Bei Verletzung einer Unionsmarke (EU-Marke) kann der Inhaber in vielen Fällen einen Unterlassungsanspruch vor einem deutschen Gericht durchsetzen und eine Entscheidung erstreiten, die in der gesamten EU gilt. Dieser zentrale Vorteil der Unionsmarke wird durch ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) geschwächt: Bei Markenverletzungen im Internet muss in vielen Fällen künftig die Klage am Sitz des Verletzers erhoben werden. Die Durchsetzung von Ansprüchen vor einem deutschen Gericht ist nur auf der Grundlage einer nationalen deutschen Marke gesichert (BGH, Urt. v. 9.11.2017, Az. I ZR 164/16 – „Parfummarken“).

Hintergrund

In dem entschiedenen Fall wollte die Klägerin, Inhaberin zahlreicher für Parfümeriewaren eingetragener Unionsmarken, Ansprüche wegen der Verletzung dieser Marken geltend machen. Die Beklagte handelt mit Parfüm- und Kosmetikartikeln und hat ihren Geschäftssitz in Italien. Sie unterhält einen Internetauftritt unter einer italienischen Top-Level-Domain (.it), der auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Der Internetauftritt eröffnet keine direkte Bestellmöglichkeit, aber die Vermittlung von Verkäufen nach Deutschland. Nachdem die Beklagte zahlreiche Parfüms mit den Marken der Klägerin nach Deutschland hatte liefern lassen, erhob die Klägerin wegen dieser Markenverletzung Klage vor dem Landgericht München.

Rechtlicher Rahmen 

Der Rechtsstreit drehte sich im Wesentlichen um die Frage, ob die sogenannte „internationale Zuständigkeit“ der deutschen Gerichte besteht. Die Einzelheiten dieser prozessrechtlichen Frage würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Kurz zusammengefasst kommt es auf die Frage an, an welchem Ort eine Verletzungshandlung (also die Handlung, die die Markenverletzung verursacht) im Sinne der Unionsmarkenverordnung begangen wird. Dazu hat der BGH entschieden, dass bei einer Verletzungshandlung über das Internet dies nicht der Ort ist, an dem die Internetseite abgerufen werden kann, sondern der Ort, an dem die Internetseite kontrolliert werde. Im Streitfall sei davon auszugehen, dass die Internetseite am Sitz des Anbieters in Italien kontrolliert werde, sodass die Verletzungshandlung in Italien begangen worden sei. Für die Verletzung einer nationalen deutschen Marke spielen die Vorgaben der Unionsmarkenverordnung jedoch keine Rolle. Insoweit bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach anderen prozessualen Regeln. Insbesondere besteht eine internationale Zuständigkeit an den Orten des Staates, in dem die Marke geschützt ist. Verletzt der Beklagte also aus dem Ausland heraus eine nationale deutsche Marke, kann er nach Wahl des Klägers entweder vor einem deutschen oder vor einem ausländischen Gericht verklagt werden.

Folgen für die Praxis

Die „Parfümmarken“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat große Bedeutung für die Anmeldestrategie: Während dem Markeninhaber im Falle der Verletzung einer nationalen deutschen Marke regelmäßig der Weg zu den deutschen Gerichten offensteht, ist ihm dieser Weg bei der Verletzung einer Unionsmarke unter Umständen verschlossen: Wurde die Verletzung – im geschilderten rechtlichen Sinne – in einem anderen Mitgliedsstaat begangen, müssen Ansprüche regelmäßig vor ausländischen Gerichten durchgesetzt werden. Dies führt nicht nur zu erheblich höheren Kosten, sondern in manchen Ländern wie z.B. Italien oder Spanien zu jahrelangen Verzögerungen in der Durchsetzung. Markeninhaber, die ihre Markenrechte vor deutschen Gerichten durchsetzen wollen, sollten daher ihr Markenportfolio überprüfen. Insbesondere wenn Markenverletzungen über das Internet drohen, empfiehlt es sich – trotz aller Vorteile des Unionsmarkensystems –, die eigenen Zeichen zusätzlich durch nationale deutsche Marken zu schützen. Nur dann ist sichergestellt, dass Ansprüche wegen einer Verletzung der Marke vor einem deutschen Gericht durchgesetzt werden können.

// Dr. Stefan Maaßen

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