Als junge Frau stieg sie Mitte der 1980er Jahre bei Süße Werbung ein und baute das Unternehmen an der Seite von Pieter Schubert zu einem der führenden Player der Werbeartikelbranche aus: Heute bringt Petra Dzialoschewski ihre Branchenkenntnis bei Vogel’s Süsse-Werbe-Ideen ein. In der Serie „Frauen bewegen“ erzählt sie von der Freude an der Geschwindigkeit, dem Stolz aufs Baby oder dem Controlling mit Rottweiler, von schicksalhaften Telefonaten und gepfefferten Briefen.

wn375 frauenbewegen slider - Petra Dzialoschewski: „Von nichts kommt nichts“

Wer Petra Dzialoschewski glücklich sehen will, der muss sie nur auf einer ihrer Touren durch die Gebirgswelt der Alpen, z.B. über den Bernina Pass, begleiten. Man weiß nur nicht, was ihre Augen mehr zum Leuchten bringt: ihr „Moped“, derzeit eine BMW S 1000 XR, oder der fantastische Ausblick über die grandiose Landschaft mit ihren Gipfeln und Gletscherseen. Der Schweiß unter der immer schwarzen Lederkluft, die ruinierte Frisur – alles das ist in solchen Momenten egal. Das Einzige, was zählt, ist das Gefühl von Freiheit. Motorradfahren ist die große Leidenschaft der Süßwarenexpertin. Als ihr Vater es satt hatte, seine Tochter weiter als Sozia auf dem Rücksitz durch die Weltgeschichte zu kutschieren, hat er der damals 17-jährigen Petra eine erste eigene Honda-Zweizylinder gekauft. Sukzessive hat sie sich zu stärkeren Maschinen hochgearbeitet und sich mit ihrer jüngsten Errungenschaft selbst das größte Geschenk zum 50. Geburtstag gemacht. Dass Motorradfahren im Kosmos der Petra Dzialoschewski nichts mit Gemächlich-über-die-Straßen-Zuckeln zu tun hat, wird schnell klar. Sie bezeichnet sich als „zügige Genussfahrerin“, blickt verschmitzt lächelnd auf die Fraktion der sogenannten „Blümchenpflücker“. Als Administratorin der Facebook-Gruppe „BMW S 1000 XR Deutschland“ ist sie der ruhende Pol inmitten technikbesessener Jungs, die bei Fragen zur Ventilspielkontrolle schon mal verbal aufeinander einprügeln. Überhaupt Männer und Motorräder: Für Typen, die zeigen wollen, dass sie schneller fahren können als Frauen und sich dabei selbst in Gefahr begeben, hat Petra Dzialoschewski nur ein müdes Lächeln übrig. „Ich muss niemandem etwas beweisen“, sagt die Geschwindigkeitsfanatikerin. „Und ich brauche auch niemanden, der mir etwas beweisen will. Ich fahre gerne schnell, aber nie mit Risiko: Ich werde niemals im Graben landen!“ Ein Satz, der auch ihre Vita als Businessfrau zutreffend charakterisiert.

Frau Dzialoschweski, Sie sind Motorradfahrerin, besitzen einen Porsche, fahren regelmäßig in den Skiurlaub. Ist Geschwindigkeit ihr Lebenselixier?

Petra Dzialoscheswki: Geschwindigkeit liegt mir, es macht mir Spaß, sie zu spüren. Ich bin nicht leichtsinnig und immer mit dem nötigen Respekt unterwegs, aber ich habe keine Angst. Für mich ist Beschleunigung, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren, einfach ein angenehmes Gefühl.

Hat die Freude an der Geschwindigkeit auch Ihre Art zu arbeiten beeinflusst?

Ich bin schon ein Typ, der Dinge gerne schnell erledigt weiß. Als z.B. Pieter Schubert und ich einmal zusammen im Urlaub in Grönland waren, hatten wir mehrere Tage lang keinen Handyempfang: Bei der Landung in Hannover waren demzufolge 1.100 E-Mails auf meinem damaligen Blackberry. Ich habe die alle noch auf der Rückfahrt mit dem Auto nach Herbolzheim gelesen. Also ein bisschen Workaholic war ich schon. (Lacht.) Aber grundsätzlich ist das Erleben von Geschwindigkeit eher ein Genussmoment für mich, und Dinge wie Motorradtouren, schnelle Autos oder Skiurlaube sind auch Ausdruck eines Wohlstands, den ich mir leisten kann, weil ich viel gearbeitet habe und arbeite.

