yehdou fotografie A7207320 - „Es gibt keine Alternative zum Handeln“

Interview mit Brit München und Michael Scherer, HAPTICA® live

Herr Scherer, auch die ursprünglich für den 18. März geplante HAPTICA® live ’20 ist von der COVID-19-Pandemie betroffen. Nachdem Sie die „Erlebniswelt Haptische Werbung“ zunächst auf den 18. Juni verschoben hatten, waren Sie gezwungen, ein zweites Mal zu verschieben. Warum?

Michael Scherer: Bereits in den Tagen, als sich abzeichnete, dass die HAPTICA® live nicht zum ursprünglichen Termin im März durchgeführt werden könnte, haben wir uns sofort um eine Alternative bemüht. Wir waren alle gezwungen, auf sehr kurze Sicht zu navigieren, aber wir wollten unseren Ausstellern und unseren Besuchern, die sich auf die Teilnahme an unserer Messe eingerichtet hatten, so schnell wie möglich wieder eine Perspektive bieten. Am 15. April haben die Ministerpräsidenten der Länder und die Bundeskanzlerin den Beschluss verkündet, Großveranstaltungen in Deutschland bis zum 31. August 2020 komplett zu untersagen. Nun sind zwar mit den am 30. Mai in Kraft getretenen Lockerungen Messen und Kongresse unter Auflagen wieder erlaubt, aber es fehlte zunächst noch an Spezifizierungen zu Größe und Art der erlaubten Veranstaltungen. Für Aussteller, Besucher und uns als Veranstalter bestand keinerlei Planungssicherheit, sodass eine erfolgreiche Durchführung der HAPTICA® live am 18. Juni nicht möglich war. Wie aufwendig es ist, eine „Corona-taugliche“ Messe auf die Beine zu stellen, sehen wir Veranstalter ja derzeit alle.

Die HAPTICA® live findet nun am 8. September statt. Warum haben Sie sich für diesen Termin entschieden?

Brit München: Zunächst einmal liegt der Termin günstig nach den Sommerferien in Nordrhein-Westfalen und den meisten anderen Bundesländern innerhalb der klassischen Messesaison zu Beginn der zweiten Jahreshälfte. Gerade in diesem Jahr kommt dem traditionellen Weihnachtsgeschäft eine außerordentliche Bedeutung zu, weil es die Chance bietet, das nachzuholen, was in dem halben Jahr nach Beginn des Corona-Ausbruchs in Deutschland versäumt werden musste. Ein späterer Termin als September ergäbe für die Aussteller wenig Sinn. Ebenso wichtig ist aber auch die Gefahr einer zweiten Infektionswelle, die ab dem Herbst befürchtet wird. Wir hatten also ohnehin wenig Spielraum in der Terminplanung und waren außerdem von Optionen abhängig, die uns das WCCB – Veranstaltungsort der HAPTICA ® live – bieten konnte. Da das WCCB eine sehr begehrte Location ist, hatten wir Glück, dass uns durch die kurzfristige Absage des Bonner Beethoven-Festivals mit dem 8. September überhaupt ein Termin in diesem Monat zur Verfügung stand.

brit muenchen mscherer - „Es gibt keine Alternative zum Handeln“

Brit München und Michael Scherer

Damit liegt dieser Termin in einer Zeit, in der schon traditionsgemäß viele Branchenevents stattfinden, und nun wurden auch noch andere Messen zusätzlich in den Frühherbst verschoben. Muten Sie und die anderen Veranstalter der Branche da nicht zu viel zu?

Michael Scherer: Es ist die Corona-Krise, die uns allen sehr viel „zumutet“ und jedem Unternehmen ein Höchstmaß an Flexibilität abverlangt. Wir wünschen uns alle, die Umstände wären andere, aber wir müssen uns den gegenwärtigen Herausforderungen stellen. Nach dem erzwungenen Stillstand zählt vor allem die Chance, Umsatzeinbußen durch die Teilnahme an einer Messe zu kompensieren. Jede der Messen, die jetzt im September stattfindet, ist sinnvoll und hat ihre Berechtigung. Es gibt zwar logistische Flaschenhälse, die leider unvermeidlich sind, aber es herrscht kein regionaler Konkurrenzdruck. Wir agieren nicht gegeneinander, sondern verfolgen ein gemeinsames Ziel: Wir unterstützen die Branche in ihrem Versuch, wieder durchzustarten.

Auch innerhalb der Werbeartikelbranche ist die Wirtschaftslage schlecht. Viele Unternehmen sind in Kurzarbeit, Sparen ist angesagt. Deshalb stehen u.a. Messen und die damit verbundenen Budgets auf dem Prüfstand. Warum kann es sich lohnen, trotzdem und auch in diesem Jahr noch in eine Messeteilnahme zu investieren?

