Lange Zeit hat die Werbeartikelbranche den Anschluss an die Digitalisierung verschlafen. Nun drängen branchenfremde Unternehmen mit großem Know-how und viel Kapital auf den Markt. Amazon und Alibaba setzen Standards in Sachen Lieferzeiten und weltweiter digitaler Vernetzung, Online-Druckereien haben bereits Tools zur Individualisierung implementiert und zeigen sich interessiert am Spielfeld haptische Werbung. Doch bei aller Sorge vor den anstehenden Umwälzungen – in dieser Entwicklung steckt auch viel Potenzial.

eppi132 Slider 965x355 - Disruptoren in der Werbeartikelbranche: Wer hat Angst vor Amazon?

Schwerer Schlag für Jeff Bezos: Dem Bloomberg Billionaires Index vom 18. November d.J. zufolge ist der Amazon-Gründer nicht mehr der reichste Mensch der Welt. Microsoft-Milliardär Bill Gates soll mit einem Vermögen von 110 Mrd. US-Dollar an Bezos (Vermögen: 109 Mrd. US-Dollar) vorbeigezogen sein. Noch im Sommer 2018 hatten mehrere Medien verkündet, Bezos‘ Vermögen belaufe sich auf mehr als 150 Mrd. US-Dollar. Doch falls jemand darin ein Indiz für schlechter laufende Amazon-Geschäfte sehen sollte – weit gefehlt: Der Grund für die kleine 40 Mrd.-Dollar-Delle ist rein privater Natur: Bezos hat im Sommer eine recht teure Scheidung hinter sich gebracht. Verglichen mit Bezos und Gates nehmen sich die kolportierten knapp 40 Mrd. US-Dollar Vermögen, die dem Alibaba- Gründer Jack Ma zugeschrieben werden, geradezu bescheiden aus. Doch auch Ma ist nicht einfach nur einer von derzeit geschätzten 1.800 chinesischen Dollar-Milliardären, sondern ihr wohlhabendster – er gilt gemeinhin als der reichste Mensch Chinas und besitzt in etwa so viel, wie z.B. die komplette deutsche Werbeartikelbranche in zehn Jahren umsetzt.

Zwei Giganten

Was Bezos und Ma eint: Sie sind durch Online-Handelsplattformen zu ihrem unermesslichen Reichtum gekommen. Amazon (1994 gegründet) und Alibaba (1999 gegründet) sind Ikonen des Online-Business und haben die Maßstäbe für erfolgreiches Online-Shopping gesetzt. Amazon, als Versandhandel für Bücher gestartet, sieht sich selbst als weltweit führender B2C-Marktplatz für Güter aller Art. Die Geschäftsidee basiert nicht zuletzt auf der angeschlossenen Logistik, die rasant schnelle Lieferungen – teilweise binnen 24 Stunden – zum Standard gemacht hat. Alibaba dagegen ist eine B2B-Handelsplattform, auf der v.a. asiatische, aber auch immer mehr andere international aufgestellte Lieferanten ihre Produkte an Unternehmen in aller Welt anbieten. Beide Unternehmen sind bestrebt, zu expandieren, und entwickeln permanent neue Geschäftsbereiche – von Clouddiensten bis zum Filmstreaming. Seit 2015 ist Amazon mit Amazon Business auch erfolgreich im B2B-Segment tätig, während Alibaba vor rund einem Jahr mit der Nachricht aufhorchen ließ, ein Logistikzentrum in Belgien erworben zu haben. Amazon wiederum drängt auf den chinesischen Markt, Alibaba nimmt zusehends die westlichen Märkte in Visier. Aus der Entfernung betrachtet mag es gewissermaßen unterhaltsam sein, einem solchen Kampf der Giganten beiwohnen zu können. Das Problem ist nur: Im Internetzeitalter gibt es keine Entfernung mehr. Jeder Fußtritt von Amazon oder Alibaba in ein neues Marktsegment löst aufgrund der Dynamik und der Kapitalmacht dieser beiden Unternehmen Erschütterungen aus, die ganze Branchen erzittern lassen. Vielfach spricht man daher nicht mehr voller Bewunderung von den beiden „A-Brands“ des Online-Business, sondern voller Furcht von den sogenannten Disruptoren, die tradierte Distributionsstrukturen aufbrechen, Märkte durcheinanderwirbeln und Margen ruinieren.

Auch im Werbeartikelmarkt geht die Sorge um, dass Disruptoren aus dem Online-Business immer stärker das Feld haptischer Werbung für sich entdecken und etablierte Marktplayer verdrängen könnten. Jüngst wies etwa Cor van Engelenhoven, der Gründer und CEO des niederländischen Online-Werbeartikelhändlers Maxilia, im niederländischen Branchenmagazin PromZ Vak auf die Bedeutung von Alibabas Expansion in Richtung Logistik für die Werbeartikelbranche hin. Sollte Jack Ma Ernst machen mit seiner Ankündigung, dass der Online-Pionier aus Hangzhou in zwei Jahren so weit sei, jeden Europäer mit Alibaba-Produkten innerhalb von drei Tagen zu beliefern, so van Engelenhoven, dann brauche niemand mehr ein Unternehmen wie das seine oder midocean.

Noch klafft zwischen Vision und Status Quo allerdings eine gewaltige Lücke. Wer auf der Alibaba-Plattform Geschäftsabschlüsse tätigen will, braucht ein Mindestmaß an Import-Know-how und eine Ahnung von der Bedeutung sogenannter Incoterms wie FoB und CIF. Ebenso müssen User bereit sein, über sprachliche Mängel bis hin zu verbalen Fehltritten hinwegzusehen. Ein Anbieter von iPhone-Hüllen aus Carbon etwa wirbt u.a. mit der Schönheit chinesischer Frauen für den Besuch seines Lands und seiner Factory: „Great foods, great girls, great view are waiting for you“, verspricht Tyger Lee von Doolike – das könnte auch auf der Website eines FKK-Clubs stehen. Und so ist Alibaba eben – Stand jetzt – noch keine umfassend genutzte Alternative für Unternehmen, die lediglich schnell, unkompliziert und auf seriöse Weise ihre Produkte für den Geschäftsbedarf einkaufen wollen. Bislang wird der chinesische Online-Riese v.a. als Wettbewerb fürs klassische Importgeschäft gesehen – noch nicht für den Handel.

