Nach den Rücktritten von insgesamt vier der fünf im letzten Jahr gewählten Vorstandsmitglieder stehen beim deutschen Werbeartikelverband GWW (Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft e.V.) am 20. Juni bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung in Wiesbaden Neuwahlen an. Der ebenfalls zurückgetretene Vorstandsvorsitzende Steven Baumgaertner (cyber-Wear) tritt mit einem neuen Team erneut zur Wahl an: Ronald Eckert (Döbler), Judith Fröhlich (Senator/Kahla), Tobias Köckert (Mahlwerck) und Petra Lassahn (PSI) haben sich vorgenommen, den Verband nach den Turbulenzen der letzten Monate gemeinsam wieder in die Zukunft zu führen. Im Gespräch mit den Werbeartikel Nachrichten stellen sie ihre Agenda vor, erklären, wie sie den Verband neu strukturieren wollen, und versprechen mehr Klarheit und Transparenz im Umgang untereinander, mit der Geschäftsstelle und in der Kommunikation zu den Mitgliedern.

GWW Vorstand Interview alle - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

Herr Baumgaertner, Sie sind am 31. März, rund ein halbes Jahr nach Amtsantritt, vom Posten des GWW-Vorstandsvorsitzenden zurückgetreten. Nun kandidieren Sie bei den nötig gewordenen Neuwahlen am 20. Juni erneut als Vorstandsvorsitzender. Warum kam es zu der Kehrtwende?

Steven Baumgaertner: Weil es mir wichtig ist, die seit meiner ersten Wahl im September angestoßenen Themen fortzuführen – mit Geschlossenheit und Entschlossenheit. Die Initiativen, die wir seit dieser Zeit entwickelt haben, weisen in die richtige Richtung, wie auch die Resonanz aus der Mitgliedschaft belegt. Diesen Weg wollen wir weitergehen, gemeinsam getragen von einem Vorstand, in dem sich alle darüber einig sind, dass wir den Blick nach vorne richten müssen, um etwas für die Branche zu bewirken – hinsichtlich der Wahrnehmung wie auch der steuerrechtlichen Behandlung von Werbeartikeln. Darüber besteht innerhalb der Liste, die jetzt an den Start geht, großer Konsens. Wir wollen, dass der GWW für das Ziel „Gemeinsam weiter wachsen“ steht. Dafür trete ich an, dafür stehe ich mit meinem Wort, alles dafür zu tun, dass dies möglich wird.

GWW Vorstand Interview Baumgaertner2 - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

Neben repräsentativen Aufgaben als erster Vorstandsvorsitzender fallen in Steven Baumgaertners Ressort die Bereiche Politik und Internationale Verbände.

Was hat sich denn entscheidend geändert im Vergleich zu der Situation vor ein paar Monaten, als Sie zurückgetreten sind?

Baumgaertner: Es ist tatsächlich das andere Team. Es war ja eigentlich nicht meine Absicht, als ich zurückgetreten bin, dass sich dann im Nachgang fast der komplette Vorstand auflöst, sondern ich wollte den Weg frei machen, weil ich das Gefühl hatte, dass Themen, die wir im alten Vorstand besprochen und beschlossen hatten, wieder verworfen wurden und es ein stetiges Vor und Zurück gab, wo elementare Kernthemen kategorisch ausgeschlossen wurden und wir uns auf keinen Konsens pro Zukunft des Verbands einigen konnten. Wenn ich mir einen Fehler ankreiden lassen muss, so ist das der, dass ich bei der Wahl im September viel zu wenig Vorbereitungszeit hatte und dachte, das wird schon irgendwie klappen mit dem Vorstandsteam. Das war nicht der Fall. Nun haben wir viel mehr Vorbereitungszeit und darin liegt auch eine Chance, jetzt mit einem Team an den Start zu gehen, das aus meiner Sicht perfekt geeignet ist für die Aufgaben, die wir dann auch künftig angehen müssen.

Werden Sie sich auch als komplettes Team zur Wahl stellen lassen?

Ronald Eckert: Die Satzung gibt da nichts vor, es ist sowohl Blockwahl als auch Einzelwahl, sowohl offene Wahl als auch geheime Wahl möglich. Wir streben eine Blockwahl an, nicht weil wir Befürchtungen vor den Einzelergebnissen haben, sondern weil unsere Prämisse ist, dass wir als Team, so wie es sich jetzt gefunden hat, gemeinsam ans Steuer kommen und die Geschicke des GWW lenken wollen, um dieses Projekt in die Zukunft zu führen.