Michael Scherer: Natürlich werden in dieser Krise alle Ausgaben einer besonders strengen Prüfung unterworfen. Entscheidend für einen Invest ist die Aussicht auf Rendite – und die ist bei Messen hoch. Nicht nur die Werbeartikler sind von Umsatzeinbußen und Budgetkürzungen betroffen, sondern auch ihre Kunden. Es ist mehr denn je Überzeugungsarbeit vor Ort nötig. Lieferanten wie Händler haben berichtet, wie schwierig es in den vergangenen Monaten war, die Kunden zu erreichen. Viele Werbeartikler sind zudem in Kurzarbeit; ein Außendienst ist, wenn überhaupt, nur eingeschränkt tätig. Eine Messe, die alle Akteure zusammenbringt, bietet die geballte Chance, eine Vielzahl von Kontakten zu Händlerpartnern wie zu den Anwendern zu knüpfen. Der Nutzen solcher Synergien ist groß. Auch innerhalb des Werbeartikelsektors kann es sich kein Unternehmen leisten, auf Kommunikation und Marketing zu verzichten. Jedes einzelne Unternehmen muss seine Kundenkontakte pflegen und ausbauen. Aber auch die Branche insgesamt braucht eine offensive Selbstdarstellung. In den letzten Monaten war oft von der Notwendigkeit die Rede, in der Krise sichtbar zu bleiben. Messen sind eine Sichtbarkeitsoffensive – für die Branche im Ganzen wie für die einzelnen Unternehmen.

Rund zwei Drittel der Besucher auf der HAPTICA® live sind Anwender von Werbeartikeln. Warum, glauben Sie, sollte diese Zielgruppe jetzt eine Werbeartikelmesse besuchen? Immerhin verzeichnen viele Branchen derzeit wirtschaftliche Einbrüche, hinzu kommen Reisebeschränkungen, insbesondere bei großen Konzernen.

Michael Scherer: Es gibt viele Unternehmen, die ihren Sitz im Köln-Bonner Raum haben und deshalb nicht durch Reisebeschränkungen am Besuch der HAPTICA® live gehindert werden. Bei den Umsatzeinbrüchen haben die Anwender dasselbe Problem wie die Werbeartikler. Auch wenn der Zwang zu Einsparungen in allen Branchen sehr fühlbar ist, weiß doch jeder: Wer sich in der Krise im Werben um Kunden allzu sehr zurückhält, überlässt anderen das Feld. Kundenund Kontaktpflege sind wichtiger denn je. Auch auf dem Höhepunkt der Krise haben große Firmen in Werbung investiert, weil sie darin die Chance erkannten, die Verbindung zu ihren Kunden nicht abreißen zu lassen oder sogar zu intensivieren. Das zeigen die vielen Kampagnen zum Thema Corona, die Unternehmen von der Lebensmittelkette über das Möbelhaus bis hin zum Kommunikationsdienstleister in der Phase der massiven Einschränkungen gestartet haben. Nachdem persönliche Begegnungen mit Kunden kaum möglich waren und die Neukundenakquise weitgehend brachlag, stehen die Marketingentscheider jetzt vor der Aufgabe, den Motor wieder in Gang zu bringen. Niemand kann es sich in dieser Lage leisten, auf Marketingmaßnahmen zu verzichten, aber die Ansprüche an ihre Effizienz steigen. Davon kann haptische Werbung sogar profitieren – wenn man ihr Potenzial den Anwendern überzeugend vergegenwärtigt.

Welche Vorteile bietet gegenständliche Werbung in Zeiten von Corona?

Brit München: Gerade jetzt kann haptische Werbung ihre Stärken im Benchmark zu anderen Werbemedien voll ausspielen. Z. B. haben Social Distancing und die Arbeit im Homeoffice den Wert persönlicher Kontakte verstärkt. Eine individuelle Ansprache ist immer emotionalisierender als eine Werbung, die sich an alle und damit an keinen ganz persönlich wendet. In einer Zeit, in der viele die Nähe zu anderen lange vermisst haben oder noch immer vermissen, ist die individuelle Hinwendung durch eine gegenständliche Werbebotschaft besonders eindringlich. Persönliche Aufmerksamkeit hat einen noch höheren Stellenwert. Durch die großen Einschränkungen im Außendienst ist es für die Unternehmen wichtiger denn je, in Verbindung mit ihren Geschäftspartnern zu bleiben oder neue Kontakte herzustellen. Haptische Werbung kann nicht nur leichter Distanz überwinden und neue Touchpoints schaffen. Sie ist auch nachhaltiger, weil sie eine länger andauernde Präsenz bietet – und das häufig zu einem vielfach günstigeren TKP als andere Medien. Auf der Präsentation dieser vielfältigen Möglichkeiten liegt der Schwerpunkt der HAPTICA® live.