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Alibaba-Zentrale in Hangzhou: Der chinesische B2B-E-Commerce-Gigant richtet sein Augenmerk zunehmend auf die westlichen Märkte.

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Expresslieferung, transparent und simpel: Die Geschäftsidee von Amazon & Co. basiert auf der angeschlossenen Logistik.

Kommt das Werbeartikel-Amazon?

Anders bei Amazon: Der weltgrößte Online-Händler wird oft für das Sterben des stationären Einzelhandels mitverantwortlich gemacht. Seitdem Amazon 2015 den Bereich Amazon Business gestartet hat, sieht sich zudem auch der Fachhandel zunehmend mit dem Giganten aus Seattle konfrontiert. Der Dienst für Geschäftskunden wurde mit Funktionen wie Firmen-Konten mit mehreren Nutzern oder der Integration gängiger Einkaufs-Software auf die Bedürfnisse des B2B zugeschnitten, ist mittlerweile in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den USA, Indien und Japan verfügbar und äußerst erfolgreich: 2018 veröffentlichte Amazon Zahlen, nach denen die Business-Sparte einen hochgerechneten Jahresumsatz von 10 Mrd. US-Dollar einspielte. Vom klassischen Geschäftsbedarf bis zum Werbeartikel ist der Weg nicht mehr weit, zumal Amazon auch bereits den Bereich der Individualisierung mit abdeckt. In Amazon Custom haben Anbieter die Möglichkeit, Produkte einzustellen, die mit Texten, Logos oder weiteren Produktkonfigurationen an die Wünsche der Kunden angepasst werden können. Einen eigenen Werbeartikelbereich hat Amazon jedoch (noch) nicht – das kürzlich beendete Programm Amazon Giveaway war trotz seines Namens eines für Gewinnspiele, keines für Werbeartikel.

Doch das Beispiel zeigt: Amazon ist innovativ und probiert auch gerne einfach mal was aus. Ist es daher nur eine Frage der Zeit, bis Amazon auch den internationalen Werbeartikelmarkt für sich entdeckt? Eher nicht, vermutet Marcus Schulz, einer der Gründer des mittlerweile in zehn europäischen Ländern operierenden Werbeartikel-Online-Pioniers Giffits: „Amazon wird den Werbeartikelmarkt auf der Agenda stehen haben, aber ich vermute eher relativ weit unten. Sie operieren ja recht pragmatisch, und die Branche ist mit z.B. 3,5 Mrd. Euro Umsatz in Deutschland eher unbedeutend. Da steht der Aufwand, sich diesen Markt zu erschließen, in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag.“ Auch Pascal Ritter, Leiter des Geschäftsbereichs Give aways beim Online-Drucker Flyeralarm sieht Amazon im Sortimentsbereich „aktuell nicht als Wettbewerber. Jedoch beobachten wir natürlich die Entwicklungen genau. Amazon hat schon häufig bewiesen, bei Markteintritt die geltenden Regeln zu verändern.“ Momentan spricht auch die Margenpolitik von Amazon gegen einen Einstieg in den Werbeartikelmarkt. Mehr als 15% vom Verkaufspreis behält Amazon bei den meisten Produkten für sich ein, da ist die Marge eines Werbeartikelhändlers schnell komplett aufgebraucht. Das allerdings ist natürlich eine unternehmerische Entscheidung, die jederzeit geändert werden könnte.

Doch selbst wenn Amazon derzeit noch kein Interesse am Werbeartikelmarkt öffentlich angemeldet hat, wird womöglich ein anderes Online-Unternehmen eine vergleichbare Position einnehmen. Schulz z.B. ist sich sicher: „Auf Sicht wird der Werbeartikel von Unternehmen, die in der Digitalisierung zuhause sind, übernommen werden. In fünf bis zehn Jahren wird es ein weltweit operierendes Werbeartikel-Amazon geben.“

Werbung für den Werbeartikel

Auch zu einer Marktbereinigung werde es kommen. „Gewinner werden die Unternehmen sein, die groß und kapitalstark sind. Und im Online-Bereich gibt es letztlich eigentlich immer nur einen Gewinner“, so Schulz. Jürgen Geiger, Chef des Kalender- und Haftnotizherstellers Geiger-Notes AG, hat sich ebenfalls intensiv mit den Folgen der Digitalisierung für die Werbeartikelbranche beschäftigt und mit mypromo ein eigenständiges Unternehmen ins Leben gerufen, das die Angebote von Lieferanten bündelt, um sie über Händler als One-Stop-Shop-Lösung online direkt zu verkaufen. Auch Geiger ist sich sicher, dass „eine Marktbereinigung stattfinden wird“. Dabei jedoch, so Geiger, „werden nicht unbedingt die Großen die Kleinen überleben, sondern die Schnellen die Langsamen.“ Zudem scheint eine weitere Aufweichung der Distributionsstrukturen denkbar: „Die traditionellen Grenzen zwischen Lieferanten und Herstellern sowie Händlern werden immer weiter aufgeweicht“, so Ritter, der aber weit davon entfernt ist, Amazon „immer nur als Gefahr zu sehen. In manchen Bereichen sind sie auch Vorreiter. Die absolute Kundenorientierung beispielsweise ist beeindruckend.“

Als klassische Online-Druckerei sehr erfolgreich seit der Gründung vor 17 Jahren durchgestartet, beschäftigt Flyeralarm heute mehr als 2.300 Mitarbeiter aus 70 Nationen und konnte letztes Jahr einen Umsatz von 350 Mio. Euro verbuchen. Die Rolle als Disruptor hat Flyeralarm im klassischen Druckgeschäft längst inne und könnte sie dank gesteigerter Aktivitäten auch im Markt der haptischen Werbung übernehmen. Doch das muss keineswegs nur kritisch gesehen werden: „Flyeralarm macht Werbung für den Werbeartikel und sorgt so dafür, dass der Kuchen insgesamt etwas größer wird“, findet Geiger, und Schulze ergänzt: „Flyeralarms Aktivitäten tun dem ganzen Markt gut. Je mehr Kunden lernen, digitale Prozesse umzusetzen, desto professioneller wird die Abwicklung rund um den Werbeartikel vonstattengehen.“