Eine Art Belohnung?

Petra Dzialoschewski: Gewissermaßen. Ich bin in einem ganz kleinen Unternehmerhaushalt groß geworden. Mein Vater war Schlosser, ein kraftstrotzender Mensch, der keine Lust auf das Angestelltendasein hatte. Und wir alle haben im Betrieb mitgearbeitet: mein Bruder in der Werkstatt, ich im Büro. Wir haben bescheiden gelebt, aber wir konnten doch bald merken, dass es uns besser geht als den meisten Nachbarn, dass wir uns einen Mercedes leisten oder drei Mal im Jahr in Urlaub fahren konnten – im Winter und über Ostern regelmäßig nach Grindelwald, natürlich zum Skifahren und im Sommer nach Italien. „Von nichts kommt nichts“ – diese Haltung hat mein Leben immer geprägt.

Als „Papas Töchterle“ lernt Petra Dzialoschewski die Freuden und Schattenseiten des Unternehmerdaseins früh und hautnah kennen. Mit 18 erhält sie ihr erstes eigenes Auto – ein Privileg zweifellos. Dichtungsgummis einziehen in neue Aluminium-Fenster – ein zweifelhaftes Ferienvergnügen. Prospekte verteilen auf der Regio-Messe – eine Schule fürs Leben. „Ich habe als Kind nie etwas vermisst. Man vermisst nichts, was man ohnehin nie hatte“, blickt Dzialoschewski zurück. Führungsstärke, Fleiß und kommunikative Fähigkeiten sind Eigenschaften, die sie in ihrer Jugend ausbildet und die ihr später, nicht zuletzt in fast einem Vierteljahrhundert Führungsarbeit für Süße Werbung, zugutekommen.

Wie sind Sie zu Süße Werbung gekommen?

Petra Dzialoschewski: Ich hatte 1985 in einem Verpackungsunternehmen in Lörrach meine Ausbildung als Industriekauffrau abgeschlossen. Mein damaliger Chef konnte mich nicht übernehmen, wusste aber, dass ein Konditormeister in Emmendingen für sein neues Unternehmen Mitarbeiter sucht. Das war Pieter Schubert. Ich habe mich bei ihm vorgestellt, während des Vorstellungsgesprächs klingelte das Telefon. Herr Schubert meinte, ich sollte doch mal rangehen. Das habe ich gemacht, und die Anfrage bedient. Als ich wieder auflegte, meinte Herr Schubert: „Sie haben den Job!“

Süße Werbung steckte damals noch in den Kinderschuhen: Wie waren die ersten Jahre für Sie?

Petra Dzialoschewski: Abenteuerlich. Wir waren zu zweit, hatten von nichts eine Ahnung und kein Geld. Nachdem die Idee aufkam, Gummibärchen als Werbeartikel ins Programm aufzunehmen, haben wir die letzte Kreditlinie in eine Gummibärchen-Abpackmaschine und eine Anzeige in der W&V investiert. Wochen später klingelte das Telefon. Ich bin mal wieder drangegangen. Am Apparat war Aral: Sie hätten gerne 140.000 Gummibärchentüten. Das konnten wir eigentlich gar nicht stemmen, haben den Auftrag aber dennoch angenommen und letztlich auch erfolgreich durchgeführt. Das war unser Durchbruch.

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Unter der Ägide von Petra Dzialoschewski und Pieter Schubert (r) entwickelt sich Süße Werbung zu einem führenden Anbieter für Werbesüßigkeiten. Hier im Bild mit dem damaligen Bürgermeister von Herbolzheim nach dem Spatenstich für den Bau einer weiteren Gummibärchenfabrik.

Innerhalb weniger Jahre hat sich Süße Werbung dann zu einem der Big Player der Branche entwickelt. Wie haben Sie das aus der Innenperspektive des Unternehmens wahrgenommen?

Petra Dzialoschewski: Den Markt für Werbesüßigkeiten, wie man ihn heute kennt, gab es damals ja noch gar nicht. Im Grunde haben wir ihn erst zusammen mit Jung Bonbon aufgebaut – wir haben z.B. auch den Werbe-Adventskalender erfunden. Solche Innovationen weckten Interesse, sodass sich der Erfolg fast von selbst einstellte. Wir haben damals jeden Auftrag gefeiert. Die Arbeit wurde jedoch immer mehr, sodass ich sie bald nicht mehr alleine bewältigen konnte. Daher haben wir nach und nach neue Mitarbeiter eingestellt, u.a. Ralf Daler, Bettina Blum und Bernd Adler, die bis heute in führenden Positionen bei Kalfany Süße Werbung sind. 1996 kam Pieter Schubert einmal nach Hause und eröffnete mir, er habe ein 20.000 qm großes Grundstück in Herbolzheim gekauft. „Du hast einen Knall“, entgegnete ich, aber in solche Sachen ließ er sich nicht reinreden und hat oft genug mit seinen Entscheidungen Weitsicht bewiesen.