H live20 Logo DE 300px - „Es gibt keine Alternative zum Handeln“Die HAPTICA® live ’20 – ursprünglich für den 18. März und dann für den 18. Juni terminiert – wird nun am 8. September 2020 im WCCB Bonn stattfinden. Der Veranstalter WA Media lädt zum insgesamt 8. Mal zur „Erlebniswelt Haptische Werbung“. Neben einem Querschnitt aus allen Produktbereichen erhalten die Besucher Inspirationen in der Best Practice Show, der Ausstellung zu den Preisträgern des Promotional Gift Award 2020 und im Vortragsprogramm mit Referenten von u.a. der BVG, Gaffel Kölsch und der DEL. Die HAPTICA® live verfolgt ein offenes Besuchskonzept: Marketeers, Einkäufer, Agenturen und Werbeartikelhändler können nach kostenloser Registrierung die Messe besuchen.

www.haptica-live.de

Wie ist unter den gegenwärtigen Umständen eine solche Präsentation möglich? Ein herausragendes Merkmal der HAPTICA ® live ist ihr Charakter als „Erlebniswelt“, die – wie bereits der Name „HAPTICA“ nahelegt – Werbung zum Anfassen bietet. Viele der interaktiven Elemente der Veranstaltung sind aber aufgrund der Corona- Maßnahmen kaum realisierbar. Wie wollen Sie 2020 eine Erlebniswelt auf die Beine stellen?

Brit München: Tatsächlich müssen wir in diesem Jahr auf viele liebgewonnene Details verzichten – so wird die Preisverleihung des Promotional Gift Award mit ihren Shake- Hands und Umarmungen nicht stattfinden können, und wir werden die Preisträger in diesem Jahr auf andere Weise würdigen. Aber im Zuge der Planung der „neuen“ HAPTICA® live sehen wir, dass viele Programmpunkte eben doch bleiben können: So werden die Gewinnerprodukte wie gewohnt in einer Sonderausstellung präsentiert. Auch die Best Practice Show mit internationalen Kampagnen, in denen haptische Werbung die Hauptrolle spielt, können wir inszenieren – in sicherer Form und ergänzt um aktuelle Case Studies zum Thema Corona. Das Vortragsprogramm, in dessen Rahmen Vertreter renommierter Unternehmen Einblick in ihre Werbeartikel-Strategien geben, kann als wichtiger Besuchermagnet ebenfalls stattfinden. Und die Hauptrolle spielen wie stets die Aussteller aus allen Produktbereichen, die – bei aller gebotenen Distanz – die Besucher mit Know-how und Kreativität überzeugen können.

Manche sind der Meinung, eine Messe mit Maskenpflicht bringe nicht viel und man solle lieber das Ende der Epidemie abwarten. Was haben Sie dieser Auffassung entgegenzusetzen?

Michael Scherer: Wir wissen nicht, wann ein Impfstoff oder hochwirksame Medikamente zur Verfügung stehen werden. Ich glaube nicht, dass das Warten auf bessere Zeiten eine sinnvolle Strategie zur Bewältigung der Krise ist. Es gibt keine Alternative zum Handeln, auch wenn die Umstände schwierig sind. Im Moment stehen wir noch am Anfang der Lockerungsmaßnahmen, und vieles ist uns jetzt noch fremd, an das wir uns aber mit der Zeit gewöhnen werden. Einen solchen Prozess der Normalisierung erlebt man oft: Etwas, was zunächst als Hindernis wahrgenommen wurde, wird dann durch Routine schneller in den Alltag integriert, als man es sich anfangs vorstellen konnte. Wenn im September noch Maskenpflicht herrscht, wovon ich ausgehe, werden wir bis dahin wohl oder übel gelernt haben, uns damit abzufinden.

Brit München: Wir können ja bereits jetzt beobachten, wie im Zuge der Lockerungen, die jetzt in ganz Europa vorgenommen werden, eine neue Normalität eintritt. Die Menschen atmen einerseits auf und genießen die wieder möglichen Freiheiten, andererseits akzeptieren die allermeisten das, was nun eben notwendig ist – Masken, Abstands- und Hygieneregeln, die Angabe der Kontaktdaten beim Restaurantbesuch usw. Die Zeit der Hamsterkäufe ist vorbei, man ist zum Tagesgeschäft übergegangen, die Menschen fahren wieder in Urlaub und nehmen wieder am sozialen Leben teil. Es ist zu erwarten, dass eine solche Gewöhnung auch für Messen, Events und Kongresse eintreten wird, die ja in NRW seit Ende Mai wieder durchgeführt werden dürfen.