Auch Ritter selbst sieht sein Unternehmen als „Digitalisierungs-Treiber“ der Branche. Zudem werde „ein Markt durch Digitalisierung erfahrungsgemäß niedrigschwelliger: Preise für Produkte und Dienstleistungen sinken in aller Regel.“ Folge: Für Unternehmen, die Werbeartikel aufgrund der Kosten und schwierigen Abwicklung bisher gemieden haben, wird haptische Werbung zu einem problemlos einsetzbaren Marketingtool. Insofern vergrößert der Einstieg von Online-Druckereien die Reichweite für alle Werbeartikelplayer. Das sieht auch Uli Geyer, Marketingleiter von Wir machen Druck, so: „Werbeartikel galten lange als teuer. Mit diesem Vorurteil konnten wir aufräumen, indem wir klassischen Druckkunden in unserem Shop auch Werbeartikel zu erschwinglichen Preisen zeigen.“ Wir machen Druck gehört ebenso wie die niederländische Schwester Vistaprint zur international operierenden Cimpress-Group, die allein durch die beiden Schreibgeräte-Töchter National Pen und Goldstar eine Nähe zum Werbeartikelmarkt aufweist.

Dritte Welle des E-Commerce

Aber auch, wenn – um die Titelfrage zu beantworten – niemand Angst vor den Distributoren haben sollte, klar ist, dass Amazon & Co. den Markt der letzten Jahre massiv verändert haben und das auch weiterhin tun, insbesondere weil sie Standards setzen, an denen sich alle Marktplayer orientieren müssen. „Amazon prime hat mit seiner Same-Day-Delivery-Politik Maßstäbe gesetzt, die auch in den B2B-Bereich übertragen werden. Die Lieferzeiten haben sich im Werbeartikelmarkt bereits drastisch verkürzt und werden es weiter tun“, erläutert Schulz. Ritter ergänzt: „Kleine Stückzahlen und Liefergeschwindigkeit sind künftig erfolgskritische Faktoren im Werbeartikelmarkt.“ Stolz ist man bei Flyeralarm z.B. darauf, dass es dank Druck-Know-how und digitaler Prozessabwicklung gelungen ist, im Siebdruck-Verfahren bedruckte Baumwolltaschen im Overnight-Liefermodus anbieten zu können.

One-Stop-Shopping, direktes Payment, Transparenz durch Referenzen, verlässliche Lieferungen innerhalb weniger Tage – all das ist ein Komfort, den User aus dem B2C kennen- und schätzengelernt haben und den sie gerne auch auf das B2BGeschäft übertragen wollen. Die Digitalisierung – vielfach problematisiert – bietet eben auch entscheidende Vorteile. „Die Digitalisierung bei den Abwicklungsprozessen – Druckdatenhandling und -optimierung, Freigabeprozesse, Auftragserteilung an Zulieferer etc. – spart viel Zeit und Geld“, konstatiert Geiger und ist sich sicher: „Der demographische Wandel wird dazu beitragen, dass die Zahl der User, die ihren Einkauf auch im B2B online tätigen wollen, und zwar inkl. Druckdatenhandling, weiter wächst. Auch das klassische Arbeitszeitmodell löst sich immer mehr auf. Es ist daher unerlässlich, dass Einkäufe rund um die Uhr getätigt werden können.“ Nun hat die Branche selbst im kleinen Einmaleins des Online-Shoppings noch Nachholbedarf. Viele Shops fungieren bislang nur als erste Orientierung und Anlaufstelle im Netz. Zwar findet der User oft mehrere Tausend Artikel – aber vielen von Händlern betriebenen Shops mangelt es schon an einer vernünftigen Payment-Lösung, von digitaler Musterfreigabe ganz zu schweigen. Werbeartikeleinkäufer sind daher gezwungen, per Telefon Kontakt zum Unternehmen aufzunehmen – ein umständlicher Weg, den viele meiden und der sie mitunter dazu veranlasst, auf andere Werbemedien zu setzen.

Doch selbst wenn diese Standards alle funktionieren, ist das Potenzial des Onlinevertriebs haptischer Werbung noch nicht ausgereizt, die „Grenzen der Digitalisierung im Werbeartikelmarkt“, laut Ritter, „noch lange nicht erreicht“. Schulz sieht Unternehmen mit einer großen Datenbasis auch bei der Produktauswahl im Vorteil, weil sie den Kunden punktgenaue Lösungen für Aufgabenstellungen präsentieren können. „Wir befinden uns in der dritten Welle des E-Commerce, die in einem kurzfristigen Zeitraum den Mensch aus den Kaufprozessen immer weiter entfernen wird. Es mag im Werbeartikelmarkt weiterhin Produktentwicklungen geben, für die es die Kreativleistung von Menschen braucht, aber für ca. 80% der gesuchten Produkte bietet der Algorithmus die perfekte Lösung. Und das ist eine Basis, mit der große Unternehmen sicher arbeiten werden.“ Zumal die Kreativität nicht auf der Strecke bleiben muss, findet Schulz. „Eine coole Tasse mit interessantem Aufdruck und Personalisierung – das können Mensch und Maschine. Die digital generierte Lösung steht der vom Menschen erdachten in nichts nach. Im Prinzip kennt die Maschine die Lösung bereits, noch bevor der Kunde überhaupt weiß, dass er etwas sucht.“

