Zwei Wochen nach seiner Wahl zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Gesamtverbands der Werbeartikelwirtschaft e.V. (GWW) sprach Frank Jansen zusammen mit dem GWW-Geschäftsführer Ralf Samuel und den WA-Redakteuren Till Barth und Dr. Mischa Delbrouck über die nun anstehenden Aufgaben und skizzierte seine Herangehensweise an das neue Amt: Miteinander sprechen, dem Gegenüber zuhören, ergebnisoffen diskutieren. Die wichtigsten Arbeitsfelder: Politik, Messen und Öffentlichkeitsarbeit für haptische Werbung.

intgwwvorstand23 1 - "Wir können über alles reden, aber wir müssen es auch tun."

„Dieser Vorstand steht zu 100% auf der Seite der Geschäftsstelle.“ Frank Jansen (l) gibt ein klares Bekenntnis für die Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Ralf Samuel (r) ab.

Nach teils heftigen Auseinandersetzungen mit vielen Rücktritten im Vorstand wurde auf der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des GWW am 20. Juni in Wiesbaden das Team „Miteinander zukunftsfähig“ zum neuen Vorstand des Gesamtverbands gewählt. Kehrt nun Ruhe in den Verband ein?

Frank Jansen: Wir wollen auf jeden Fall nach vorne blicken. Bei allen Vorstandsmitgliedern gibt es eine große Bereitschaft zum Austausch untereinander und mit den Mitgliedern. Ich habe immer gesagt: „Wir können über alles reden, aber wir müssen es auch tun.“ Mit dieser Herangehensweise wollen wir möglicherweise entstandene Gräben zuschütten, denn wir sind als Vorstand für alle Mitglieder angetreten. Und so ist es auch zu verstehen, als ich aus voller Überzeugung gesagt habe, dass ich die Wahl „mit Demut“ annehme.

Wie haben Sie denn die letzten Monate wahrgenommen?

Ralf Samuel: Es war eine sehr aufreibende und kräftezehrende Zeit. Eine derartige Situation habe ich in den 24 Jahren, die ich mittlerweile für den Verband tätig bin, noch nicht erlebt. Mich trieb die Sorge um, dass der Verband und viele handelnde Personen erheblichen Schaden nehmen würden. Wir haben uns viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Für die wirklich wichtigen Aufgaben, denen sich der Verband hätte widmen sollen, blieb nahezu keine Zeit.

Frank Jansen: Der Grund für meinen Rücktritt war neben einigen anderen Entwicklungen, die mir nicht gefielen, insbesondere der Umgang mit der Geschäftsführung. Das hatte schon unter Frank Dangmann begonnen und sich dann unter Steven Baumgaertner nahtlos fortgesetzt bzw. sogar noch verstärkt. Aus meiner Sicht war das entwürdigend und verbandsschädigend, und ich hatte das Gefühl, das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren zu können, sondern mich dagegenstellen zu müssen. Ich will auch nicht tatenlos zusehen, wie der Verband handlungsunfähig wird, weil man permanent die Geschäftsführung an den Pranger stellt, ohne zu respektieren, welche Arbeit gerade gegen Ende letzten Jahres von Ralf Samuel geleistet worden ist, als er die Geschäftsstellenarbeit zeitweise alleine verrichten musste. Das war auch eine entscheidende Motivation, mich zusammen mit meinen Kollegen wieder zur Wahl zu stellen.

Ralf Samuel: Um das klarzustellen: Es geht mir nicht um meinen Job. Ich klebe nicht an meinem Stuhl. Sollten Vorstand und Mitgliedschaft die Sichtweise vertreten, ein anderer Geschäftsführer würde den Verband besser vertreten, werde ich bestimmt nicht im Wege stehen. Dafür liegt mir der Verband, denich gemeinsam mit vielen Mitstreitern nach vorne gebracht habe, viel zu sehr am Herzen. Nur sollte man dann auch offen mit mir darüber reden.

Frank Jansen: Es kommt immer auch auf das „Wie“ an. Dieser Vorstand jedenfalls steht zu 100% auf der Seite der Geschäftsstelle. Es geht darum, im kollegialen Ton miteinander umzugehen und sich gegenseitig bestmöglich zu unterstützen. Dann erzielt man auch bessere Ergebnisse. Ein Vorteil dabei ist sicherlich die räumliche Nähe zwischen allen Vorstandsmitgliedern und der Geschäftsführung, so dass wir uns häufig auch in Präsenz treffen und miteinander austauschen können.