Frau Lassahn, im September letzten Jahres gab es eine Einzelwahl der Vorstandsmitglieder. Da sind Sie nicht über die 50%-Hürde gekommen– vermutlich auch aus Unkenntnis vieler Mitglieder über die Satzung, die Ihre Mitarbeit im Vorstand nur bei berechtigten Einwänden gegen die Person hätten verweigern dürfen. Nun treten Sie erneut an. Was motiviert Sie?

Petra Lassahn: Gemäß Satzung gibt es ja diesen PSI-Posten im Vorstand, aber das ist sicherlich nicht der Grund. Ich fand es in der Tat schade, nicht gewählt worden zu sein, denn wir mit unseren mehr als 5.000 Mitgliedern sind einfach ein wesentlicher Bestandteil dieser Branche. Natürlich haben wir in der Vergangenheit Fehler gemacht, ich habe in den mittlerweile mehr als zwei Jahren, seitdem ich das PSI übernommen habe, verstanden, dass es einen gewissen Unmut gibt, habe viel zugehört und mich bemüht, immer Kompromisse zu finden und im Sinne der gesamten Branche zu handeln. Doch das ständige Zurückblicken bringt uns nicht weiter, das muss auch irgendwann mal gut sein.

Ich kann Kenntnisse aus vielen anderen Branchen, die Abnehmer von Werbeartikeln sind, einbringen, habe das Feedback der PSI-Mitglieder und bin eng vernetzt mit internationalen Key Playern. Nicht zuletzt können wir viel zur Lobbyarbeit beitragen. Insofern gibt es viele objektive Gründe, dass ich mich noch einmal gemeldet habe. Ich muss zugeben, es fiel mir nicht ganz leicht, aber mit dem jetzigen Team kann ich mir das gut vorstellen, da stehe ich total hinter.

GWW Vorstand Interview Eckert2 - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

Ronald Eckert, geschäftsführender Gesellschafter von Döbler Werbeartikel, soll im neuen Vorstand das Finanzressort führen und als Schnittstelle zur Geschäftsführung fungieren.

Herr Eckert, viel Kritik an der PSI kommt aus Händlerkreisen, deren Sektion Sie ja vertreten. Mit welchen Argumenten kann man diese Skeptiker mitnehmen?

Eckert: Das PSI bringt mit seinem Netzwerk eine Schlagkraft auf nationaler und internationaler Ebene mit, kann im Bereich der Lobbyarbeit mit bestehenden Kontakten Einfluss nehmen und auch potenzielle Gelder einsammeln. Man darf nicht vergessen: Lobbyarbeit kostet ein Wahnsinnsgeld, das ist mit den 1.000 Euro Mitgliedsbeitrag gar nicht zu leisten. Und was die Zusammenarbeit betrifft: Durch den personellen Wechsel beim PSI weht ein neuer Wind, und dieser neue Wind sollte auch mit in den GWW hineinwehen. Ich denke daher, dass es für den Verband ein Gewinn sein wird, wenn das PSI wieder aktiv mit im Vorstand vertreten ist; natürlich auch nur mit einer Stimme, wie sie alle anderen Vorstandsmitglieder auch haben. Wer da befürchtet, das PSI könnte den Vorstand dominieren – das ist Käse!

Baumgaertner: Ich würde auch ganz gerne mal runterkommen von diesem Denken: „PSI, Nicht-PSI, welche Institution, welches Unternehmen steht hinter welcher Person etc.“ Wir bewerben uns primär als Macherinnen und Macher, als Personen. Es geht nicht um den Eigennutz, sondern darum, dass man ein Team von Menschen findet, die diesen Job gerne machen – im Ehrenamt – und die diesen für die Branche erledigen wollen. Und wir sollten daher fragen, ob die Personen die richtigen für diesen Job sind. Da sehe ich uns sehr gut aufgestellt: mit Petra, die Energie mitbringt, Themen nach vorne treibt und auch hart genug ist, mal etwas einstecken zu können und eine Meinung zu vertreten. Mit Judith, die eine absolute Macherin ist und im Vertrieb bei Senator und Kahla vieles bewegt hat. Mit Ronald, der über fast zehn Jahre Erfahrung in der Vorstandsarbeit verfügt und jetzt den Verband interimsweise durch die schwierigen Monate mit einer bemerkenswerten Nüchternheit geführt hat. Und mit Tobias, der sachlich und aufgeräumt ganz klar und stringent seinen Weg geht. Und das ist das, was dieses Team braucht: Nüchternheit und Sachlichkeit, gepaart mit einer Mentalität des Ärmel-Hochkrempelns.

