Ab dem 1. Januar 2019 ist es so weit: Das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) tritt in Kraft und löst die bisher geltende Verpackungsverordnung ab. Auch für die Werbeartikelbranche ergeben sich signifikante Änderungen. Im Gespräch mit den Werbeartikel Nachrichten erläutert Dr. Thomas Schulte-Beckhausen, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, welche Pflichten und Vorteile das deutschlandweit geltende Gesetz mit sich bringt.

Schulte Beckhausen int slider - „Das Gesetz schafft Transparenz“

Für wen gilt das Verpackungsgesetz? Sind auch Werbeartikellieferanten und -händler betroffen, die ihre Artikel nicht an private Haushalte liefern?

Dr. Thomas Schulte-Beckhausen: Die Frage, wer wohin liefert, spielt für die Anwendung des VerpackG grundsätzlich keine Rolle. Entscheidend ist, ob eine Verpackung vorliegt, die typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt. Ein Werbeartikel wie z.B. ein Kugelschreiber in einer Präsentbox ist i.d.R. für den Endverbraucher bestimmt – damit betrifft das VerpackG auch die Werbeartikelbranche. Im Gesetz wird dann zwischen Hersteller und Vertreiber der Verpackung unterschieden. Hersteller ist derjenige, der die Verpackung erstmals in Deutschland gewerblich in den Verkehr bringt. Diese Gruppe steht im Fokus des VerpackG und ist verpflichtet, sich mit allen eingesetzten Verpackungen an einem oder mehreren Systemen – ehemals Duale Systeme – zu beteiligen und sich über das Portal LUCID bei der neu geschaffenen Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zu registrieren. Das gilt auch für Importeure, da sie das Produkt zwar nicht selbst herstellen, es aber im Geltungsbereich des Gesetzes, also in Deutschland, gewerbsmäßig einführen. Wer wiederum nur für einen Dritten als Lohnhersteller und damit quasi als verlängerte Werkbank tätig ist, gilt nicht als Inverkehrbringer. So heißt es in § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG, dass ein Inverkehrbringen nicht gegeben ist, wenn ein (Lohn-)Hersteller im Auftrag eines Dritten Verpackungen befüllt und die Verpackungen an den Dritten abgibt, wenn die Verpackung ausschließlich mit dem Namen oder der Marke des Dritten oder beidem gekennzeichnet ist. In dieser Situation muss der Dritte, also das werbende Unternehmen, die Verpflichtungen aus dem VerpackG erfüllen, wenn es die Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in den Verkehr bringt.

Und wie kommt der Werbeartikelhändler ins Spiel?

Dr. Thomas Schulte-Beckhausen: Der Händler ist von einer weiteren wichtigen Neuregelung betroffen: Wenn der Hersteller seine Verpackungen nicht bei einem System angemeldet hat, dürfen die Produkte nicht vertrieben werden. Das absolute Vertriebsverbot greift auch, wenn der Hersteller sich nicht bei der ZSVR registriert hat. Um sicherzustellen, dass kein Vertriebsverbot gilt, sollten Händler selbst in der öffentlich zugänglichen LUCID-Datenbank prüfen, ob ihr Lieferant mit diesen Verpackungen registriert ist. Wenn Werbeartikelhändler sich darüber hinaus nicht darauf beschränken, gelieferte Ware im Originalzustand weiterzuleiten, sondern selbst Präsent- bzw. Schmuckverpackungen einsetzen, gelten sie als Hersteller und müssen sich und ihre eingesetzten Verpackungen entsprechend registrieren und an einem oder mehreren Systemen beteiligen.

Welche Folgen hat ein Versäumnis der neuen gesetzlichen Vorgaben?

Dr. Thomas Schulte-Beckhausen: Wer bis zum 1. Januar 2019 nicht bei der Zentralen Stelle registriert ist, unterliegt einem absoluten Vertriebsverbot. Meines Erachtens ist die ZSVR dann befugt, Informationen an die zuständigen Vollzugsbehörden der jeweiligen Bundesländer weiterzugeben. Auch aufmerksame Wettbewerber können LUCID nach ihrem Konkurrenten durchforsten; wenn dieser dort nicht registriert ist, gleichwohl Verpackungen in den Verkehr bringt, verstößt das gegen §3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), den sogenannten Rechtsbruchtatbestand. Darauf gestützt kann der Mitbewerber ein absolutes Vertriebsverbot gerichtlich auch im Wege einer einstweiligen Verfügung gegen einen solchen Konkurrenten durchsetzen. Das Vertriebsverbot gilt außerdem auch, wenn der Inverkehrbringer nicht bei einem System gemeldet ist. Somit ist das VerpackG darauf ausgelegt, Trittbrettfahrer auszuschließen – ein ganz klarer Vorteil des neuen Gesetzes, insbesondere für gesetzestreue Wettbewerber. Zudem können bei Versäumnissen Geldbußen verhängt werden: Wer seine Verpackung nicht an einem System beteiligt, dem droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 200.000 Euro, für die fehlende Registrierung bei der Zentralen Stelle werden bis zu 100.000 Euro fällig. Das Vertriebsverbot ist aber sicherlich die wichtigste Sanktion. Da der Registrierungsaufwand nicht übermäßig groß ist – Importeure mit großem Produktportfolio ausgenommen –, wäre es wirklich kurzsichtig, sich nicht gesetzeskonform zu verhalten.

