Die PSI-Messe als traditioneller Saisonauftakt der Werbeartikelbranche im Januar musste pandemiebedingt ausfallen, auch auf dem Ersatztermin im Mai kann keine Live-Veranstaltung stattfinden. Die WA Nachrichten sprachen mit Barbara Leithner, COO beim PSI-Eigner Reed Exhibitions Österreich und Deutschland, und Petra Lassahn, Director PSI, über das virtuelle Äquivalent, die PSI Digital, über die weiteren Pläne von Reed mit der PSI und über das zukünftige Nebeneinander von digitalen Plattformen und Face-to-Face-Business.

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, die PSI als physische Veranstaltung für dieses Jahr abzusagen?

Barbara Leithner: Eine schwerwiegende Entscheidung, die zu treffen aber leicht war. Aussteller und Besucher vertrauen und verlassen sich auf die PSI – auch mit all ihren Schwächen. In turbulenten Zeiten ist kein Platz für Experimente bei physischen Messen. Sicherheit, Verlässlichkeit und Kontinuität stehen im Vordergrund. Gleichzeitig haben wir den Entschluss gefällt, virtuelle Formate anzubieten, um der Werbeartikelbranche eine Sichtbarkeit zu geben und die notwendigen Themen der Branche offen und ehrlich diskutieren zu können. Die Enttäuschung ist natürlich im Messeteam, das hart daran gearbeitet hat, ein qualitativ hochwertiges und sicheres Event auf die Beine zu stellen, groß.

Petra Lassahn: Auch bei Ausstellern und Besuchern war viel Bedauern zu spüren. Es haben sich schon alle sehr darauf gefreut, mal wieder physisch zusammenkommen und netzwerken zu können.

Leissner PSI 1 - „Wir investieren in die Marke PSI“

Barbara Leithner

Lassahn PSI 1 - „Wir investieren in die Marke PSI“

Petra Lassahn

Messeveranstalter gehören zu den am schwersten durch die Pandemie betroffenen Branchen. Wie sehr hat Reed Exhibitions unter der Krise gelitten?

Barbara Leithner: 2020 und auch 2021 zählen natürlich zu den herausforderndsten Jahren für unsere Branche, und auch wir sind von den Folgen der Pandemie nicht verschont geblieben. Weltweit ist der Umsatzrückgang im Messegeschäft auf rund drei Viertel zu beziffern, und allein in Deutschland sind 800 Messen entweder verschoben oder ganz abgesagt worden. Was das Jahr jedoch auch gezeigt hat: Wir in der Messebranche hatten Zeit, unsere Hausaufgaben zu machen und einen großen Schritt weiter zu denken, auch mal mutige Schritte ohne einen allzu hohen Erwartungsdruck zu gehen. So hat es in unserer Branche einen riesigen Digitalisierungsschub gegeben. Wir wollen uns nicht mehr auf eine einzelne Veranstaltung verlassen, sondern müssen 365 Tage im Jahr für unsere Kunden da sein. Und seit November arbeiten wir durch die Umstrukturierungen im Management noch agiler und flexibler. Wir haben Ressourcen zusammengelegt, wir können in den Themen Technologie und Digitalisierung, aber auch in Sachen Innovationsfreudigkeit unsere Stärken bündeln und so nicht mehr nur für lokale Märkte etwas entwickeln, sondern für den gesamten deutschsprachigen Raum. Darauf freue ich mich sehr, das wird den Mehrwert für unsere Kunden deutlich steigern.

Vom 19. bis 21. Mai findet nun die PSI Digital statt. Was erwartet die Besucher?

Petra Lassahn: Das digitale Format baut auf unserem bestehenden Netzwerk auf. Wir sind mit der PSI schon relativ weit, was Digitalisierung angeht. Am Messetag selbst bieten wir ein buntes Programm: Wir planen u.a. Key Notes – durchaus auch politische Themen – und Podiumsdiskussionen. Was mir ganz besonders am Herzen liegt, ist, dass wir praxisnahe Themen haben, z.B. einen großen Block zum Thema Nachhaltigkeit, aktuelle Rechtsthemen – wie die neue Marktüberwachungsverordnung oder das Thema Produktverantwortung/Produkthaftung – sowie Hilfestellungen für das tägliche Leben: Werbewirksamkeit auf Webseiten, Storytelling auf Social Media … Und natürlich sind die Produktpräsentationen der Aussteller, mit denen man auch per Chat-Funktion in Kontakt treten kann, ein wesentlicher Bestandteil. Uma und Schwan-Stabilo sind Sponsoren der PSI Digital, aber auch andere namhafte Unternehmen wie elasto, koziol, die JCK-Gruppe, Paul Stricker, Troika, Mahlwerck, Softiebag, um nur einige zu nennen, haben bereits zugesagt. Wir erwarten über die komplette Eventserie rund 150 Aussteller.