Online-Drucker auf dem Vormarsch

Weite Teile der Werbeartikelbranche – man muss es so deutlich sagen – haben die Entwicklung im Bereich der Digitalisierung verschlafen. Viele ruhten sich auf alten Kontakten aus, darauf, dass der Markt der haptischen Werbung ein Face-to-Face-Business sei, vertrauten darauf, dass die Prozesse zu kompliziert seien, um sie digital abzubilden, dass quasi jeder Auftrag individuell neu aufgesetzt werden muss. Doch die Fokussierung auf das persönliche Gespräch ist nicht mehr zeitgemäß. „Der Markt und das Kaufverhalten der Kunden verändern sich“, hat Ritter registriert. „Hier macht sich ein beginnender Wandel in der Branche, bedingt durch die nachrückende, digital geprägte Generation bemerkbar.“ Ritters Arbeitgeber kommt aus einer Branche, in der die Digitalisierung schon sehr viel weiter fortgeschritten ist: der Druckbranche. Flyeralarm gilt als einer der Vorreiter des Online-Drucks. Marktbegleiter wie das deutsche Unternehmen Wir machen Druck oder dessen niederländische Schwester Vistaprint, Instaprint in Großbritannien oder Chroma in Polen verzeichneten in den letzten Jahren ebenfalls rasantes Wachstum. Sie haben die Druckindustrie nachhaltig verändert und beherrschen die Digitalisierungsprozesse, die viele Werbeartikler sich erst noch mühsam aneignen müssen, aus dem Effeff. Sie verfügen über die digitale Infrastruktur, jede Menge Kapital und dementsprechende Manpower und einen Bekanntheitsgrad, der weit über ihre ursprünglichen Geschäftsbereiche hinausgeht. V.a. – und das unterscheidet sie maßgeblich von Amazon & Co. – besitzen sie Maschinenparks und jede Menge Druck-Know-how, was für die Individualisierungsprozesse von großem Vorteil ist.

Kein Wunder, dass sich immer mehr Online-Druckereien auch im Werbeartikelmarkt umschauen und aktiv werden. Vistaprint hat für Werbeartikel mit Promotique ™ eine eigene Marke innerhalb des Online-Angebots geschaffen. Wir machen Druck stellt seit diesem Jahr auf der PSIMesse aus. „Wir haben bereits kurz nach der Gründung im Jahr 2008 die ersten Werbeartikel in unser Angebot aufgenommen und sehen uns von jeher als Partner der Branche“, so Geyer. „Derzeit nehmen Werbeartikel bei uns nur einen geringen einstelligen Prozentsatz unseres Gesamtumsatzes ein – gleichwohl sehen wir in diesem Markt noch ein großes Wachstumspotenzial.“ Und Flyeralarm hat 2017 den Geschäftsbereich Flyeralarm Give Aways gegründet und diesen innerhalb von zwei Jahren massiv verstärkt. 400 Werbeartikel sind im Hauptshop gelistet, ein eigener Werbeartikel-Webshop führt sogar 4.300 Produkte auf. Die Mannschaft bearbeitet pro Jahr eine fast sechsstellige Zahl an Kundenaufträgen aus 15 europäischen Ländern, und mit eigenen Beraterteams soll ab 2020 auch das Fullservice-Geschäft angekurbelt werden. Nach eigenem Selbstverständnis hat das Unternehmen auch im Bereich Werbeartikel „das Ziel Marktführerschaft bereits erreicht“, so Ritter.

Obwohl das Unternehmen eine Vorreiterrolle im Bereich der Digitalisierung einnimmt, ist es dabei übrigens durchaus auch auf analogen Kanälen unterwegs: Das Werbeartikelprogramm wird auf 142 Seiten in einem eigenen, haptisch geprägten Katalog vorgestellt, und den Ausbau des Fullservice-Geschäfts soll ein kompetentes Beraterteam vorantreiben. Auch Geiger weiß aus eigener Erfahrung von der Power der Online-Druckereien zu berichten: „Um mal die Dimensionen und die Marktmacht zu veranschaulichen: Wir haben mit einem Kunden aus dem Segment der Online-Druckereien und einem Produkt in zehn Wochen mehr Umsatz erwirtschaftet als mit einer Händlergemeinschaft mit all unseren Produkten im ganzen Jahr.“

Lösungen für Händler

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Digital-Pionier auf analogen Pfaden: Der Onlinedruckspezialist Flyeralarm unterhält inzwischen mehrere Kundencenter und hat einen eigenen Werbeartikelkatalog auf den Markt gebracht.

Für Geiger war diese Erkenntnis die Initialzündung, selbst ins Online-Business zu investieren: „Die Online-Druckereien bieten ihren Kunden verlässliche Lieferzeiten, ein klar umrissenes Programm an Standardartikeln und feste Preise. Das sind klare Vorteile, auf die der klassische Werbeartikelhandel bislang keine Antwort weiß. One-Stop-Shopping gibt es in der Branche bislang nicht. mypromo will das ändern.“ Die Idee hinter mypromo ist fast eine Art genossenschaftlicher Ansatz. Kleine Werbeartikelhändler können nicht die Investitionen tätigen, die nötig sind, um gut performende, auf die Bedürfnisse des Werbeartikelmarkts ausgerichtete Onlineshops anzubieten. mypromo bietet diesen Händlern eine White Label-Lösung. Kunden der Händler haben über mypromo dann die Möglichkeit, direkt auf ausgewählte Standardprodukte von teilnehmenden Lieferanten zuzugreifen, um diese veredelt zu bestellen. Ein automatisiertes Druckdatenhandling und integrierte Payment-Lösungen machen mypromo zum angekündigten One-Stop-Shop. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, die mypromo-Technologie in bestehende E-Commerce-Systeme zu integrieren. Ähnliche Services bietet auch Wir machen Druck dem Werbeartikelhandel. „Über verschiedene Portallösungen und API-Anbindungen stellen wir Werbeartikelhändlern geschlossene Beschaffungsportale und offene Reseller-Shops zu Verfügung oder fungieren als deren Produktionseinheit – alle individuell angepasst und mit Zugriff auf unsere gesamte Produktpalette“, erläutert Geyer, der den High-End-Bereich weiterhin dem traditionellen Werbeartikelhandel überlassen möchte, da dieser sich „nicht so einfach automatisiert bedienen lässt.“ Auch Geiger kennt die Tücken der Praxis nur zu gut. So ist bei vielen Produkten der klassische Veredelungsweg nicht der Digitaldruck. Das bereitet Probleme bei der Aufbereitung der Daten: „Für bestimmte Druckdaten müssen vektorisierte Dateien angelegt werden. Wir haben daher extra einen Vektorisierer entwickelt“, berichtet Geiger, der bereits „einen üppigen siebenstelligen Eurobetrag“ in sein neues Projekt investiert hat.

