Seit 2013 verkauft das dänische Unternehmen Sprout World seine patentierten Bleistifte, die nach ihrem Leben als Schreibgerät eingepflanzt werden können und Kräuter, Blumen oder Gemüse sprießen lassen. Die Werbeartikel Nachrichten sprachen mit Michael Stausholm, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden von Sprout World, über die Geschichte des Sprout Pencils und darüber, wie wichtig Nachhaltigkeit ist – insbesondere auch in der Corona-Krise.

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Herr Stausholm, innerhalb von sieben Jahren haben Sie mit dem Sprout Pencil ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Was ist die Geschichte hinter seiner Entstehung?

Michael Stausholm: Die Idee geht auf eine Gruppe Robotik-Studenten am MIT (Massachusetts Institute of Technology) zurück, die 2013 in einem Produktdesign-Kurs das Büro der Zukunft gestalten sollten. Obwohl sie Technik-Studenten waren, fokussierten sie sich auf analoge Schreibgeräte und entwickelten einen Stift mit Samenkapsel, der eingepflanzt werden kann, wenn er zum Schreiben zu kurz geworden ist. Das Holz und die Kapsel aus pflanzlichem Material lösen sich mit der Zeit auf, während die Samen zu sprießen beginnen. Die Studenten stellten das Projekt auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter vor, wo ich es entdeckte und direkt begeistert war. Ich erwarb die entsprechenden Rechte, um den Stift in Europa verkaufen zu können, und gründete Sprout World. Im ersten Sommer verkauften wir allein in Dänemark 70.000 Stück. 2014 erwarb ich sämtliche Patente und Rechte am Sprout Pencil, und die MIT-Studenten stiegen aus. Von da an sind wir sehr schnell gewachsen und haben bis heute mehr als 25 Mio. Sprout Pencils verkauft.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihre Unternehmensphilosophie?

Michael Stausholm: Der Sprout Pencil ist für viele Unternehmen zu einem Symbol für Nachhaltigkeit geworden. Er produziert keinen Abfall – im Gegenteil, er bekommt ein neues Leben nach dem Tod. Diese Tatsache macht den Stift zu einem großartigen Botschafter für Unternehmen, die ihre grünen und nachhaltigen Initiativen kommunizieren wollen. Er kann jedoch nur dann eine wirkliche Alternative zu konventionellen Bleistiften darstellen, wenn alle Produktionsschritte nachhaltig sind. Deshalb nutzen wir nur PEFC- und FSC-zertifiziertes Holz und gentechnikfreie Samen. Zudem sind unsere Stifte frei von Chemie und nach der europäischen Spielwaren-Norm EN-71 zertifiziert. Um die Transportwege zum europäischen und nordamerikanischen Markt möglichst kurz zu halten, verzichten wir auf Importe aus Fernost und produzieren unsere Stifte in Polen und den USA. Nur so können wir ein wirklich nachhaltiges Produkt gewährleisten.

Welche Botschaft vermittelt der Sprout Pencil?

Michael Stausholm: Begriffe wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und CO2-Reduktion sind sehr abstrakt. Es ist schwer zu verstehen, welche Rolle der Klimawandel dabei spielt, dass z.B. Eisbären in Grönland keine Nahrung mehr finden. Warum Biofleisch besser ist als konventionelles, oder wieso umweltfreundliche Verpackungen besser sind als solche aus Plastik – das ist schon leichter zu begreifen. Genauso ist es mit unseren Produkten. Sie machen Nachhaltigkeit sicht- und begreifbar. Wir können mit unseren Sprout Pencils nicht die Welt retten. Vielmehr wollen wir Menschen dazu inspirieren, kleine, nachhaltigere Entscheidungen in ihrem alltäglichen Leben zu treffen. Denn wenn alle das tun, ist der Effekt groß.

Ein weiteres Mitglied Ihrer Sprout-Familie ist der Kajalstift Sprout Liner. Wie kamen Sie auf die Idee, auch kosmetische Produkte zu entwickeln?

