Nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 ist die erwartete Abmahnwelle zwar (bislang) ausgeblieben. Gleichwohl herrscht weiterhin Unsicherheit über den richtigen Umgang mit personenbezogenen Daten, die v.a. zu einer wahren Flut von Einwilligungsformularen führt. In dieser Situation schafft nun eine neue Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Datenschutz auf Facebook weitere Verwirrung.

Abmahnung wegen DSGVO-Verstößen

Intensiv war darüber diskutiert worden, ob der Verstoß gegen eine Bestimmung der DSGVO eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ermöglicht. Dies wäre möglich, wenn es sich bei den Regelungen der DSGVO um sogenannte Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG handelt, deren Nichteinhaltung von jedem Wettbewerber geltend gemacht werden kann. Gerade diese Frage ist jedoch durchaus umstritten. Bereits zur alten Rechtslage war zwischen verschiedenen Oberlandesgerichten umstritten, ob die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), die die Verwendung von Daten zu Werbezwecken betreffen (§§ 28, 29 BDSG), als Marktverhaltensregeln einzustufen sind. Erst recht ist unklar, wie die Vorgaben der neuen DSGVO einzuordnen sind. Insoweit vertreten einige Stimmen, dass die Art. 77–84 DSGVO abschließende Vorschriften zur Sanktionierung von Verstößen enthalten. In diesem Fall wäre für eine Marktverhaltensregelung kein Raum mehr. Diese Theorie ist allerdings durchaus nicht unumstritten, weil das zentrale Ziel der DSGVO gerade in der Sicherstellung eines hohen Datenschutzniveaus besteht und jedenfalls nicht ausdrücklich klargestellt wird, dass neben der DSGVO keine anderen Bestimmungen zur Durchsetzung datenschutzrechtlicher Regeln angewendet werden dürfen. Es werden daher sicherlich mehrere Jahre vergehen, bis das Rechtsproblem geklärt sein wird. Soweit ersichtlich, kam es zwar nach dem 25. Mai zu einzelnen Abmahnungen. Es liegen aber weder Meldungen über eine Abmahnwelle vor noch sind Gerichtsentscheidungen zur DSGVO bekannt geworden. Die Unionsfraktion im Bundestag hatte im Übrigen zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung angeregt, derzufolge zumindest für eine Übergangszeit eine Abmahnung keinen Anspruch auf Gebührenerstattung begründet. Damit wäre die Aussprache der Abmahnung für den Angreifer weitgehend uninteressant (da er bei genauer Betrachtung den mandatierten Anwalt sogar selbst bezahlen müsste). Das entsprechende Moratorium soll nach Vorstellung der CDU noch vor der Sommerpause in Kraft treten. Bei Redaktionsschluss lag ein konkreter Gesetzesvorschlag allerdings noch nicht vor.

Paukenschlag des EuGH

Mitten in der datenschutzrechtlich aufgeheizten Stimmung verkündete der EuGH am 5. Juni 2018 in einem Urteil, dass die Betreiber von Facebook-Fanpages gemeinsam mit Facebook für die Verarbeitung von Daten verantwortlich sind. Unerheblich war dabei für den EuGH, dass die Betreiber dieser Seiten ihrerseits von Facebook abhängig sind und rein praktisch keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch Facebook nehmen können. Dies bedeutet zumindest im Grundsatz, dass Ansprüche wegen Datenschutzverstößen auch gegenüber jedem Betreiber einer Fanpage bestehen. Die Folgen dieser Entscheidung, die im Ausgangspunkt noch gar nicht die neuen Bestimmungen der DSGVO betrifft, sind kaum überschaubar. Den einschlägigen Blogs lässt sich entnehmen, dass eine Reihe von Seitenbetreibern ihre Facebook-Seiten auf „nicht sichtbar“ geschaltet haben, um jede juristische Unsicherheit zu vermeiden. Andere Seitenbetreiber verwenden einen deutlich angebrachten Hinweis darauf, dass eine Speicherung und Verarbeitung von Daten durch Facebook erfolgt. Im Hinblick auf diese Lösung ist jedoch zu beachten, dass eine Aufklärung über die Datennutzung vor dem Besuch der Seite und damit vor dem Beginn der Datenerhebung erfolgen muss. Eine nachträglich herbeigeführte Einwilligung genügt bei genauer Betrachtung nicht. Es besteht somit ein erhebliches Risiko, wegen des Betriebs einer Facebook-Seite in Anspruch genommen zu werden. Sofern Facebook keine technische Lösung zur Verfügung stellt, die eine Datenerhebung auf den Fanseiten ausschließt, bietet allein das Abschalten der Seite eine sichere Abhilfe, oder auch das angekündigte Moratorium des Gesetzgebers – wenn es denn kommt.

// Dr. Stefan Maaßen

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