Viele der Unternehmen, die auf das mypromo-Tool bauen, tun es aus Überzeugung, manche auch aus Angst, von der Digitalisierungswelle hinweggespült zu werden, wie Geiger berichtet. Er selbst unterstreicht die Chancen der Digitalisierung und sieht „mypromo als Ergänzung zum klassischen Geschäftsmodell des Werbeartikelberaters. Es geht darum, kleine, mittlere Aufträge mit Standardprodukten zumeist im dreistelligen Euro-Volumen automatisiert umzusetzen, um sich auf die eigentliche Arbeit konzentrieren zu können: die Beratung und Kundenbetreuung. Qualität, Beratung und Online-Vertriebswege schließen sich nicht aus.“ Geiger, der die Werbeartikelbranche seit mehr als 35 Jahren kennt, glaubt auch nach wie vor an ein Nebeneinander verschiedener Strategien. „Die Werbeartikelwelt ist und bleibt ausgesprochen vielfältig und heterogen – in Produkten, Technologien und Vertriebswegen. Digitalisierung in der Werbeartikelwirtschaft kann nur dann wirklich erfolgreich sein, wenn sie möglichst große Teile dieser Vielfalt abbildet, indem sie nicht nur digitale Einbahnstraßen liefert, sondern die Marktteilnehmer digital in alle Richtungen vernetzt.“

Die Digitalisierung – so viel steht fest – ist nicht aufzuhalten. Der Werbeartikelmarkt lebt nicht in einer Blase, man wird sich an die veränderten Rahmenbedingungen und Einkaufsgewohnheiten anpassen müssen. Online wird ein immer wichtigerer Vertriebskanal werden – ob es der dominante oder gar der einzige sein wird, wird die Zukunft zeigen. Es drängen branchenfremde Unternehmen in den Markt – doch diese Disruptoren muss niemand fürchten, der sein Unternehmen zukunftsorientiert aufstellt. Disruptoren haben kein Interesse daran, Märkte kaputtzumachen, sondern eher daran, sie aufzubauen. Und sie tragen mit Know-how und Kapital dazu bei, die Branche zu professionalisieren. Der Wettbewerbsdruck, auch davon ist auszugehen, wird zunehmen, allerdings können neue Kundenpotenziale erschlossen werden. Und gut gemachte digitale Lösungen helfen dabei, Zeit zu sparen, die in die Betreuung von Großkunden und die strategische Weiterentwicklung des Geschäfts investiert werden kann. Gutes Geld sollte man daher mit haptischer Werbung auch in Zukunft verdienen können. Wenn auch sicher nicht in dem Maß, wie es Jeff Bezos oder Jack Ma gescheffelt haben.

// Dr. Mischa Delbrouck

Bildquelle: Flyeralarm (2); Shutterstock/Frederic Legrand – COMEO (1), zhu difeng (1)

Interview mit Pascal Ritter, Flyeralarm Give Aways

180418 Pascal Ritter FLYERALARM - Disruptoren in der Werbeartikelbranche: Wer hat Angst vor Amazon?„Wir sehen uns als Digitalisierungs-Treiber der Branche“

2002 gegründet, gehört die Würzburger Online-Druckerei Flyeralarm zu den erfolgreichsten Unternehmen im E-Commerce. Seit 2017 gibt es den Geschäftsbereich Flyeralarm Give Aways unter der Leitung von Pascal Ritter, mit dem der Einstieg ins Werbeartikelgeschäft massiv vorangetrieben werden soll – auch im Fullservice-Segment. Ziel ist nicht weniger als die Markführerschaft. Im Gespräch mit den WA Nachrichten spricht Pascal Ritter über die Strategie, die Vorteile und Pläne des Online-Pioniers, über Cross-Selling-Effekte, digitale Infrastruktur und Expresslieferzeiten, die zum Standard werden.

Was hat Flyeralarm vor zwei Jahren dazu bewogen, mit Flyeralarm Give Aways aktiv in den Werbeartikelmarkt einzusteigen?

Pascal Ritter: Flyeralarm zählt zu den größten E-Commerce-Unternehmen und ist eine der führenden Online-Druckereien Europas im B2B-Bereich. Unser Ziel ist es, unseren Kunden eine „One-Stop-Shop-Lösung“ zu bieten, um alles für den perfekten Markenauftritt zu liefern. Werbeartikel sind seit jeher erfolgreiche Markenbotschafter, daher war es für uns folgerichtig, in diesen Markt aktiv einzusteigen. Wir sind seit dem Einstieg mit der Entwicklung von Flyeralarm Give Aways sehr zufrieden und sehen weiterhin großes Wachstumspotenzial. Werbeartikel sind ein wesentlicher Bestandteil der „World of Flyeralarm“, und unser neuer Slogan „Love your brand“ trifft perfekt die Wünsche unserer Kunden.

Innerhalb von zwei Jahren haben Sie den Bereich stark ausgeweitet – wie ist momentan der Stand der Dinge?