Gibt es eine Zugangsbeschränkung?

Petra Lassahn: Wir werden sowohl die PSI Digital als auch die Digital Fridays, die in der Folge jeden zweiten Freitag im Monat stattfinden werden, für Händler und für Lieferanten, die noch nicht PSI-Mitglied sind, öffnen, sodass diese die Möglichkeit haben, reinzuschnuppern. Außerhalb dieser Tage ist das Portal für Nicht-Mitglieder aber geschlossen. Industriekunden lassen wir nur als Gäste der Händler zu. Der Plan sieht vor, diese Aktivitäten auch 2022 fortzuführen.

Einer Reed-Umfrage zufolge denken 65% der Besucher und 57% der Aussteller, dass digitale Events auch nach Corona funktionieren und gefragt sein werden. Wird Reed auch weiter verstärkt auf digitale Formate setzen?

Barbara Leithner: Unsere strategische Ausrichtung ist klar: Reed Exhibitions wird weiterhin sehr stark im Kerngeschäft als Veranstalter physischer Messen agieren. Das steht außer Frage. Wir glauben an das Face-to-Face-Format, wir glauben daran, dass Messen einen Mehrwert stiften, da der persönliche Austausch zwischen Ausstellern und Besuchern viel effizienter und effektiver ist, als bei den vielen digitalen Formaten. Ich denke, dass sich die Wertigkeit des Faceto-Face-Business sogar erhöht hat. Nichtsdestotrotz werden wir in allen unseren Formaten auch auf Digitalisierung setzen, weil wir so das Beste aus beiden Welten zusammenführen können. Die Digitalisierung ermöglicht es uns und unseren Ausstellern, 365 Tage im Jahr auch international beim Kunden zu sein und erhöht somit die Relevanz und Reichweite. Aussteller und Besucher werden sich nicht mehr auf drei Messetage fokussieren müssen, sondern sich über das Jahr hinweg auf den unterschiedlichen Formaten treffen, und zwar zeit- und ortsunabhängig – ob es die Digital Fridays sind, das PSI-Netzwerk, der Product Finder, Webinare oder Product Showcases.

Die Werbeartikelbranche baut auf haptische Erfahrungen und direkte persönliche Kontakte. Ist die digitale Transformation hier noch einmal schwieriger als in anderen Industrien?

Petra Lassahn: Die Branche entwickelt sich gerade extrem. Natürlich sehnen sich die Menschen danach, sich physisch zu treffen. Und Multisensorik ist seit vielen Jahren ein Thema, das für uns wichtig war und ist. Aber es gibt eben auch ein paar Aufgabenstellungen, die nicht warten können. Und alle sind dankbar, dass wir diese Aufgaben aufgreifen und Wege finden, wie wir diese Zeit überbrücken, wobei sich die Formate, die jetzt der Überbrückung dienen, auch nach der Pandemie fortsetzen werden.

psi verch - „Wir investieren in die Marke PSI“

Anfang 2020 konnte die PSI-Messe noch wie gewohnt stattfinden. 2021 wird die Veranstaltung in den digitalen Raum verlegt.

Gerüchten zufolge soll Reed Exhibitions über den Verkauf der PSI nachgedacht haben. Benedikt Binder-Krieglstein, der neue CEO von Reed Österreich und Deutschland, hat das dementiert. Was sind die weiteren Pläne von Reed mit dem PSI?

Barbara Leithner: Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie mir diese Frage stellen, eben weil tatsächlich in den letzten Wochen und Monate solche Gerüchte kursiert sind. Da kann ich eine ganz klare Aussage treffen: Die PSI war, ist und bleibt eine der wesentlichen Marken im Messeportfolio von Reed Exhibitions Deutschland und Österreich. Ein Verkauf, wie er kolportiert wurde, stand zu keiner Zeit bei uns in der Diskussion. Ganz im Gegenteil: Wir sind gerade am Beginn eines großen Strategieprozesses. Wir werden in die Zukunft der Marke investieren. Ich glaube, das hat sie sich auch verdient nach 60 Jahren Geschichte, dass wir sehr mutig herangehen und uns fragen: Wie können wir unsere Mitglieder – Händler und Lieferanten – mit der PSI wieder auf Erfolgskurs führen? Was können wir für Services bieten, damit wir wieder vollumfänglich als Enabler, als Unterstützer für die Branche agieren können? Wir werden auch Geld in die Hand nehmen, um uns in den nächsten Jahren neu aufzustellen.

Was für Ideen zur Weiterentwicklung gibt es?