Herr Köckert und Frau Fröhlich: Für Sie ist die Vorstandsarbeit relativ neu. Was hat Sie gereizt, sich zur Wahl zu stellen?

Tobias Köckert: Ich bin nach dem Rücktritt von Frank Jansen mehr oder weniger zufällig in die Vorstandsarbeit hineingerutscht und habe festgestellt, dass viele Probleme daher rühren, dass die Kommunikation zwischen Vorstand und Mitgliedern nicht so gut läuft, wie sie soll. Ich glaube, dass ich in diesem Thema einen Beitrag leisten kann, damit viele Themen nachvollziehbarer und transparenter werden. Es kursierten schon krasse Gerüchte und Geschichten und die rühren daher, dass zu wenig Klarheit herrscht. Auch wenn es mal unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Sachverhalten gibt, was in meinen Augen völlig normal ist, bin mir sicher, dass wir in unserem Team in vielen Fällen ähnliche Vorstellungen haben und deckungsgleich agieren, sodass es nicht zu einem ähnlichen Dissens wie im alten Vorstand kommen wird.

Judith Fröhlich: Als Steven letztes Jahr angetreten war, dachte ich, es kommt frischer Wind in den Verband und es geht nach vorne. Nach dem Rücktritt von Steven habe ich mir erst einmal versucht, eine eigene Meinung zu bilden, und bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass der Weg, der eingeschlagen wurde, eigentlich der richtige ist, da sich der Verband weiter nach vorne entwickeln muss, gerade auch was die politische Arbeit angeht.

Petra hat es ja schon angedeutet: Man muss einfach nach vorne schauen, neuen Leuten auch eine Chance geben, auf Zukunft und Wachstum setzen. Ein wichtiger Punkt ist, dass die Chemie im Team passt – ich glaube, da ist es auch gut, dass mal zwei Frauen mit im Vorstandsteam sind, weil wir uns in der Mischung mit den Männern gut ergänzen. Und ja: Ich bin eine Macherin, und ich bin bereit, etwas Positives für den Verband zu bewirken und mitzuhelfen, die Gräben, die ich eigentlich nur vom Hörensagen kenne, zu schließen.

GWW Vorstand Interview Froehlich2 - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

Judith Fröhlich, Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing bei der Senator GmbH, ist für die Bereiche Sales und Marketing vorgesehen.

Um welche Themen, die in der Konstellation mit dem alten Vorstand nicht umgesetzt werden konnten, nun aber angegangen werden sollen, geht es denn in der Hauptsache?

Baumgaertner: Ein Kernthema ist die Neustrukturierung des gesamten Verbandes in seiner Grundform. Die ist überfällig. Dazu gehört insbesondere auch eine klare Trennung von Verbandsaufgaben und der zum Verband gehörenden GFW GmbH; die für die Durchführung von Messen und Events verantwortlich ist, was im operativen Geschäft aber immer wieder vermischt wird. Wir glauben, dass sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in organisatorischer und struktureller Hinsicht eine klare Trennung herbeigeführt werden muss, sodass sich die GFW um die Eventformate kümmert, der GWW aber seinen originären Aufgaben der Verbandsarbeit nachkommen kann.

Eckert: Personell sollen die Bereiche entflechtet werden, dennoch ist es natürlich nach wie vor so, dass die GFW eine Tochtergesellschaft des Verbandes ist und somit komplett weisungsgebunden an den Vorstand ist, der wiederum der Mitgliedschaft als solches verpflichtet ist. Es muss also keiner befürchten, dass die GFW selbstständig darüber entscheidet, neue oder andere Messeformate aus der Taufe zu heben.

Baumgaertner: In erster Linie geht es darum, Zuständigkeiten zu definieren, damit nicht wie bisher viele Dinge immer liegen bleiben, weil Kapazitäten anderweitig verwendet werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es uns, Transparenz in die Bilanzen zu bekommen, damit die Mitglieder nachvollziehen können, was letzten Endes mit ihren Beiträgen wirklich passiert.