Pascal Ritter: Wir fahren eine Doppelstrategie: Neben dem eigenen Online-Shop (www.Flyeralarm-giveaways.com) mit etwa 4.300 Produkten bieten wir auch mehr als 400 Werbeartikel in unserem Flyeralarm-Webshop (www.Flyeralarm.com). Der eigene Online-Shop dient hierbei als Ergänzung zu unserem Flyeralarm-Shop, auf dem klar unser Fokus liegt. Zudem haben wir die Grundlagen geschaffen, um den Fullservice-Bereich 2020 stark auszubauen. Die größte Herausforderung war, dass wir unsere standardisierten Prozesse, die wir von Flyeralarm kennen, auch im Fullservice-Bereich nutzen können – diese Basis haben wir nun gelegt. Wir bedienen als Kernzielgruppe natürlich die mehr als 1,5 Mio. Flyeralarm-Kunden, die unsere Dienstleistungen aus dem Flyeralarm-Webshop kennen. Aber wir richten uns natürlich an alle, die auf der Suche nach individuell bedruckbaren Werbeartikeln sind. Mit der Auftragsentwicklung können wir zufrieden sein: Knapp zwei Jahre nach Start haben wir eine fast sechsstellige Zahl an Kundenaufträgen pro Jahr – Tendenz dynamisch steigend.

Konzentrieren sich Ihre Aktivitäten im Giveaway-Bereich auf Deutschland, oder sind sie international ausgerichtet?

Pascal Ritter: Wir denken und handeln international: Aktuell sind wir in jenen 15 europäischen Ländern vertreten, in denen auch Flyeralarm präsent ist. Deutschland ist unser Heimatmarkt, hier sind wir auch im Werbeartikelbereich am stärksten. Jedoch werden wir unsere Aktivitäten auch in den anderen 14 Ländern weiter ausbauen. Die Internationalisierung ist extrem wichtig für uns, und wir wollen unsere Marktanteile auch in den anderen Ländern sukzessive erhöhen.

In einer Pressemitteilung im Frühjahr d.J. haben Sie selbstbewusst angekündigt, die Marktführerschaft im Werbeartikelsegment anzustreben: Wann glauben Sie kann dieses Ziel realistisch erreicht werden?

Pascal Ritter: Nach unserem Selbstverständnis haben wir dieses Ziel schon erreicht. Allein durch unsere Produktvielfalt und die Umsätze, die wir in allen Produkten erzielen, die dem Bereich Give Aways zugeordnet werden können.

Welche Vorteile haben Sie gegenüber anderen Marktplayern im Werbeartikelmarkt? Und wo sehen Sie selbst Nachholbedarf?

Pascal Ritter: Die größten Vorteile sind sicherlich die große horizontale Breite des Flyeralarm-Sortiments, die starke Markenbekanntheit von Flyeralarm, die hohe Reichweite von mehr als 1,5 Mio. Kunden in 15 Ländern sowie das Know-how in den Bereichen Druck und Digitalisierung. Diese Kombination kann kein anderer Marktteilnehmer bieten, das wird sichtbar am Beispiel Sortimentsbreite: Wir als One-Stop-Shop können einem Unternehmen, egal welcher Größe, alles für seinen Markenauftritt bieten: vom Flyer und der Geschäftsausstattung über Roll-ups, Messesysteme und Werbetechnik bis hin zu Online-Marketing und weiteren digitalen Services sowie – last not least – eben auch Werbeartikel. Hinzu kommt, dass wir natürlich von der Flyeralarm-Infrastruktur profitieren: Dazu gehört der komplett digitalisierte Bestellprozess genauso wie die Multichannel-Touchpoints zum Kunden über den Webshop, den kompetenten Kundenservice sowie persönliche Gespräche in den Flyeralarm-City Centern und -Lounges. Nachholbedarf sehen wir vor allem in der vertikalen Tiefe unseres Sortiments: Die 400 Werbeartikel im Flyeralarm-Shop sind noch wenig bezogen auf die Gesamt-Produktanzahl. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir bis Ende 2020 ein aus unserer Sicht komplettes Werbeartikelsortiment haben.

Was entgegnen Sie traditionellen Händlern, die dem Eintritt sogenannter „Distributoren“ skeptisch bis kritisch gegenüberstehen?

Pascal Ritter: Aus meiner Sicht kann der Markt für haptische Werbung deutlich von uns profitieren. Zum einen sehen wir uns als Digitalisierungs-Treiber der Branche. Wie in vielen anderen Branchen auch ist Digitalisierung ein großes Thema im Werbeartikelmarkt. Der Markt kann also von unseren Prozessen lernen, sodass wir für alle Player Mehrwerte schaffen können. Zum anderen wird ein Markt durch Digitalisierung erfahrungsgemäß niedrigschwelliger: Preise für Produkte und Dienstleistungen sinken in aller Regel, und Prozesse werden kundenfreundlicher. Das bedeutet, Digitalisierung vergrößert im Normalfall den „Kuchen“, da es schlicht mehr potenzielle Kunden gibt, die man als Anbieter erreichen kann. Das Beispiel Flyeralarm hat es ja gezeigt: Flyer z.B. kosten heute nur noch ein Zehntel im Vergleich zu der Zeit vor der Digitalisierung der Druckbranche. Damit wurden völlig neue Kundengruppen angesprochen.

Flyeralarm war darin erfolgreich, die für den Druck notwendigen Prozesse komplett digital abzubilden. Lassen sich die in diesem Segment erzielten Erfahrungen auf den Werbeartikelmarkt übertragen?

Pascal Ritter: Prinzipiell lassen sich mithilfe der Digitalisierung Prozesse so effizient gestalten, dass immer kleinere Stückzahlen angeboten und Liefergeschwindigkeiten erhöht werden können. Folgendes Beispiel zeigt deutlich, dass wir bei Flyeralarm unsere Erfahrungen aus dem Druckbereich auch auf den Werbeartikelmarkt übertragen: Wir bieten im Siebdruck-Verfahren bedruckte Baumwolltaschen an – ein eher klassisches Verfahren. Durch den Einsatz von modernsten Produktionsmaschinen, einem digitalen Bestellprozess und einer ausgefeilten Logistikkette können wir Baumwolltaschen im Overnight-Liefermodus anbieten, bei geringen Stückzahlen und zu wettbewerbsfähigen Preisen. Der Bestellprozess bei Flyeralarm zeigt dabei, wie optimierte Auftragsannahmen aussehen: Wir arbeiten im Flyeralarm-Shop (auch bei den Werbeartikeln) ohne Korrekturabzüge. Das heißt, der Kunde bestellt direkt, die Druckdateien werden automatisch geprüft und gehen anschließend umgehend in den Druck. Natürlich sind der Digitalisierung auch Grenzen gesetzt, aber ich bin der Meinung, dass wir diese noch lange nicht erreicht haben im Werbeartikelmarkt.