Pieter Schubert und Sie waren erst beruflich, später dann auch privat ein Paar. Wie hat die Rollenaufteilung auf beruflicher Ebene zwischen Ihnen beiden funktioniert?

Petra Dzialoschewski: Er war da, einfach immer nur da, hat wahnsinnig viele Ideen entwickelt, sich aber nie um das Organisatorische gekümmert. Es war nicht sein Ding, das Büro auf Vordermann zu halten, Rechnungen auszustellen, Arbeitsprozesse am Laufen zu halten. Er wollte immer eine Mitarbeiterin haben, die für ihn schreibt. Das war ich. Aber ich war bei allen Entscheidungen involviert und habe selten das gemacht, was er gesagt hat. Es gehörte auch zu meinen Aufgaben, zu hinterfragen, was der Chef vorgibt, auch mal eine Gegenposition zu beziehen. Pieter Schubert gab nach außen immer den Strahlemann, während ich die harten Konfrontationen mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern führen musste. Controlling bei Süße Werbung – das waren ich und mein Rottweiler.

Die Rottweilerhündin Nora ist für viele Jahre treue Wegbegleiterin von Petra Dzialoschewski, begleitet sie auf Schritt und Tritt, liegt unter dem Schreibtisch, während Frauchen Telefonate führt und Büroarbeiten erledigt. Rottweiler, oft als Kampfhunde verschrien, seien wegen ihres treuen Charakters ein „Traum“, schwärmt Dzialoschewski, sie gesellschaftsfähig zu machen sei eine tolle Aufgabe. Natürlich hat es Kämpfe gegeben, wer von ihnen beiden die Chefin wäre. Am Ende siegte der Mensch und konnte sich mit dem Tier auch ohne Leine auf dem Weihnachtsmarkt des Dorfes sehen lassen. Hundezüchterin oder -trainerin – das wäre wohl auch ein Job für Petra Dzialoschewski, wenn sie irgendwann einmal Abschied nehmen würde von der Werbeartikelbranche.

Ob mit Rottweiler oder ohne – Controlling ist ja nicht unbedingt die dankbarste Aufgabe: Fanden Sie es schwierig, dass Sie immer den unangenehmen Part übernehmen, den „Bad Cop“ spielen mussten, während Ihr Chef und damaliger Mann sich im Erfolg sonnen konnte?

Petra Dzialoschewski: So war es nicht, jeder von uns war immer authentisch. Ich bin mit Sicherheit nicht bequem, aber letztlich ging es mir immer um das Wohl des Betriebs. Dazu gehört es eben auch, unangenehme Gespräche zu führen oder Personal einzustellen und wieder zu entlassen. Man braucht natürlich die mentale Kraft, Entscheidungen zu fällen, aber letztlich ging es mir gut mit meinem Aufgabengebiet. Als junge Frau hatte ich ja ein sehr hohes Ansehen, z.B. auch bei den Banken. Ich war aufgrund meiner greif- bzw. sichtbaren Leistung anerkannt, Ich war wer. Das habe ich als positiv empfunden.

Sie haben als junge Chefin keine Akzeptanzprobleme bei Ihren männlichen Mitarbeitern gespürt?

Petra Dzialoschewski: Ich habe das nicht als schwierig empfunden, vielleicht war manches Gespräch als Frau sogar einfacher, weil Leistung nicht zuletzt Respekt mit sich bringt, egal ob von Männlein oder Weiblein.

Wie war das innerhalb des Orts? Herbolzheim ist ein 10.000 Einwohner-Städtchen und Sie waren u.a. Personalverantwortliche bei einem der größten Arbeitgeber …

Petra Dzialoschewski: Trotz mancher Konflikte, die man am Arbeitsplatz hatte, war unser Ansehen sehr gut. Wir haben uns immer bemüht, ein guter Arbeitgeber zu sein, haben auch viel für den Ort unternommen, z.B. einen Jugendtreff gesponsert. Und wir haben viele Veranstaltungen für unsere Mitarbeiter mit ihren Familien organisiert: Wanderungen in die Weinberge, Nachmittage im Europapark Rust, Schwimmkurse für kleine oder Inline-Skate-Trainings für die etwas älteren Kinder. Die Familien sollten hinter ihren Vätern und Müttern stehen, die bei uns arbeiteten. Im Städtchen war ich damals die „Chefin“, für viele bin ich das übrigens auch heute noch, wenn ich zufällig ehemalige Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen treffe.