Die Durchführung von Messen, insbesondere der GWW-Trend im Frühjahr, ist ein Streitpunkt, der mit dazu beigetragen hat, den Verband zu entzweien. Steht Ihr Team dafür ein, sich für die Abschaffung der Frühjahrs-Trend einzusetzen?

Baumgaertner: Wir sind ganz klar dafür, die Messelandschaft zu konsolidieren, damit wir uns als GWW-Team, aber auch als Branche selbst, aufs Wesentliche konzentrieren können. Fakt ist aber auch, dass wir bei einer solch weitreichenden Entscheidung wie die über die Durchführung der Frühjahrs-Trend das Votum der Mitglieder einholen werden. Wir werden daher Konzepte erarbeiten, die gangbare Alternativen aufzeigen, und diese relativ zeitnah nach den Wahlen zu Papier bringen, sodass wir bestenfalls bis zur Herbst-Trend eine Entscheidung hätten. Und dann müssten wir schauen, ob eine GWW-Trend im Frühjahr 2024 rein planerisch überhaupt umsetzbar wäre.

Vier Punkte werden in Ihrer Agenda als Kernaufgaben des Verbandes definiert: Politische Kommunikation und Lobbyarbeit, Außendarstellung, Forschung sowie Weiterbildung. Gehen wir diese der Reihe nach kurz durch. Was ist in der politischen Arbeit zuletzt passiert, und was steht als nächstes an?

Baumgaertner: Wir hatten zunächst auf der PSI mit Herrn Herbrand und Herrn Todtenhausen von der FDP und dann weiterführend auch in Berlin einige positive Gespräche und haben auch auf höchster Ebene im Finanzministerium über die Paragraphen 4 und 37 b, also die Problematik bzgl. der 10- bzw. 35 Euro-Grenze, sprechen können. Wir arbeiten auch eng mit anderen Verbänden, v.a. dem BGA und dem ZAW, zusammen, sind im intensiven Austausch mit den jeweiligen Hauptgeschäftsführern, die auch unsere Kandidatur unterstützen.

Ich möchte auch noch einmal betonen, dass die diesbezügliche Zusammenarbeit mit meinem Vorgänger Frank Dangmann, sehr intensiv und gut ist.

Als nächstes werden wird das Sommerfest des Handels von BGA und HDE mit 1.000 geladenen Gästen aus Verbandsebene, dem Unternehmertum und der Politik, unterstützen, und zwar nicht mit einer Anzeige o.Ä, sondern – oh Wunder – mit haptischer Werbung. Wir werden vor Ort mit einer schönen Beach-Tasche, einer Sonnencreme und einem Hamamtuch Werbung für den GWW machen.

Was kann das PSI an konkreter Unterstützung für die politische Arbeit leisten?

Lassahn: Wir haben von Seiten des Konzerns ein Büro, das heißt Government Affairs, mit Repräsentanzen in Berlin und Brüssel. Die Mitarbeiter sind dort ganzjährig vor Ort ansässig und haben vielfältige Kanäle zur Politik. Auch im letzten Jahr haben wir so schon einige Abgeordnete kontaktiert. Zur politischen Arbeit zählt auch, die Europa-Ebene stärker im Blick zu haben, denn wir alle wissen leidlich, wie weitreichend inzwischen die Vorgaben der EU sind. Der internationale Part steht mir zu, weil wir natürlich international unterwegs sind, sowohl mit der PSI als auch im gesamten Unternehmen. Da haben wir z.T. sicher bessere Kontakte als der GWW.

In das Thema Kommunikation wollen Sie sich verstärkt einbringen, Herr Köckert. Welche Ideen verfolgen Sie konkret?

Köckert: Das erste Ziel ist, eine unmissverständliche Kommunikation über das, was der Verband tut und was wir uns vornehmen, in Richtung der Mitgliedschaft aufzubauen, sodass einfach Klarheit herrscht. Ich denke, dass die Gerüchteküche auch deswegen so stark gebrodelt hat, weil zu wenig klare und belastbare Informationen vorlagen. Da kann man vieles besser machen.