Das Werbeartikelbusiness gilt traditionell als Face-to-Face-Business, auch weil viele Abläufe insbesondere bei der Produktentwicklung sehr beratungsintensiv sind. Steht diese Notwendigkeit der persönlichen Kommunikation einer weiteren Digitalisierung der Branche im Wege?

Pascal Ritter: Ich gebe Ihnen Recht, dass die Branche traditionell ein Face-to-Face-Business ist, jedoch verändern sich auch hier der Markt und das Kaufverhalten der Kunden. Es macht sich ein beginnender Wandel in der Werbeartikelbranche bemerkbar, bedingt durch die nachrückende, digital geprägte Generation. Wir gehen daher davon aus, dass beispielsweise Standardprodukte über kurz oder lang ausschließlich digital geordert werden. Das Face-to-Face-Business hat dennoch auch in Zukunft seine Daseinsberechtigung. So wird für den Fullservice-Bereich weiterhin eine persönliche Beratung notwendig sein – und das ist auch gut so. Daher bauen wir auch auf kompetente Beraterteams, die deutschland- und europaweit präsent sind. Diese Teams können wir für das gesamte Flyeralarm Sortiment einsetzen, woraus sich wiederum Cross-Selling-Effekte ergeben.

Viele Player im Werbeartikelmarkt sehen Flyeralarm und die anderen Online-Druckereien v.a. als Konkurrenten für Aufträge von kleinen Stückzahlen bei Standardartikeln mit schnellen Lieferzeiten. Ist diese Wahrnehmung aus Ihrer Sicht richtig?

Pascal Ritter: Diese Wahrnehmung ist sicherlich richtig, aus meiner Sicht sind kleine Stückzahlen und Liefergeschwindigkeit künftig erfolgskritische Faktoren im Werbeartikelmarkt. Wir verfolgen den Ansatz der Mass Customization: Wir sehen unsere Stärken in der Produktvielfalt, der guten Qualität, den geringen Stückzahlen und schnellen Lieferzeiten – gerade bei Standardprodukten. Besonders in diesen Produktbereichen haben wir dank der angesprochenen digitalisierten Prozesse enorme Vorteile. Und genau diese Stärken werden wir weiter ausbauen und auch nicht nur auf Standardprodukte begrenzen, sondern auch auf Markenprodukte ausweiten.

Sehen Sie Amazon mit seinen Kanälen Amazon Business und Amazon Custom auch als potenziellen Wettbewerber im Werbeartikelbereich?

Pascal Ritter: Im Sortimentsbereich sehen wir das aktuell nicht, jedoch beobachten wir natürlich die Entwicklungen genau. Amazon hat schon häufig bewiesen, bei Markteintritt die geltenden Regeln zu verändern. Ich bin allerdings der Meinung, Amazon nicht immer nur als Gefahr zu sehen, sondern in manchen Bereichen auch als Vorreiter. Die absolute Kundenorientierung beispielsweise ist beeindruckend.

Wie prognostizieren Sie die Entwicklung für die nächsten fünf Jahre – bezogen sowohl auf Flyeralarm Give Aways als auch auf den gesamten Werbeartikelmarkt?

Pascal Ritter: Für den Werbeartikelmarkt werden in meinen Augen die nächsten fünf Jahre richtungsweisend werden, denn der Markt befindet sich im Umbruch, und es finden viele Veränderungen statt. Ich persönlich sehe insgesamt drei wesentliche Entwicklungen: Zum einen werden die traditionellen Grenzen zwischen Lieferanten und Herstellern sowie Händlern immer weiter aufgeweicht werden. Zum zweiten muss sich die gesamte Branche den Herausforderungen der Digitalisierung stellen und den gestiegenen Kundenerwartungen gerecht werden. Im Zeitalter des E-Commerce sind alle Konsumenten kurze Lieferzeiten gewöhnt und erwarten dies natürlich auch im Werbeartikelmarkt. Der Trend geht also klar zu Expresslieferzeiten für Standardprodukte. Und zum dritten bleibt die Preisentwicklung im Markt spannend: Ein sich abzeichnender Preiskampf wäre schlecht für alle Marktteilnehmer. Bei Flyeralarm Give Aways arbeiten wir im Team daran, unsere positive Entwicklung fortzuführen. Wir werden uns sicher nicht ausruhen, sondern unsere Prozesse weiter optimieren und weiterentwickeln. Zudem wollen wir uns als einer der führenden Anbieter in Europa im Werbeartikelbereich etablieren und neue Maßstäbe setzen. So werden wir beispielsweise immer mehr Werbeartikel im Overnight anbieten und unsere Expresslieferzeiten von zwei bis drei Tagen werden zu unseren Standardlieferzeiten. Da im E-Commerce auch die Convenience, also der Komfort für den Kunden, an höchster Stelle steht, bauen wir unseren Service „Online gestalten“ immer weiter aus. Der Kunde kann damit sein Wunschprodukt ohne grafische Kenntnisse direkt am PC gestalten, und wir erhalten automatisch druckfähige Dateien für die Produktion. Darüber hinaus planen wir unseren Maschinenpark für Werbeartikel weiter auszubauen.

// Mit Pascal Ritter sprach Dr. Mischa Delbrouck.

Interview mit Uli Geyer, Wir machen Druck

Uli Geyer Leiter Marketing WIRmachenDRUCK GmbH - Disruptoren in der Werbeartikelbranche: Wer hat Angst vor Amazon?„Der High-End-Bereich lässt sich nicht so einfach automatisieren“

Mehrfacher Testsieger bei Deutschland Test. Das Backnanger Unternehmen Wir machen Druck hat sich mit gutem Service und guter Qualität im Segment der Online-Druckereien einen festen Platz erkämpft. Immer stärker engagiert man sich auch im Bereich der Werbeartikel. Marketingleiter Uli Geyer über einen gelungenen PSI-Auftritt, noch zu hebende Wachstumspotenziale und Werbeartikel zu erschwinglichen Preisen.