Michael Stausholm: 75% unserer Mitarbeiter sind weiblich. So kam es, dass eine unserer Mitarbeiterinnen beim Brainstorming vorschlug, einen Makeup- Stift zu entwickeln. Ich hielt das für keine gute Idee. Doch sie argumentierte, dass Frauen oft mehrere Eyeliner, Lipliner oder Kajalstifte nutzen würden, die unnötig viel Plastikmüll verursachten. Und wie zum Beweis leerten mehrere Mitarbeiterinnen ihre Handtaschen und präsentierten mir ihre Make-Up-Stifte ― manche hatten sogar gleich sechs oder sieben dabei. Da dämmerte mir, dass der Markt viel größer ist, als ich dachte. Nach vierjähriger Entwicklungszeit arbeiten wir heute mit Faber-Castell und Schwan Cosmetics zusammen. Sie produzieren die Stifte, und wir kombinieren sie dann mit unseren Samenkapseln. Aktuell arbeiten wir außerdem an einem allergikerfreundlichen Modell. Wir stehen im Dialog mit einigen großen Kosmetikmarken, die unseren pflanzbaren Make-up-Stift in ihre Produktlinien aufnehmen wollen. Und wir arbeiten daran, den Liner noch in diesem Jahr bei Amazon zu verkaufen.

Nach dem Erfolg der Holzstifte haben Sie den Sprout Spoon auf den Markt gebracht. Was ist die Idee dahinter und wie genau funktioniert er?

Michael Stausholm: Ein deutscher Erfinder hatte die Idee für den nachhaltigen Teelöffel als Alternative zu den gängigen Löffeln aus Kunststoff. Wenn man im Flugzeug einen Tee bestellt, bekommt man in der Regel einen Teebeutel, einen Plastiklöffel und eine Serviette, um den benutzten Beutel darauf abzulegen. Mit dem Sprout Spoon braucht es das alles nicht mehr: An dem Löffel aus biologisch abbaubarem Karton ist ein Teebeutel befestigt. Nach Gebrauch wird der Beutel einfach ausgedrückt und der Löffel so gefaltet, dass die Fläche, auf der er liegt, nicht nass wird. Bedruckt wird der Sprout Spoon mit 100% pflanzlicher, TÜV-geprüfter Farbe, und innerhalb von zwei Monaten nach der Entsorgung ist er vollständig zersetzt. Seine Umweltverträglichkeit und die vielfältigen Individualisierungsmöglichkeiten machen den Löffel zu einem weiteren idealen grünen Werbeartikel in unserem Sortiment.

Zu Ihren Kunden zählen Global Player wie Porsche, Mercedes oder Ikea. Welche Kampagnen, bei denen Sprout Pencils zum Einsatz kamen, haben Sie am meisten beeindruckt?

Michael Stausholm: Es gab schon viele tolle Kampagnen mit unseren Produkten. Ikea nutzte die Sprout Pencils zur Unterstützung seines Nachhaltigkeits- Reports, Bacardi hat sie mit Minz-Samen und einem beigelegten Mojito-Rezept verteilt, und Richard Branson verschenkt sie an Besucher seiner Privatinsel. Besonders stolz sind wir aber darauf, dass die Obamas unsere Stifte genutzt haben. Bei einer Konferenz in Portugal wurden die Stifte an die Teilnehmer und Redner ausgegeben, und einer dieser Redner war Barack Obama. Sechs Monate später rief mich eine Agentur an, die große Stars wie Pink oder Lady Gaga vertritt. Die Vorstellung, dass wir eine Bestellung für eine berühmte Persönlichkeit erwarteten, war wirklich aufregend. Als die Agentur in einem weiteren Gespräch sagte, die Bestellung sei für einen Autor, war ich zunächst enttäuscht, dass es scheinbar doch nicht um einen großen Star ging. Doch als die Bestellung kam, stand auf dem Auftrag „Für Michelle Obama“. Das hat uns sehr gefreut.

Sie wurden kürzlich von Fast Company zum zweitinnovativsten Unternehmen gekürt. Was bedeutet das für Sie?