Was kommt zusätzlich zur Registrierung bei der Zentralen Stelle und der Beteiligung an einem Dualen System auf die Branche zu?

Dr. Thomas Schulte-Beckhausen: Neu ist der Aufwand, den Inverkehrbringer mit der Datenmeldung sowie der Vollständigkeitserklärung betreiben müssen. Bei der Beteiligung an einem Dualen System muss die Plan-Menge angegeben werden – die Verpackungen, die der Hersteller plant, in den Verkehr zu bringen. Einmal im Jahr müssen die Hersteller dann die Ist-Menge an das System melden. Alle Angaben, die der Hersteller zu Verpackungen im Rahmen der Systembeteiligung macht, sind auch der Zentralen Stelle zu übermitteln. Je nach Größe des Unternehmens kann es sinnvoll sein, quartalsweise Meldungen vorzunehmen, um die Datenmenge übersichtlicher und die Vorhersagen sicherer zu halten. Die Vollständigkeitserklärung kommt erst bei der Überschreitung gewisser Bagatellmengen zum Tragen. Wer z.B. mindestens 30 t Kunststoffverpackungen, 50 t Papier-, Papp-, oder Kartonverpackungen und 80 t Glasverpackungen einsetzt, muss einmal im Jahr bis jeweils zum 15. Mai des Folgejahres eine entsprechende Erklärung abgeben; zum 15. Mai 2020 ist die Erklärung erstmals fällig. Hier müssen Materialart und -menge der tatsächlich in Verkehr gebrachten Verpackungen angegeben werden, die Ist-Menge. Das Ganze ist durch einen registrierten Sachverständigen zu testieren, den das jeweilige Unternehmen aus der Liste registrierter Prüfbefugter auf der Website der Zentralen Stelle auswählen kann.

Können Betroffene Unterstützung beim Procedere suchen?

Dr. Thomas Schulte-Beckhausen: Prinzipiell schon, allerdings muss der Hersteller zwei Dinge unbedingt selbst erledigen und kann sie nicht an Dritte übertragen: die Registrierung bei der Zentralen Stelle und die Datenmeldung an die Zentrale Stelle. Derjenige, der produktverantwortlich ist, muss hier selbst agieren. Mit dieser Maßnahme soll das VerpackG Missbrauch durch Hersteller, aber auch durch die Systeme, vorbeugen. In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass einzelne Hersteller versucht haben, einen Teil ihrer Verpackungen durch die Einbeziehung Dritter aus Systemen herauszurechnen, um für deren Entsorgung nicht finanziell aufkommen zu müssen. Hier zeigt sich ein weiterer, essentieller Vorteil des VerpackG: Transparenz. Das Gesetz legt noch klarer als die vorherige Verpackungsverordnung fest, welche Verpackungen miteinbezogen werden müssen. Darüber hinaus wird u.a. durch das Portal LUCID das Verhalten aller Marktteilnehmer so transparent gemacht, dass die Möglichkeit des Trittbrettfahrens ausgeschlossen ist. Man kann sich nicht hinter einem Dritten verstecken und ist direkt für seine produzierten Verpackungen verantwortlich.

// Mit Dr. Thomas Schulte-Beckhausen sprach Claudia Pfeifer.

Verpackungsgesetz

Am 1. Januar 2019 tritt das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft und löst die 1991 ins Leben gerufene Verpackungsverordnung ab. Das Gesetz betrifft alle Erstinverkehrbringer von „systembeteiligungspflichtigen“ Verkaufsverpackungen, d.h. Verpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher oder gleichgestellten Anfallstellen (Kinos, Gaststätten, Hotels, Kliniken, Kantinen etc.) als Abfall anfallen und somit bei einem System (ehem. Dualem System) angemeldet sein müssen. Darunter fallen auch Serviceverpackungen, Versandverpackungen z.B. aus dem Online- Handel (wie Karton und Füllmaterial) sowie Umverpackungen. Vor dem gewerbsmäßigen Inverkehrbringen muss sich der Hersteller bei der neu geschaffenen Bundesbehörde Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) registrieren, das Verpackungsregister LUCID ist öffentlich einsehbar. Zudem muss eine Meldung bei einem System (wie z.B. Der Grüne Punkt, Landbell oder Zentek) erfolgen. Der Hersteller muss die in Verkehr gebrachte Masse und Materialart der Verpackung (Ist-Menge) darüber hinaus einmal im Jahr dem gewählten System und der Zentralen Stelle melden. Ab einer bestimmten Verpackungsmenge ist eine testierte Vollständigkeitserklärung erforderlich. Die Systeme sind ab dem 1. Januar 2019 verpflichtet, mit den Systembeteiligungsentgelten Anreize zu schaffen, um umweltfreundliche Verpackungen zu fördern. Weitere Informationen zum VerpackG finden sich auf der Website des ZSVR. Dort gibt es u.a. auch einen How-to-Guide zum Download. Über die wichtigsten Belange für die Werbeartikelbranche klärt darüber hinaus der GWW (Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e.V.) im Mitgliederbereich seiner Homepage auf.

www.gww.de
www.verpackungsgesetz-info.de
www.verpackungsregister.org

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