2019 hatte Wir machen Druck einen Stand auf der PSI-Messe: Was war der Anlass, sich auch dem Werbeartikelmarkt zu öffnen?

Uli Geyer: Wir haben bereits kurz nach der Gründung von Wir machen Druck im Jahre 2008 die ersten Werbeartikel in unser Angebot aufgenommen und sehen uns von jeher als Partner der Branche. Die PSI ist die ideale Plattform, um Kontakte zu knüpfen, zu vertiefen und damit Synergien zu schaffen, die sich für beide Seiten lohnen – vor allem dank unserer attraktiven Sonderkonditionen für PSI-Mitglieder.

Welchen Stellenwert nimmt der Werbeartikelbereich bei Ihnen ein?

Uli Geyer: Werbeartikel nehmen bei uns nur einen geringen einstelligen Prozentsatz unseres Gesamtumsatzes ein – gleichwohl sehen wir in diesem Markt noch ein großes Wachstumspotenzial.

Viele Player im Werbeartikelmarkt sehen die Online-Druckereien v.a. als Konkurrenten für Aufträge von kleinen Stückzahlen bei Standardartikeln mit schnellen Lieferzeiten. Ist diese Wahrnehmung aus Ihrer Sicht richtig?

Uli Geyer: Sie ist nachvollziehbar, doch objektiv betrachtet ist genau das Gegenteil der Fall – der traditionelle Werbeartikelhandel profitiert sogar sehr gut von uns! Kleinmengen sind oft nur mit viel Aufwand zu organisieren und teuer zu produzieren. Mit nur wenigen Klicks können diese über unseren Online-Shop erstellt und im Namen des Auftraggebers und zu seinen Kalkulationskosten versendet werden. So werden Kleinmengenbestellungen für den Werbeartikelhändler attraktiver – die Beschaffungskosten sinken, und er etabliert sich bei seinen Kunden nachhaltiger als Lösungsanbieter. Wir machen Druck bleibt hier ja absolut diskret im Hintergrund, ist als eigentlicher Lieferant für den Endkunden nicht erkennbar.

Versuchen Sie v.a. Synergien zu nutzen und Ihren Kunden aus dem Druck-Geschäft auch Werbeartikel zu verkaufen? Oder sprechen Sie im Werbeartikelbereich ein ganz neues Klientel an?

Uli Geyer: Wir verstehen uns als Fullservice-Anbieter für nahezu alles, was sich (be-)drucken lässt. Insbesondere bestehende Kunden profitieren bisher von unserem zusätzlichen Werbeartikelangebot. Werbeartikel galten lange als teuer, und mit diesem Vorurteil konnten wir aufräumen, indem wir klassischen Druckkunden in unserem Shop auch Werbeartikel zu erschwinglichen Preisen zeigen. Gleichzeitig entdecken bei uns Werbeartikelkunden neue Möglichkeiten, sich mit Printmedien vielfältiger und professioneller zu präsentieren.

Welche Produkte bieten Sie im Shop an?

Uli Geyer: Wir bieten vom Kugelschreiber über Fotogeschenke, Textilien und essbare Werbung bis hin zu ganzen Messeständen Tausende Produkte an. Wichtig ist uns neben Lieferanten-Verlässlichkeit die Individualisierbarkeit der Produkte, deren Qualität und natürlich ein vorteilhafter Preis. Den High-End-Bereich überlassen wir weiterhin dem traditionellen Werbeartikelhandel, da sich dieser nicht so einfach automatisiert bedienen lässt.

Bieten Sie über das Online-Portal weitere Dienstleistungen im Bereich Werbeartikel an?

Uli Geyer: Ja, auf verschiedenen Gebieten. Zum einen natürlich die einfache und günstige Personalisierung schon in kleinen Stückzahlen, ausgerichtet auf die Abwicklung via Online-Shop. Zum anderen sind wir auch eine Art Infrastrukturanbieter. Über verschiedene Portallösungen und API-Anbindungen stellen wir Werbeartikelhändlern geschlossene Beschaffungsportale und offene Reseller-Shops zur Verfügung oder fungieren als deren Produktionseinheit – alle individuell angepasst und mit Zugriff auf unsere gesamte Produktpalette. Die klassischen Druck-Produkte mit eingerechnet, bieten wir Tausende von Produkten in über fünf Millionen Druckvariationen an.

Wie unterscheidet sich das Werbeartikelbusiness vom klassischen Druckgeschäft?

Das Werbeartikelbusiness ist ganz klar trendgetriebener, schnelllebiger, aber im Handling auch aufwendiger als das klassische Druckgeschäft. Dieser Unterschied ist für uns als E-Commerce-Unternehmen jedoch unerheblich – Sortimentserweiterungen oder -umstellungen gehören bei uns zum Tagesgeschäft.

Kann die Branche von Ihrem Engagement im Werbeartikelmarkt profitieren?

Uli Geyer: Sehr stark sogar. Unser regulärer Online-Shop und die vorgenannten Shop- und Anbindungslösungen eröffnen dem Werbeartikelhändler eine völlig neue Bezugsquelle mit Vorzugskonditionen für PSI-Mitglieder. Hinzu kommt: Die Digitalisierung macht auch vor dem Werbeartikelhandel nicht halt. Mit unserer bis ins Gründungsjahr 2008 zurückreichenden Expertise im Bereich E-Commerce möchten wir künftig auch in der Werbeartikelbranche das Bewusstsein für die Wichtigkeit und die Chancen der Digitalisierung wecken, indem wir uns in Organisationen wie der PSI engagieren und eben entsprechende Infrastrukturen zur Verfügung stellen. Wichtig ist hierbei nur, die Chancen für Synergien auf beiden Seiten zu erkennen und zu ergreifen.

// Mit Uli Geyer sprach Dr. Mischa Delbrouck.

 

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