Ebenso wie das Team „Liste GWW“ haben Sie sich mit Elke Bobek, Ralf Hesse, Ralf-Uwe Schneider und Dirk Winterhoff bei den Vorstandswahlen zu einem Team zusammengeschlossen und zur Blockwahl aufgestellt. Wie kam es zu diesem Team?

Frank Jansen: Zunächst haben mich mehrere Personen aus dem Verband angesprochen und gefragt, ob ich mir den Job vorstellen könnte. Nach etwas Bedenkzeit und Gesprächen mit meiner Familie habe ich mich dann zur Verfügung gestellt: Ich war in den letzten 25 Jahren in mehreren Verbänden und Organisationen in Beiräten und Vorständen tätig und habe eigentlich nie „Nein“ gesagt, wenn es darum ging, Verantwortung zu übernehmen.

Ralf Samuel: Es kamen aus dem Verband dann auch mehrere Mitglieder auf uns zu, die sich engagieren wollten, weil sie der Meinung waren, dass Einiges auf die falsche Bahn geraten sei. Das sind zum Teil langjährige Mitglieder, die mit Herzblut bei der Verbandsarbeit dabei sind, denen auch an der Entwicklung des Verbandes viel gelegen ist.

Frank Jansen: Wir fühlen uns dem Verband verpflichtet, dementsprechend war es uns wichtig, das Sektionenmodell mit Lieferanten, Markenartiklern, Händlern und Dienstleistern im Vorstand so abzubilden. Mit Ralf Hesse und Ralf-Uwe Schneider bin ich seit vielen Jahren gut bekannt, mit Dirk Winterhoff verbindet mich ein gemeinsames Fundament an Werten, und Elke Bobek erweist sich als Topwahl – tough und sehr aktiv. Wichtig war natürlich, ein Team zusammenzustellen, mit dem wir uns Chancen ausrechnen konnten, gewählt zu werden. Noch viel wichtiger war es uns aber, dass dieses Team nach seiner Wahl auch funktioniert, denn wir haben ja gesehen, wohin es führt, wenn das nicht der Fall ist. Und dieses Gefühl hatten wir von Anfang an.

Man hat den Eindruck, dass es – auch bedingt durch den notwendigen Wahlkampf– eine gewisse Lagerbildung innerhalb des Verbands gegeben hat. Wie wollen Sie die unterschiedlichen Gruppierungen zusammenbringen und wieder vereinen?

Frank Jansen: Prinzipiell liegt es in den Genen unseres Verbands, dass es bei den Mitgliedern unterschiedliche Interessen gibt, die sie verfolgen. Das ist auch legitim. Aber es geht eben viel ums „Miteinander Sprechen“ und „Einander Zuhören“. Ich bin ein Freund ergebnisoffener Diskussionen und außerdem ein Verfechter einer gewissen Disziplin in den Gremien, d.h., wenn es eine Mehrheit gibt, die nicht meine Meinung teilt, beuge ich mich dem Mehrheitsbeschluss und vertrete den entsprechend auch nach außen. Als konkrete Maßnahme haben wir vor, sehr schnell die regionalen Round Table Gespräche unter der Leitung von Ralf Hesse wieder einzuführen, an denen ich gerne sporadisch teilnehmen werde.

intgwwvorstand23 2 - "Wir können über alles reden, aber wir müssen es auch tun."Ralf Samuel: Gleichzeitig wollen wir die digitalen Kommunikationswege besser nutzen und haben mit Intrakommuna eine App-basierte Kommunikationsplattform installiert, die es ermöglicht, Informationen niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen und mit schnellen Kommunikationsmöglichkeiten zu koppeln. Die Kommunikation in die Mitgliedschaft hinein ist schon länger als große Schwachstelle ausgemacht worden, die wir nun versuchen zu beheben. Ein großer Vorteil ist auch, dass man sich in einzelnen Gruppen – z.B. Beirat, Arbeitskreise oder Young Professionals – innerhalb der Plattform zusammenschließen kann.

Ein großes Thema ist die Messelandschaft in der deutschen Werbeartikelbranche. Insbesondere die GWW-Trend im Frühjahr in Köln ist zu einem Streitpunkt geworden. Es gab eine Initiative von 32 Lieferanten, die den GWW aufforderte, diese Messe aus dem Portfolio zu streichen und sich stattdessen auf die Kernaufgaben der Verbandsarbeit zu konzentrieren. Andere Mitglieder – Lieferanten wie Händler – befürworten die Durchführung der Trend. Wie positioniert sich der aktuelle Vorstand in dieser Sache?