In der Außendarstellung ist angedacht, die Zusammenarbeit mit der Agentur Seidensticker Kommunikation fortzuführen. Allerdings beginnt die Außendarstellung schon damit, wie man sich auf der Website präsentiert. Dort sollten die Informationen so aufbereitet sein, dass sich auch ein Fremder direkt zurechtfindet. Wir wollen da moderner, wertiger und seriöser rüberkommen.

GWW Vorstand Interview Koeckert 2 - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

Tobias Köckert, Geschäftsführer von Mahlwerck, übernimmt im Organigramm die Leitung für die Themenfelder Marketing und Kommunikation.

Studien sind ein wichtiger Faktor zur Außendarstellung. Sind weitere Studien in Arbeit?

Köckert: Für viele Anwender ist es einfach wichtig, aufzuzeigen, wie gut ein Werbeartikel wirkt. Das Thema werden wir mit Sicherheit weiterentwickeln und auch versuchen, geeignete Kommunikationswege Richtung Industriekunde zu finden.

Baumgaertner: Wir arbeiten auch an einer Erhebung europäischer Branchenkennzahlen, dafür stehen wir im Austausch mit den europäischen Leitverbänden. Ein Treffen dazu fand jüngst in Hamburg statt. Auch hier ist es wichtig, sich zu konsolidieren, damit wir nicht zu viele Budgets darauf verwenden. Wir müssen also schauen, was wir voneinander – oder auch von den Amerikanern, die ja sehr datengetrieben sind –, lernen können und dann würden wir schon versuchen wollen, ein europäisches Panel zu kreieren.

Das Thema Education steht in Ihrem Aufgabenbereich, Frau Fröhlich. Was ist dort zu tun?

Fröhlich: Ganz sicher ist das Thema Fortbildung eines, was angegangen muss, denn mit guten Angeboten in diesem Segment lassen sich auch neue Mitglieder werben. Und Sales gehört ja ebenfalls zu meinem Aufgabenbereich. Das ergänzt sich also gut. Ich schaue derzeit, was andere Verbände machen, aber für konkrete Vorschläge muss ich mich in dieses Thema erst noch weiter vertiefen.

Baumgaertner: Für mich geht das Thema Fortbildung Hand in Hand mit dem Thema Recruiting. Mit einer guten Reichweite im Thema Education – auf Universitäten, Hochschulen etc. – bekommt man auch mehr Reichweite für die eigene Branche und damit mehr Qualität. Das ist ein Thema, das wir schon im alten Vorstand für extremst wichtig erachtet haben. Mit der Einführung der Young Professionals hat es einen ersten Schritt in die richtige Richtung gegeben.

Lobbyarbeit, Studien, Weiterbildung – all die Themen kosten Geld. Reichen die bisherigen Einnahmen zur Gegenfinanzierung aus?

Baumgaertner: Unser Motto lautet „Gemeinsam weiter wachsen“, und das bezieht sich auch auf die Mitgliederzahl. Wir hatten schon auf der Händlersektionssitzung in Köln konkrete Ansätze entwickelt und haben nun mit Judith eine Vertrieblerin, wie sie leibt und lebt, am Start, die sich an den aktiven Vertrieb über Mehrwerte machen wird. Viele unserer Mitglieder – das hat eine Abfrage im alten Vorstand ergeben – kennen unsere Mehrwerte wie Rechtsbeistand oder steuerrechtliche Erstberatung noch gar nicht und nehmen sie daher auch nicht in Anspruch.

Wir haben derzeit um die 180 bis 190 Händler im Verband. Wenn man das ins Verhältnis zum Markt setzt, ist das wirklich lausig. Da ist also deutlich mehr Potenzial, das wir heben müssen und mit dem wir dann natürlich auch mehr Budget zur Verfügung hätten. Das krankt momentan aber tatsächlich an einer schwachen Organisationsstruktur in der Geschäftsstelle.

Wie viele neue Mitarbeiter bräuchte es in der Geschäftsstelle?

Baumgaertner: Wir glauben, dass es gar nicht so schrecklich viele neue braucht. Wenn wir uns auf die Kernkompetenzen und Kernthemen konzentrieren, sind wir erstmal aktuell mit vier Mitarbeitern in der Geschäftsstelle und einer fünften weiteren Person on top gut aufgestellt. Zusammen mit dem Vorstand wären wir dann ein Team von zehn Personen. Zudem muss ja nicht alles in der Geschäftsstelle erledigt werden. Wir können ja auch über den Beirat oder über Arbeitskreise – auch wenn ich das Wort nicht mag – viel erledigen. Der Arbeitskreis zur Entwicklung eines neuen Ehrenkodex hat z.B. sehr schnell und zielgerichtet das Thema erarbeitet und einen Vorschlag formuliert.