Michael Stausholm: Es war schon verrückt, auf derselben Liste mit innovativen, technikorientierten Global Playern wie Siemens und Tesla zu stehen. Unser Sprout Spoon wurde außerdem 2019 von Italiens führendem Marketingmedium MediaKey als innovativstes Marketingprodukt ausgezeichnet. Es macht uns sehr stolz, dass sich ein grünes, nachhaltiges Unternehmen wie unseres auf dem Markt behaupten kann. Das zeigt, dass der Fokus auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit stärker wird. Allein im letzten Jahr haben wir etwa 8 Mio. Stifte in mehr als 80 Ländern verkauft, seit unserer Gründung insgesamt etwa 25 Mio. Nach sieben Jahren freue ich mich noch immer, wenn Leute von überall auf der Welt in sozialen Netzwerken Fotos davon posten, wie sie unsere Stifte einpflanzen und die Welt damit ein bisschen besser machen.

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Zweites Leben: Sobald der Sprout Pencil als Schreibgerät ausgedient hat, kann er eingepflanzt werden. Aus den Samenkapseln sprießen dann Blumen, Kräuter oder Gemüse.

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Logos und Botschaften als Gravur und individuell gestaltete, FSC-zertifizierte Verpackungen machen die Sprout Pencils zu überzeugenden Werbeträgern.

Aktuell geht es der Werbeartikelbranche allerdings nicht gut. Wie trifft die Corona- Krise Sie und Ihr Unternehmen, und wie reagieren Sie darauf?

Michael Stausholm: Nachdem wir im ersten Quartal d.J. um 100% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen waren, gingen die Bestellungen ab März merklich zurück. Unsere größten Märkte sind Deutschland, Italien, Frankreich und die USA – also Länder, die sich die letzten Wochen mehr oder weniger im kompletten Lockdown befanden. Da ist der Bedarf an Schreibgeräten einfach nicht vorhanden. Erfreulicherweise bekommen wir noch Aufträge, aber auch wir merken, dass der Werbeartikelmarkt brach liegt. Bereits am 10. März haben wir alle Mitarbeiter in Europa und den USA ins Homeoffice geschickt. Die Produktion läuft regulär weiter, allerdings haben wir diverse Hygienemaßnahmen getroffen, um das Infektionsrisiko in den Produktionsstätten zu minimieren. Unsere Marketingaktivitäten hingegen haben wir weiter ausgebaut. Wir wollen auch in der aktuellen Situation demonstrieren und betonen, dass wir weiter handlungsfähig sind.

Wenn Unternehmen in Krisenzeiten Geld einsparen müssen, wird oft als Erstes das Marketing gestrichen. Wie sieht PR-Arbeit in Corona-Zeiten aus?

Michael Stausholm: Krisen bringen es mit sich, dass es zu finanziellen Schwierigkeiten kommt, aber Unternehmen sollten sich gut überlegen, an welchen Stellen sie Geld einsparen. Das Stichwort hier heißt „sichtbar bleiben“. Wer das Marketing streicht, wird von der Zielgruppe schnell vergessen werden. Wer dagegen auch in Krisenzeiten Präsenz zeigt, wird positiv wahrgenommen und kann, wenn alles überstanden ist, vielleicht von mehr Aufträgen profitieren.

Werden Unternehmen aufgrund der Krise in Zukunft lieber wieder auf Produkte zurückgreifen, die nicht nachhaltig, aber billig sind, weil sie krisenbedingt weniger Geld haben?

Michael Stausholm: Das glaube ich nicht. Natürlich müssen Unternehmen in Zeiten wie diesen Geld einsparen, und das nicht nur bei der Werbung, sondern auch anderswo. Doch Nachhaltigkeit ist ein ebenso globales Thema wie Corona, das nicht verschwinden wird, nur weil wir gerade eine Pandemie haben. Vielmehr sehen wir, dass sowohl unsere Kunden als auch die Anwender nachhaltigere Produkte mittlerweile einfordern. Wenn die Empfänger konventionelle Produkte nicht mehr nutzen wollen, hat es aus Unternehmenssicht keinen Sinn mehr, sie weiterhin einzusetzen. Nachhaltigkeit bleibt.