Frank Jansen: Da ist vieles überzogen dargestellt worden, man konnte ja fast den Eindruck gewinnen, als wäre es Ralf Samuels eigenes Interesse, weitere Messen durchzuführen, dabei kam der Wunsch zu einer starken GWW-Trend im Frühjahr ja aus der Mitgliedschaft, als man nicht wusste, wie es mit der PSI-Messe weitergehen würde. Wir werden ein Meinungsbild der Mitgliedschaft abfragen und dabei mehrere Optionen zur Wahl stellen, darunter auch die, alles so zu belassen, wie es derzeit ist.

Ralf Samuel: Wenn sich 32 Lieferanten und Verbandsmitglieder dahingehend äußern, dass sie die Trend im Frühjahr ablehnen, weil sie vom zeitlichen oder finanziellen Aufwand kaum zu stemmen ist, nehmen wir das schon sehr ernst. Die Situation, wie wir sie in diesem Jahr hatten, mit Messen in engen zeitlichen Abständen und räumlicher Nähe zueinander, ist kaum zu vermitteln – entsprechend hat es Anfang des Jahres ja auch schon Gespräche zwischen den Messeveranstaltern RX, WA Media und GWW gegeben. Letztlich liegt die Entscheidung, wie es mit der GWW-Trend im Frühjahr weitergeht, jedoch klar bei den Mitgliedern.

Rund eine Woche nach Ihrer Wahl wurden Forderungen laut, dass der Vorstand Farbe bekennen soll, wie er mit der politischen Lobbyarbeit in Berlin weiter verfahren will. U.a. wurde eine Verlängerung des Engagements von Ihrem Vorvorgänger Frank Dangmann angemahnt. Wie stehen Sie dazu?

Frank Jansen: Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir nicht acht Tage nach der Wahl mit Forderungen konfrontiert werden, deren Sinnhaftigkeit wir zu diesem Zeitpunkt gar nicht einschätzen können, sondern dass man uns nach einer demokratischen Wahl mit klarem Ergebnis auch einen gewissen Vertrauensvorschuss gibt.

Dass die politische Arbeit ganz oben auf der Agenda steht, ist ja keine Frage: Es geht nicht ums „Ob“, sondern ums „Wie“. Und wie bei allen Themen, die wir nun angehen müssen, gilt: Wir wollen erst einmal eruieren, wo wir stehen, welche Möglichkeiten es gibt, was in der Vergangenheit passiert ist und welche Erfolge uns das gebracht hat, mit anderen Worten: Aufwand und Ertrag gegeneinander abwägen. Dafür fehlen uns aber noch einige konkrete Informationen, die auch in der Geschäftsstelle nicht in dem Maße vorhanden sind, dass wir Transparenz haben über das, was in der Vergangenheit alles an Gesprächen initiiert worden ist.

Ralf Samuel und ich sind aber bereits am 3. Juli zum Sommerfest nach Berlin gereist, hatten dort ein einstündiges Gespräch mit Dr. Tanja Wiebe von der den GWW betreuenden Lobbyagentur FinTax, und ich konnte auch Michael Alber vom BGA (Geschäftsführer Volkswirtschaft und Finanzen, Anm. d. Red.) kennenlernen, mit dem eine gewisse Regelmäßigkeit im Zusammentreffen vereinbart wurde. Vier Tage später hat Dr. Wiebe in einer Videokonferenz den gesamten Vorstand auf den Stand der Dinge gebracht. Und Ralf Samuel wird versuchen, zeitnah ein Treffen mit
Prof. Johanna Hey (Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität zu Köln, Anm. d. Red.) zu organisieren.

Wir müssen auch dahingehend eine Bestandsaufnahme machen, ob etwas außer Acht gelassen worden ist: Ob z.B. wir Vorstandsmitglieder evtl. auch andere Netzwerke in die Politik aktivieren können, als es bislang der Fall ist, ob wir mit dem Institut für Finanzen und Steuern wieder enger kooperieren können, auch, ob eine Klage nicht doch eine Option sein könnte. Natürlich kann der Verband selbst nicht klagen, und es wäre auch ein komplizierter Weg, eine eventuelle Klage zu unterstützen. Aber man sollte das zumindest prüfen und nicht direkt verwerfen.