Aber dafür braucht es eben Struktur und jemanden, der delegiert und Aufgaben koordiniert sowie priorisiert. Das passiert momentan zu wenig. Wir haben so viel Feedback von den Mitgliedern, die sich gerne aktiv einbringen wollen in verschiedenste Themen – aber aufgrund des Bottlenecks in der Geschäftsstelle liegt dieser ganze Input einfach brach. Daher brauchen wir einen gesamtstrukturellen Restart.

Lassahn - „Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit“

PSI Director Petra Lassahn würde im Vorstand die Bereiche Messen sowie European Lobby Management verantworten.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sie als Vorstandsvorsitzender unzufrieden mit der Arbeit in der Geschäftsstelle waren. Wie soll die Zusammenarbeit denn künftig funktionieren?

Baumgaertner: Ich hatte schon in den letzten Monaten im alten Vorstand immer wieder eingefordert, dass wir klare Zielvorgaben setzen müssen, so wie das in jedem Unternehmen der Welt ganz normal ist. Ein Geschäftsführer ist dafür verantwortlich, dass sein Team Zielvorgaben erhält, er erarbeitet sie selbst, setzt Prioritäten und verteilt Aufgaben. Da müssen wir mehr Zug reinbekommen, mit der Konsequenz, dass wir Leistung auch messbar machen können. Aber dafür müssen wir erst einmal den Maßstab der Perfomance definieren, da gibt es vielleicht auch unterschiedliche Sichtweisen. Das wollen wir ganz schnell angehen, um dann eben auch bewerten zu können, ob das die richtigen Personalien sind.

Um es nochmal ganz klar zu sagen: Es geht nicht um die Personen, es geht um die Branche. Wenn wir uns darauf konzentrieren, dass wir gemeinsam nüchtern und sachlich an bestimmten Themen arbeiten, wenn wir uns einig sind, dass wir nicht so weiter wurschteln können, wie bisher, haben wir auch eine Basis. Man wird am Ende des Tages nicht alle zusammen in Urlaub fahren oder jeden Abend ein Bier zusammen trinken müssen, das ist normal, aber wir brauchen eine sachliche Ebene, die bewertbar sein muss. Ich denke, das Bauchgefühl, aus dem heraus bislang viel agiert wurde, ist nicht der beste Parameter für Entscheidungen.

Köckert: Wir versuchen jetzt mithilfe eines neuen Organigramms eine klare Struktur darzustellen, die auch das Verständnis und die Akzeptanz in der Mitgliedschaft erhöhen wird. Für Ralf Samuel sehen wir ganz klar das Thema Messen und Events, und so wird ja auch für ihn ein Terrain geschaffen, auf dem er sich mit seiner jahrelangen Erfahrung einbringen kann. Diese klare Zuständigkeit und Aufsplittung von Aufgaben wird für Transparenz sorgen und v.a. den Overload vermeiden, sodass Zeit vorhanden ist, sich mit den Sachen zu beschäftigen, für die man zuständig ist.

Fröhlich: Man muss auch Mut zeigen, neue Wege zu gehen. Schlussendlich ging es bei den Auseinandersetzungen im Vorstand ja auch wesentlich um die Arbeit in der Geschäftsstelle. Und das Problem gab es ja auch schon im alten Vorstand. Bei vielen in der Branche gibt es da eine gewisse Unwissenheit, man kennt die verschiedenen Stellungnahmen nicht.

Eckert: Die Restrukturierung bewirkt, dass zum einen klar gemacht wird, wer wofür im Verband zuständig ist, und trägt dazu bei, die Vermengung von Aufgaben zu vermeiden. Aktuell ist es ja so: Man hüpft von einer Baustelle zur nächsten, löscht an jeder Stelle ein bisschen den Brand und schafft es letztendlich nicht, an einem Thema konsequent zu agieren. Zukünftig soll es eben ein Team geben, das sich um die Verbandsthematik kümmert, und eines, das sich um die Veranstaltungen kümmert. Die werden Berührungspunkte miteinander haben, aber die sollen möglichst gering sein.