Barbara Leithner: Uns schweben einige strategische Änderungen vor, aber Genaueres können wir erst ab dem Sommer verkünden, wenn wir in einen fundierten Abstimmungsprozess mit unseren Partnern gegangen sind. Wir wollen uns dabei auch nicht vor Ideen und Anregungen verschließen, die an uns herangetragen werden.

Im Januar 2022 soll die PSI wieder live stattfinden: Können wir dann wieder eine PSI as usual erwarten?

Petra Lassahn: Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass in Europa der Impfprozess so weit fortgeschritten sein wird, dass Messen wieder stattfinden können. Es mag noch Einschränkungen geben, aber wir hatten bereits letztes Jahr ein Hygiene- und Sicherheitskonzept entwickelt, das sich dem Einzelhandel annähert, mit Maßnahmen, an die alle gewöhnt sind. Wir werden sicher etwas mehr Platz einplanen, um Wartezonen einzurichten. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir eine ähnliche Größenordnung wie im Januar 2020 erreichen.

Wird es wieder das Messetrio aus PSI, viscom und PromoTex Expo geben?

Petra Lassahn: Der Textilbereich und das Thema Veredelungen gehören seit jeher zur PSI, sind zwei ganz wichtige Bestandteile der Werbeartikelbranche und werden daher auch in der PSI-Messe fest integriert bleiben. Aber wir entwickeln auch hier neue Formate und Konzepte.

Bleibt es beim Standort Düsseldorf?

Petra Lassahn: Düsseldorf hat sich seit fast 60 Jahren bewährt und als für uns bester Standort erwiesen: zentral in Europa gelegen mit einem modernen Messegelände inklusive toller Anbindungsmöglichkeiten und technischen Gegebenheiten. Daran werden wir nicht rütteln.

Wie wird man zukünftig mit dem Thema Industriekunden umgehen?

Petra Lassahn: Auch das ist Teil unserer konzeptionellen Überlegungen. Ganz wichtig: Wir führen derzeit viele Gespräche mit der Branche, denn man kann eine Messe nicht ohne die Partner in der Branche machen.

Reed hat Umstrukturierungen vorgenommen, damit einher geht ein Wechsel von vielen bekannten Führungspersönlichkeiten im PSI/Reed-Team. Läuft das PSI dadurch Gefahr, Marktnähe zu verlieren?

Barbara Leithner: Wir geben ein klares Bekenntnis zum Werbeartikelmarkt ab. Grundeinstellung aller unserer Messe- und Vertriebsteams ist es, Marktnähe, Kundennähe und Kundenverständnis zu leben. Ein Wechsel im Management wird daran nichts ändern. Petra Lassahn und ihr gesamtes Messeteam sind sehr engagiert, besonders innovativ und brennen wirklich für das Netzwerk und für die Marke. Wir werden nicht einen Zentimeter an Marktnähe verlieren.

Es gibt einige neue Messeprojekte: Glauben Sie, dass sich nach der Pandemie die Messelandschaft im deutschsprachigen Werbeartikelmarkt neu sortieren wird?

Barbara Leithner: Wir fokussieren uns auf uns und auf die Weiterentwicklung der PSI. Nur mit dieser Strategie schaffen wir es, den Mehrwert für unsere Kunden, für unser Netzwerk, für unsere Händler auszubauen. Wir werden nach 60 Jahren PSI in den nächsten Jahren den Netzwerkgedanken und das Zusammengehörigkeitsgefühl, das die PSI ausmacht, noch mehr fördern und noch mehr in den Vordergrund stellen.

Die PSI beansprucht, die Leitmesse für den europäischen Werbeartikelmarkt zu sein. Wie wollen Sie Ihre Stellung behaupten?

Petra Lassahn: Die große Stärke der PSI ist ihre Internationalität. Wir haben mit rund 6.000 Mitgliedern das größte Netzwerk in Europa. Wir werden alles daran setzen, das Netzwerk weiter auszubauen, den Mitgliedern den besten Service zu geben und auch neue Formate anzugehen. Es gibt keine Veranstaltung in der Branche, die so international aufgestellt ist wie die PSI mit einem Internationalitätsanteil bei den Besuchern von knapp 60%. Und nicht zu vergessen: Es gibt keine weiteren Messen, die so repräsentativ sind wie die PSI. Diese beiden Punkte – zusammen mit dem Service, den wir leisten für das gesamte Netzwerk und insbesondere auch für die kleineren Händler und Lieferanten – sind gewichtige Argumente für die PSI.

// Mit Petra Lassahn und Barbara Leithner sprach Dr. Mischa Delbrouck. 

Bildquelle: Reed Exhibitions (2), © WA Media (1)

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