Klar ist: Wir werden keine Entscheidungen fällen, die der Branche zum Nachteil gereichen oder für die Mitglieder nicht nachvollziehbar sind. Aber dafür brauchen wir eben auch eine gewisse Grundlage, auf der wir die Entscheidungen treffen können. Bis dahin sollten wir die Füße still halten.

Lobbyarbeit im weiteren Sinne heißt ja auch, sich nicht nur in der Politik für die Belange der Branche stark zu machen, sondern auch die Wahrnehmung für die Marketingdisziplin haptische Werbung bei den Entscheidern zu verbessern. Was ist hier geplant?

Frank Jansen: Ganz zeitnah soll es ein Gespräch mit Oliver Spitzer, dem Geschäftsführer des Instituts september, geben. Sein Team hat ja die 2022 veröffentlichte Emotionsstudie durchgeführt, wir wollen wissen, wie die angedachte weitere Fortführung der Studie umgesetzt werden soll.

Ralf Samuel: Es ist von Bedeutung, weitere Studien zu erheben, um den Anwendern mehr Zahlen, Daten und Fakten zur Wirkungsweise von Werbeartikeln präsentieren zu können, die sie für sich nutzen können. Dazu wollen wir auch die Kontakte zum Institut für Handelsforschung wieder aufleben lassen. Ebenso wichtig ist der Schritt zu den Hochschulen und Universitäten. Prof. Michael Paul von der Uni Augsburg hatte vor einigen Jahren ja schon eine wissenschaftlich fundierte Studie zur Wirkung von Werbeartikeln veranlasst.

Frank Jansen: Das ist genau mein Thema, das ich schon seit einigen Jahren innerhalb des GWW betreue. Meine zwei erwachsenen Kinder studieren beide etwas in Richtung BWL und Marketing, und die haben mir berichtet, dass wir – also die haptische Werbung – in der Lehre gar nicht vorkommen. Das müssen wir ändern und Kontakte zu den Marketing-Fachhochschulen und zu den Universitäten knüpfen, um z.B. Vorlesungen über unsere Werbeform anbieten zu können. Prof. Paul hatte mir im Sommer 2021 schon die Gelegenheit zu einer Video-Vorlesung zum Thema Werbeartikel in der Markenführung gegeben. Das ganze Thema Weiterbildung und Recruiting von Nachwuchskräften ist von großer Wichtigkeit für die Branche – hier ist für uns auch
der Austausch mit den Young Professionals innerhalb des GWW essenziell. Wir sind zudem dabei, Unterlagen aus einem Schulungsprogramm mit zertifiziertem Abschluss, das vor ca. zehn Jahren stattgefunden hat, zu sichten.

Lobbyarbeit und Studien kosten viel Geld. Wenn der GWW das finanzieren will, braucht er vermutlich neue Mitglieder. Wie will man die für den Verband gewinnen?

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Frank Jansen und Ralf Samuel zum Antrittsinterview bei den WA Nachrichten im Gespräch mit den WA-Redakteuren Till Barth (l) und Dr. Mischa Delbrouck (r).

Ralf Samuel: Es muss uns gelingen, so viel an Mehrwert und zusätzlichen Serviceleistungen zu bieten, dass die 1.000 Euro Jahresbeitrag, die die Mitgliedschaft kostet, keine Rolle mehr spielen. Ein generelles Problem ist sicher die Heterogenität des Verbandes aufgrund der angebotenen Produktvielfalt. Viele Fortschritte, die wir erstritten haben – man denke z.B. an die Einigung mit der ZPÜ bzgl. der Vergütung von Speichermedien – kommen nur Lieferanten einzelner Produktgruppen zugute. Viele andere Mitglieder tangiert das nicht.

Frank Jansen: Dennoch haben wir bereits jetzt ein ganzes Paket an Vergünstigungen, die allen GWW-Mitgliedern zugutekommen, von Rahmenverträgen mit Paketdienstleistern bis hin zur Rechtsberatung. Aber auch hier müssen wir analysieren, was wirklich Nutzen bringt und was man nur aus der Vergangenheit mit rumschleppt. Es muss wirklich alles auf den Prüfstand.

// Mit Frank Jansen und Ralf Samuel sprachen Till Barth und Dr. Mischa Delbrouck

Fotos: Jens C. Friedrich, © WA Media GmbH

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