Dass im Markt viele Kollegen die Geschäftsstelle um Ralf Samuel als großen „Kümmerer“ erleben, liegt auch daran, dass sie die Geschäftsstelle mit z.T. sehr renitenten Forderungen immer wieder neu belasten und offenbar als eine Art Kummerkasten missbrauchen. Natürlich können sich alle Rat bei ihrem Verband suchen – dafür ist dieser Verband auch da –, aber es sind alles Unternehmer, die nicht erwarten können, dass der Verband all ihre Probleme löst. Da gibt es derzeit eine ganz gravierende Erwartungshaltung, von der wir ein Stück weit wegkommen müssen. Wenn wir z.B. die Steuerproblematik zufriedenstellend geregelt hätten, käme es allen in dieser Branche zugute. Aber dazu muss man die Verantwortlichen auch mal diesbezüglich agieren lassen und sie nicht mit z.T. sehr kleinkarierten Forderungen überladen.

Herr Eckert, Sie kennen den GWW am allerbesten. Wie optimistisch sind Sie, dass Ihr Team am 20. Juni auch wirklich gewählt wird?

Eckert: Ich finde es unfassbar schwierig, eine Prognose abzugeben, und wir wissen alle, was Prognosen für Wahlen letztlich bedeuten.

Ich denke, diese Branche hat es verdient, dass ein Team auftritt, das sagt, was es tun will. In der Vergangenheit hat man da des Öfteren eher versucht, alles ein bisschen schwammig und schwurbelig zu formulieren. Wenn die Mitglieder beschließen, von einem Verband, der zu diesem Zweck ja auch gegründet worden ist, in die Zukunft geführt werden zu wollen, dann sehe ich eine gute Chance, dass das Team auch gewählt wird. Wenn die eher traditionell angehauchten Kollegen sich durchsetzen, dann nicht.

Mit Steven Baumgaertner, Ronald Eckert, Judith Fröhlich, Tobias Köckert und Petra Lassahn sprachen Till Barth und Dr. Mischa Delbrouck.

Die Agenda

Das Team um Steven Baumgaertner tritt mit einer klaren Agenda für die kommende Ausrichtung des GWW zu den Neuwahlen an. Unter dem Motto „GWW: Gemeinsam weiter wachsen (statt: Gemeinsam weiter wurschteln)“ werden vier Aufgabenfelder als originäre Ziele der Verbandsarbeit definiert:

  • Wachsen in der politischen Kommunikation und Lobbyarbeit
  • Wachsen in der Außendarstellung der Werbeartikelbranche
  • Wachsen in der Forschung zur Leistungsfähigkeit von Werbeartikeln
  • Wachsen in der Weiterbildung und Rechtsberatung

Mit dieser Konzentration auf klar definierte Kompetenzbereiche will man der chronischen „Überlastung und Überforderung der Geschäftsstelle“ entgegenwirken, die derzeit ein zu großes Spektrum an Aufgaben „wie das Sortiment eines Gemischtwarenladens“ zu erfüllen habe. Insbesondere die „vielfältigen Veranstaltungsaktivitäten“ bänden „über Monate hinweg Kapazitäten“, die „dann in der originären Verbandsarbeit“ fehlten, heißt es in der Agenda.

Um der „festen Überzeugung, dass der GWW weniger als Messeveranstalter agieren, sondern sich auf die vier zentralen Stoßrichtungen konzentrieren sollte“, eine entsprechende Struktur innerhalb des Verbandes zu geben, plädiert das Team für eine klare Trennung zwischen den operativen Einheiten der GWW-Geschäftsstelle und der GFW, die als GmbH künftig als eigenständiges Profitcenter geführt und bilanziert werden soll und die die Durchführung der Messen verantwortet. Damit einher geht auch eine Neudefinition der GWW-Geschäftsstelle bezogen auf die Aufgabenstellung, die personelle Ausstattung und das Profiling der Mitarbeitenden.

Angedacht ist wieder eine engere Kooperation mit dem PSI, um das Netzwerk zu vergrößern und die Lobbyarbeit zu intensivieren.

Auch an die Gemeinschaft wird ausdrücklich appelliert: „Wir brauchen alle Marktteilnehmer an Bord“, heißt es abschließend in der Agenda.

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