„Nicht wenige sollen alles perfekt machen, aber mehr Leute viel richtig. Dann können wir gemeinsam wirklich Großes erreichen.” – so lautet das Credo der Wachsling-Gründerin Jennifer Wetzel. Ihre veredelbaren Bienenwachstücher und -beutel sind eine umweltfreundliche Alternative zu Wegwerfprodukten, mit der jede:r einen kleinen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen kann.

Wachsling 1 - Wachsling: Natürlich eingepackt

Tüfteln, mischen, tränken, trocknen, fluchen, tüfteln, mischen, tränken, trocknen, fluchen – unzählige Male hat Jennifer Wetzel im Versuchslabor des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein noch einmal von vorne angefangen. Ihr Ziel: Für den Masterabschluss ein wiederverwendbares Bienenwachstuch zur Produktreife zu bringen, das sich als natürliche Alternative zu Alu- und Frischhaltefolie einsetzen lässt.

Dazu musste nicht nur ein Baumwollstoff mit idealer Gewebestruktur gefunden werden, sondern auch passendes Harz und Öl. Dann galt es, zu ermitteln, in welchem Verhältnis man diese beiden Komponenten mit dem Bienenwachs vermischen muss, damit eine Masse entsteht, die sich perfekt mit der Baumwolle verbindet. Das Tuch darf nicht zu fest, aber auch nicht zu weich sein, darf nicht bröckeln, muss sich gut zum Einpacken von Pausenbroten und zum auslaufsicheren Abdecken von Schüsseln eignen, soll Lebensmittel frisch halten, abwaschbar und wiederverwendbar sein – und selbstverständlich lebensmittelkonform.

Denkanstoß in Down Under

Auf die Idee für ihre Abschlussarbeit kam  Wetzel auf einer Neuseelandreise: „2016 stand ich kurz vor der Masterarbeit mit Schwerpunkt textile Produktentwicklung, hatte aber keine zündende Idee, daher entschloss ich mich zu einer Auszeit und reiste mit meinem Mann Jannik ein Jahr durch Neuseeland – dort bin ich auf die Bienenwachstücher gestoßen. Die Neuseeländer:innen sind es gewohnt, darin ihre Lebensmittel einzupacken und sparen damit jede Menge Frischhalte- und Alufolie. Uns war sofort klar: Das brauchen wir auch in Deutschland. Und zwar für alle!“

Zurück an der Uni stellte Wetzel die Idee ihren Dozent:innen vor, die sich sofort begeistert zeigten und das Projekt unterstützten. Wetzel: „Durch das Hochschullabor hatte ich die besten Voraussetzungen, um wissenschaftlich fundiert an die Sache herangehen zu können.“ Die Studentin nutzte das Equipment des Labors und die Hilfe der Expert:innen vor Ort. U.a. wurde das Produkt intensiv auf seine Lebensmittelkonformität getestet.

Wachsling gruender - Wachsling: Natürlich eingepackt

„Ich bin der Kopf, er ist der Arm“, sagt Wachsling-Gründerin Jennifer Wetzel über ihren Mann Jannik, der sie von Anfang an bei ihrem Start-up-Traum unterstützte und auch im Unternehmen arbeitet.

„Wenn ich nicht die Hochschule im Rücken und die Masterarbeit als Ziel gehabt hätte, wäre das Produkt vielleicht nie entstanden“, so die Gründerin heute. Allein 70 verschiedene Baumwolltücher probierte Wetzel aus, bis das passende Tuch gefunden war. Ein Jahr lang forschte sie an der Zusammensetzung der Beschichtung. Kaum war die Masterarbeit fertig, folgte der nächste Schritt: Im Dezember 2018 – als Wetzel gerade im achten Monat schwanger war – ging die Firma Wachsling an den Start. Drei Monate später kündigte Jannik Wetzel seinen festen Job als KFZ-Mechatroniker und stieg mit in das Unternehmen ein.

„Am Anfang haben wir noch jedes Tuch selbst im Siebdruck bedruckt“, erinnert sich Wetzel. Heute übernimmt das ein externer Partner. Die Bienenwachsmischung wird am Firmenstandort von Wachsling im nordrhein-westfälischen Jüchen mittels Druck und Hitze in die Tücher gepresst. „Wir haben dazu eine eigene Maschine entwickelt“, berichtet die Textilfachfrau. „Viele Anbieter bestreichen die Tücher nur mit dem Wachs. Wir arbeiten die Masse mit unserer Maschine richtig tief in die Baumwolle ein, sodass eine feste Verbindung entsteht.“ Das Zuschneiden, Falten und Verpacken sowie der Versand erfolgen in Handarbeit, ebenfalls in Jüchen.