Chefin ist Petra Dzialoschewski genau genommen seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Pieter Schubert und sie hatten zum 1. Januar 2007 die Süße Werbung GmbH an die zur Zertus-Gruppe gehörende Kalfany Bonbon GmbH verkauft und privatisiert. „Wir waren gemeinsam der Meinung, wir seien auf dem Zenit“, erklärt Dzialoschewski den damals für nötig befundenen Schritt. Das Unternehmen hatte eine Größe erreicht, die beide – ein Konditormeister und eine Industriekauffrau mit Marketingkenntnissen von der Abendschule – glaubten, nicht vernünftig weiterentwickeln zu können. Schubert sehnte sich nach dem Ruhestand und machte sich zudem Sorgen, dass der Arbeitswille seiner Lebenspartnerin in einen Burnout münden könne.

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Motorradfahren ist die große Leidenschaft von Petra Dzialoschewski.

Wie war das für Sie, als Sie die Geschicke der Süßen Werbung in andere Hände legen mussten?

Petra Dzialoschewski: Das war ein sehr emotionaler Moment. Wir hatten die Firma mit unseren eigenen Händen aufgebaut, kannten sozusagen jedes Steinchen, die Außenhaut, den Maschinenpark und natürlich vor allem die Mitarbeiter. Aber wir hatten auch das Gefühl, dass „unser Baby“ jetzt alleine laufen kann. Das hat uns stolz gemacht und die Abnabelung erleichtert.

Wie ging es dann für Sie weiter?

Petra Dzialoschewski: Am Anfang war das ein wahnsinnig beglückender Moment. Wir haben uns einfach in ein Straßencafé gesetzt und konnten den Tag genießen. Dann kam eine Phase, in der wir viel durch die Welt gereist sind, aber irgendwann ist die Stimmung bei mir umgeschlagen. Wenn man immer 100% am Anschlag gearbeitet hat und fährt von einem Moment auf den anderen auf Null, dann fehlt einem etwas. Gerade für den Kopf war das zu wenig. Ich war vielleicht auch noch zu jung für ein Leben als Privatier – alle meine Freunde waren im Arbeitsprozess und hatten tagsüber keine Zeit. In dieser Phase haben sich Pieter Schubert und ich dann auch auseinandergelebt, was letztlich zur Scheidung führte.

Sie haben mit der Kaiserstuhl Chocolaterie bzw. bei Vogel’s Süsse-Werbe-Ideen 2013 einen Neuanfang gestartet: Wie kam es dazu?

Petra Dzialoschewski: Lustigerweise hatte ich bei Süße Werbung einige Auseinandersetzungen mit dem damaligen Kunden Vogel’s und hatte deshalb mit Herrn Vogels einige gepfefferte briefliche Auseinandersetzungen. Aber wir beide verfahren nach der Devise, dass man eine Tür nie ganz zuschlagen sollte und man sich immer zweimal im Leben sieht.

Vogel’s Süsse-Werbe-Ideen und die Kaiserstuhl Chocolaterie wurden Anfang des Jahres verkauft, Sie sind mehr als drei Jahrzehnte nach Ihrem Einstieg ins Business weiterhin dafür zuständig, den Vertrieb über den Werbeartikelhandel auszubauen. Wie läuft das Geschäft?

Petra Dzialoschewski: Es ist teilweise etwas schwierig, Fuß zu fassen, da viele Händler sehr lieferantentreu agieren – was ich grundsätzlich allerdings sehr schätze. Der Markt hat sich verändert, insbesondere junge Leute informieren sich mehr übers Internet. Für mich steht aber immer noch das Menschliche im Vordergrund, und ich versuche auch weiterhin, auf dieser Schiene erfolgreich zu sein. Man braucht einen langen Atem, aber ich war immer eine Kämpferin und kann mit Fug und Recht sagen: Ich habe schon viele kommen und gehen gesehen. Ich bin immer noch da.

// Mit Petra Dzialoschewski sprach Dr. Mischa Delbrouck.

Fotos: Andrea Bothe, © WA Media; Privat (2)

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