reality –, und auch das Thema Datensicherheit schlägt sich in Zeiten von Cyberkriminalität und IT-Spionage im Produktbereich nieder.

Wer zu wem

2017 war ein Jahr der Fusionen und Aufkäufe: Zum Jahreswechsel sicherte sich der niederländische Mass Customization-Gigant Cimpress mit National Pen eine eigene Schreibgeräteproduktion. Es folgte die Eingliederung der niederländischen Werbeartikelagentur Compacon in die Plato Group (Muttergesellschaft von Igo und Clipper). Röhrs Werbe-Service wurde Teil der Moll Gruppe, Zettler Kalender Teil der Neumann Gruppe. Vela ging zur Unternehmensgruppe Walz und Gildan sicherte sich die Pleite-Marke American Apparel. Auch im weiteren Jahresverlauf ging der Unternehmens-Ringelpietz munter weiter: Der Garant Verlag kaufte Way OK, Elysian Capital die Werbeartikel-Agenturgruppe Brand Addition, H.I.G. Capital die BIC-Tochter BIC Graphic North America. Präsenta Promotion ging an Palero, die Muttergesellschaft der Würth Inter Werbung, Premec und Prodir fusionierten zu Pagani Pens, die Klingel Gruppe schluckte den Schneider Versand. MM Brown wurde Teil von Gudrun Chocolate, Hepack Teil von Karl Knauer, allbranded übernahm Neon. Staples, Muttergesellschaft von Staples Promotional Products, ging an Sycamore Partners, Kunth an Mairdumont und Perusa Partners erweiterte sein Werbeartikel-Portfolio – nach der 2016 erfolgten Akquisition von Senator – mit Xindao um einen weiteren Big Player aus der haptischen Werbung. Kurz vor Redaktionsschluss schließlich gab Polyconcept die Übernahme von SPS durch PF Concept bekannt.

Weltmacht China

Der Großteil dieser Trendprodukte kommt weiterhin aus China – nur, dass die dort inzwischen nicht mehr nur produziert, sondern zusehends auch erfunden werden. Längst sind es nicht mehr nur die Einkäufer, die Ideen nach China tragen, um sie dort möglichst billig umzusetzen, sondern vermehrt chinesische Designer und Produktentwickler, die Maßstäbe für den Weltmarkt setzen. „China hat sich eine sehr starke Stellung aufgebaut, chinesische Designer und Ingenieure entwickeln inzwischen Produkte auf europäischem Niveau” (Julian Thormählen, Tradeconthor).

Weg von der Billigproduktion, hin zu High Tech und Design – das bedeutet auch: weniger schmutzige Industrie. Tatsächlich geht die chinesische Regierung das Riesenproblem der Umweltverschmutzung inzwischen endlich in großem Maßstab an und versucht, Umweltgesetze mit Macht durchzusetzen. Infolgedessen mussten Medienberichten zufolge in ganz China Zehntausende Fabriken und Kohlekraftwerke zumindest vorübergehend den Betrieb einstellen, weil sie die vorgegebenen Emissionsziele nicht erreichten. Mehr als 7.000 Inspektoren prüften derweil, wer gegen die neuen Vorschriften verstoßen hatte. Im gleichen Maße, wie China sich vom Schwellenland mit Billiglöhnen zur globalen Wirtschaftsmacht gewandelt hat, drängen chinesische Hersteller nach Europa, unterstützt von den einschlägigen Messegesellschaften – siehe die im November 2017 erstmals ausgerichtete Mega Show Paris oder die für 2018 in London geplante Asia Premium Fair. Gleichzeitig ist es nur eine Frage der Zeit, bis der direkte Weg nach China auch für Anwender gangbar – weil unkompliziert genug – ist.

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Zum fünften Mal beeindruckte und inspirierte die HAPTICA® live in Bonn als „Erlebniswelt Haptische Werbung“.

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Die GWW-Trend zog in die Mainzer Rheingoldhalle um und erfreute sich eines Ausstellerrekords. 

Flexibilität zählt

Ganz gleich, an welcher Station der Wertschöpfungskette man ansetzt: Dass die traditionellen Distributionswege aufweichen, ist ein Prozess, der nicht mehr rückgängig zu machen ist – daran ändern auch Diskussionen über Industriemessen nichts. „Den Entscheidern ist es letztlich egal, bei wem sie ihre Produkte ordern – Hauptsache, das Angebot stimmt“ (Julian Thormählen, Tradeconthor). Das bedeutet nicht, dass Berufsstände in der Branche vom Aussterben bedroht sind. Es bedeutet vielmehr, dass Händler wie Lieferanten ihren Standort neu bestimmen und sich neuen Entwicklungen anpassen müssen. „Die Größe spielt für die Überlebensfähigkeit eines Händlers nicht die entscheidende Rolle. Wichtiger sind Innovationskraft, Kreativität und Lernfähigkeit” (Kaspar Benz, Pandinavia), „Als Dienstleister muss man dienen und leisten. Wer das nicht lebt, wird auf der Strecke bleiben“ (Natalie Kober, AmedeA). „Wenn traditionelle Strukturen weiterhin funktionieren sollen, müssen wir offener miteinander umgehen und besser zusammenarbeiten” (Bo Willumsen, Poul Willumsen).

Wer im Markt für haptische Werbung weiterhin erfolgreich bleiben will, braucht v.a. eines: Flexibilität. Vieles, was 2017 noch funktioniert hat, kann 2018 schon anders laufen, viele Ereignisse des zurückliegenden Jahres werden erst in den kommenden Monaten ihre Wirkung entfalten: Wird sich das Ringen um die Koalition zu einer handfesten Regierungskrise ausweiten? Wird die befürchtete Überhitzung der deutschen Wirtschaft tatsächlich eintreten, und wenn ja, mit welchen Folgen? Was geschieht in Katalonien, was im Vereinigten Königreich? Werden weitere Zusammenschlüsse oder Aufkäufe die Branche neu durchmischen? Und wie wird der PSI-Industriekundentag 2018? So endet das Jahr 2017, wie es begonnen hat: mit Fragen. 

// Till Barth

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