Manche führen gegen Messen auch gesundheitliche Bedenken ins Feld. Wiegt das nicht schwer?

hl19 2 - „Es gibt keine Alternative zum Handeln“Michael Scherer: Die Gesundheit unserer Mitarbeiter, Aussteller und Besucher steht für uns unabdingbar an erster Stelle. Die Gesundheitsbehörden haben angesichts von Corona sehr schnell und sehr entschieden gehandelt, und ich glaube, wir können uns darauf verlassen, dass sie auch weiterhin die Gefährdungslage sehr genau beobachten und angemessen reagieren werden. Es ist selbstverständlich, dass wir uns in unser aller Interesse konsequent an alle Auflagen halten werden. Wir nehmen die Angst vor Ansteckung sehr ernst, und auch deshalb war uns ja ein Termin im September so wichtig. Soweit es sich bisher beurteilen lässt, scheint warmes Wetter die Verbreitung des Virus deutlich zu erschweren, weil die Leute sich dann viel mehr an der frischen Luft aufhalten. Ich sehe daher Grund zu der Hoffnung, dass sich im Sommer die Infektionsrate noch weiter abschwächen wird und zu Beginn des Septembers in der Bevölkerung eine entspanntere Stimmung herrscht, die auch Messebesuche begünstigen wird.

Welche Hygiene- und Schutzmaßnahmen werden Sie konkret vornehmen müssen?

Brit München: Wir stehen derzeit im Austausch mit dem Gesundheitsamt und arbeiten gemeinsam mit der Behörde und dem WCCB an einem Konzept. Weil die Durchführung von Events unter Corona-Auflagen auch für die Gesundheitsämter Neuland ist – das Ganze ist ja erst seit dem 30. Mai in Nordrhein-Westfalen wieder gestattet –, gibt es noch viele offene Fragen, die geklärt werden müssen. Neben den inzwischen hinreichend bekannten „Standards“ wie omnipräsente Hygienehinweise und Desinfektionsstationen sind die Sicherheitsabstände, die auf der ganzen Veranstaltung gewahrt werden müssen, ein wichtiger Punkt. Das erfordert eine andere, großzügigere Aufplanung mit Abstandshaltern und -markierungen. Es wird eine Maskenpflicht in den meisten Bereichen geben, auch das Catering unterliegt besonderen Auflagen. Ganz wichtig: Wir sind eine B2BVeranstaltung und können als solche nicht nur viel genauer kalkulieren, wie viele Besucher zu erwarten sind, sondern auch den Besucherstrom präzise steuern und dokumentieren. So können wir zu jeder Zeit die Auflagen erfüllen und eine sichere, aber gleichzeitig attraktive und informative HAPTICA® live durchführen.

Wäre denn nicht zunächst einmal eine digitale Messe ein gangbarer erster Schritt, bevor zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine Live-Veranstaltung stattfindet?

Brit München: Keines der gerade vielfach diskutierten digitalen Messekonzepte kann Liveformate ersetzen – zumindest nicht in unserer Branche. Wir glauben auch, dass nach der langen Durststrecke, die hinter uns liegt, wieder ein „Hunger“ nach echten Erfahrungen und nach einem Face-to-Face-Austausch besteht. Bei einer Werbeartikelmesse geht es den Besuchern vielfach um Inspirationen. Das erfordert eine individuelle Produktpräsentation, spontanen Gedankenaustausch und die Einbettung in ein ganzheitliches Konzept. Die bloße Möglichkeit des Anklickens kann das nicht leisten. Am PC wird man schnell ungeduldig oder abgelenkt. Bei einem Messebesuch ist die Bereitschaft, sich auf die vielfältigen Möglichkeiten haptischer Werbung einzulassen, sehr viel größer. Deshalb haben wir von Anfang an auf ein Messekonzept gesetzt, das ein breites Spektrum an Produktangeboten bietet und durch ein entsprechendes Rahmenprogramm ergänzt und abgerundet wird. Und deshalb legen wir auch Wert auf eine Location, die diese besondere Atmosphäre unterstützt. Wir bieten unseren Besuchern mit der HAPTICA® live die Möglichkeit, in die Welt der haptischen Werbung einzutauchen – eine digitale Messe könnte da nicht mithalten.

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