Also Qualität vor Quantität?

Michael Stausholm: Genau. Nach der letzten Finanzkrise begannen die Menschen, bewusster darüber nachzudenken, was und wie viel sie kaufen. Doch nach einiger Zeit bestellten sie wieder billige Produkte in China, und der Konsumdrang nahm überhand. Ich empfinde die aktuelle Krise als einen starken Weckruf. Wir müssen weg vom Konsumwahnsinn hin zu bewussten, nachhaltigen Kaufentscheidungen. Und wir sehen, dass immer mehr Kunden verstehen, warum es besser ist, weniger, aber dafür ein besseres Produkt zu kaufen, das die Umwelt schont und das der Empfänger wirklich haben will.

Vor der COVID-19-Pandemie war Nachhaltigkeit ein Mega-Trend – Stichwort: Fridays for Future. In den letzten Monaten jedoch rückte Nachhaltigkeit als Thema in den Hintergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit. Welche Rolle wird nachhaltiges Handeln nach der Krise spielen?

Michael Stausholm: Corona zwingt uns zu Verhaltensänderungen, die für uns nicht unbedingt angenehm sind, aber der Natur wirklich guttun. Die Krise hat z.B. gezeigt, dass es wichtig ist, nicht in allen Belangen von Fernost abhängig zu sein. Als Reaktion darauf könnten Unternehmen zukünftig regionaler produzieren. Auch die Anzahl der Geschäftsreisen könnte problemlos reduziert werden. Ich z.B. bin im Homeoffice viel effektiver. Während ich vor der Krise für ein Meeting eine Stunde zum Büro fahren musste, kann ich heute vieles innerhalb weniger Minuten via Telefon oder Videochat erledigen. Ich spare dadurch Zeit und schone mit dem Verzicht aufs Autofahren die Umwelt. Wir sollten im Sinne der Umwelt an diesen Veränderungen festhalten, anstatt sie rückgängig zu machen.

Sehen Sie bereits Anzeichen für langfristige Veränderungen?

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Das neueste Mitglied der Sprout-Familie: Der Sprout Spoon aus FSC-zertifiziertem Karton erweist sich als umweltfreundliche Alternative zum Kunststofflöffel.

Michael Stausholm: Die Maßnahmen für mehr Umweltschutz sind noch lange nicht ausreichend, aber es tut sich langsam und stetig etwas. In Dänemark ― und auch in anderen Ländern ― geht der Trend z.B. hin zu weniger Fleischkonsum. Die meisten Menschen verzichten nicht auf Fleisch, weil es gut für sie ist, sondern weil sie wissen, dass es gut für die Umwelt ist. Umweltschutz ist kein „Feel good“-Ding, mit dem man auf Instagram angibt. Er ist einfach etwas, das wir tun müssen, um unsere Erde zu erhalten. Ob Reisen, Ernährung oder Konsum – den Menschen wird die Tragweite ihrer Handlungen bewusster, und das ist ein wichtiger Schritt.

Niemand kann sagen, wie lange uns die Folgen der aktuellen Krise noch begleiten werden, aber es wird ein Leben nach Corona geben. Haben Sie bereits Pläne? Arbeiten Sie an neuen Produkten?

Michael Stausholm: Mein Traum ist ein pflanzbarer Kugelschreiber aus Holz. Das Problem dabei ist, dass sich die mechanischen Teile im Inneren des Kugelschreibers bisher aus keinem anderen Material als Metall oder Kunststoff herstellen lassen. Der Markt für Kugelschreiber ist riesig. 125 Mio. Stück werden Tag für Tag weltweit produziert. Das ist eine irrwitzige Zahl und ein riesiger Müllberg, der sich vermeiden ließe, wenn die Kugelschreiber biologisch abbaubar wären. Wir arbeiten mit Hochtouren an der Entwicklung, und ich bin sicher, dass wir den Code irgendwann knacken und einen Holzkugelschreiber herstellen werden.

// Mit Michael Stausholm sprach Laura Müller.

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