Einfache Handhabung

Das Bienenwachs bezieht Wachsling von Imker:innen aus Nordrhein-Westfalen sowie einer deutschen Großimkerei, die das Wachs europäischer Anbieter sammelt, aufbereitet und auf Pestizide untersucht. Ein Anbieter aus Süddeutschland liefert die unbehandelte Baumwolle; eine Pecherei in Österreich das antiseptisch wirkende Kiefernharz. Das Kokosöl stammt aus kontrolliert biologischem Anbau.

Momentan produziert das Start-up Bienenwachstücher und Bienenwachstuchbeutel in jeweils drei Größen und sechs Motiven. Während sich mit den kleinen Wachslingen beispielsweise die Schnittflächen von Obst und Gemüse vor dem Austrocknen schützen lassen, decken die großen Tücher Schüsseln, Teller und Co. zuverlässig ab. In den Beuteln lässt sich der Einkauf vom Wochenmarkt oder Brot und Brötchen verstauen, und sogar das Einfrieren von Lebensmitteln ist mit den nachhaltigen Utensilien möglich. Das sichere Verschließen funktioniert mittels Körperwärme – einfach etwas Druck mit den Händen ausüben, und das Produkt haftet an sich selbst oder schmiegt sich an das Behältnis an, das verschlossen werden soll. Mit den praktischen Küchen- und Transporthelfern wird aber nicht nur jede Menge Abfall von Einwegprodukten vermieden: „Durch das Baumwollgewebe und die antibakterielle Wirkung der Beschichtung bleiben die Lebensmittel länger frisch. Sie haben Luft zum Atmen, trocknen dabei aber nicht aus“, erklärt Wetzel.

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Umweltfreundliche Alternative zur Brötchentüte: Die Bäckerei Büsch aus Kamp-Lintfort setzt gebrandete Bienenwachstücher ein. Durch die besondere Wachsling-Membran bleiben Brot und Brötchen lange frisch und knusprig.

Gereinigt werden die Produkte mit lauwarmem Wasser und natürlicher Seife. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, legt die Tücher und Beutel einmal im Monat für ein paar Stunden in die Sonne oder ins Gefrierfach, um Bakterien abzutöten. Zur Aufbewahrung von Fleisch und Fisch sind die Wachslinge nicht geeignet. Bis zu 400 Mal lässt sich ein Tuch oder Beutel wiederverwenden. Wetzel: „Ist die Beschichtung zu dünn geworden, kann man unsere Wachslinge theoretisch einfach in den Biomüll geben. Leider sind die Verwertungsanlagen aber noch nicht auf diese Art von Kompost ausgelegt, sodass es sich eher empfiehlt, ihnen ein zweites Leben als Kamin- oder Grillanzünder zu schenken.“

Verantwortungsvoll werben

Firmen, die die Produkte von Wachsling als Werbepräsent einsetzen möchten, können individuelle Größen wählen und die Baumwolltücher mit eigenen Motiven bedrucken lassen. Die Verpackung aus Graspapier kann mit einem 4 x 4 cm großen Sticker und ab 1.000 Stück auch vollflächig veredelt werden. Die Unternehmen, die bereits mit den positiven Assoziationen der Wachslinge für sich werben, kommen aus den unterschiedlichsten Branchen: Eine Bäckerei nahm gebrandete Bienenwachstücher in ihren Online-Shop auf, ein Autohaus nutzte sie als Weihnachtspräsent, und ein Schrotthandel beglückte seine eigenen Mitarbeiter:innen mit personalisierten Varianten der nachhaltigen Verpackungsalternative. Wetzel: „Sie alle zeigen Haltung und senden eine Botschaft: Wir machen uns Gedanken um unsere Umwelt und den ökologischen Fußabdruck. Alle, die ihren Alltag Stück für Stück müllfreier gestalten wollen, freuen sich über so ein Präsent. Und sind die Tücher und Beutel oft in Gebrauch, wird auch das Unternehmen lange gesehen.“

Fleißig wie die Bienen arbeitet das Wachsling-Team auch schon an der Erweiterung des Sortiments: Ein Do-it-yourself-Kit, ein Repair-Set und Wachslinge von der Rolle zählen zu den neuesten Ideen. Damit bleibt das Start-up seiner Mission treu: Unnötigen Müll vermeiden und so einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

// Jasmin Oberdorfer

www.wachsling.de

Bildquelle: Wachsling

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