In Altenburg steht mit dem Skatbrunnen das weltweit einzige Denkmal, das einem Kartenspiel gewidmet ist. Die ehemalige Residenzstadt in Thüringen gilt als Wiege des Skats, das hier nachweislich 1813 zum ersten Mal auftauchte. Bereits seit dem 16. Jahrhundert werden in Altenburg Spielkarten gedruckt. Dass diese Tradition lebendig und auf die Zukunft ausgerichtet ist, zeigt die Eröffnung einer modernen Spielkartenfabrik im September 2023. Unter der Marke ASS Altenburger wird von hier aus der deutsche Werbeartikelmarkt mit individuell bedruckten Qualitätsspielkarten versorgt.

assportrait slider - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Spielkarten sind ein Klassiker unter den Werbeartikeln. Die Rückseite ist praktischerweise ganz automatisch eine Fläche, die keine spielrelevanten Informationen enthalten soll und wird daher gern mit einfachen Mustern verziert. Dass diese „leere“ Fläche für Firmenlogos und Slogans genutzt werden kann, ist naheliegend. Wer zuerst auf diese Idee kam, lässt sich im Dunkel der Geschichte nicht mehr rekonstruieren. Im Altenburger Spielkartenmuseum findet sich immerhin ein Set Spielkarten aus den 1920er Jahren, das mit dem Logo des Glühbirnenherstellers Osram bedruckt ist.

Wiedervereinigung auf Belgisch

Die Anfänge der Vereinigten Altenburger und Stralsunder Spielkartenfabrik (ASS) lassen sich bis 1765 zurückverfolgen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen von der sowjetischen Besatzungsmacht zerschlagen. In Ost- und Westdeutschland gingen in der Folge zwei neue Firmen daraus hervor. Die Cartamundi-Gruppe aus dem belgischen Turnhout übernahm 2002 die Spielkartenfabrik Altenburg von Ravensburger. Im Jahr zuvor hatte das Unternehmen bereits den ASS Spielkartenverlag aus dem schwäbischen Steinenbronn gekauft. Indem die Belgier beide ASS-Nachfolgeunternehmen wieder unter einem Dach zusammenführten, vollendeten sie damit ein Stück deutsche Wiedervereinigung. Nun, 20 Jahre später, eröffneten Vertreterinnen und Vertreter des Board of Directors von Cartamundi im September 2023 in Altenburg ein neues Werk – ein deutliches Zeichen dafür, dass die Geschichte der Spielkartenproduktion hier in Thüringen auf unabsehbare Zeit fortgeschrieben wird.

assportrait unoerdinger - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Bedruckte Kartenrücken und Lizenzspiele bieten Marken einfache Lösungen, um die Zielgruppe spielerisch zu erreichen.

Corona-Boom und Neustart

Das alte Fabrikgebäude der „Spielkarte“, wie das Unternehmen im lokalen Sprachgebrauch liebevoll genannt wird, ist mit seiner Backsteinarchitektur ein wahres Industriedenkmal. Vier Figuren, die vier Unter des Deutschen Spielkartenblatts (entsprechen den Buben), schmücken als höchste Trümpfe im Skat die Fassade des hohen alten Fabrikgebäudes. Sämtliche Produktionsschritte von den angelieferten Papieren und Farben bis zum versandfertigen Spiel vollzogen sich hier über vier Etagen. Die beengten Verhältnisse stellten Logistik und Produktionsfluss vor Herausforderungen. Produktionsleiter Steven Küchler fasst die Situation zusammen: „Wir mussten einen Schritt nach vorn gehen, wir wollen nicht stehenbleiben. Es war Zeit für eine Modernisierung.“ V.a. während der Lockdown-Zeiten 2020 und 2021, als der Bedarf an Spielen explodierte, gelangte man in Altenburg an die Kapazitätsgrenzen. „Wir hatten mehr Anfragen, als wir produzieren konnten“, berichtet Christian Sattes, Senior Business Development Manager, der bei ASS Altenburger auch für den Werbeartikelbereich zuständig ist. Dies fiel in einen Zeitraum, in dem die Cartamundi-Gruppe ihr internationales Geschäft und ihre Corporate Identity von Grund auf neu konzipierte.

Das Unternehmen wurde in drei Kernbereiche gegliedert: „Solutions“ für die Druckaufträge von Partnern aus der Spieleindustrie, „Digital Ventures“ für innovative Geschäftsideen, die physische und digitale Welt verbinden, sowie „Entertainment“ für den Vertrieb der eigenen Spielkarten und Papierprodukte. Im Zuge dessen wurde die deutsche Tochter Spielkartenfabrik Altenburg GmbH in zwei separate Firmen aufgeteilt. Während die Spielkartenfabrik Altenburg GmbH die industrielle Produktion für externe Aufträge und das eigene Portfolio übernimmt, kümmert sich die Cartamundi Deutschland GmbH um den Vertrieb der eigenen Marke im Einzelhandel und Werbeartikelgeschäft. Der damalige Geschäftsführer der Spielkartenfabrik Altenburg, Stefan Luther, trieb in dieser Situation den Neubau voran, um die Präsenz von Cartamundi auf dem deutschen Markt zu festigen und das Verlagsgeschäft auszubauen. Im Februar 2022 erfolgte der Spatenstich, ein Jahr später der Umzug.

assportrait kuechler sattes - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Steven Küchler (l) und Christian Sattes.

assportrait fabrik - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Das neue Werk leuchtet in den Cartamundi-Farben.

Vom Industriedenkmal zur Fabrik 4.0

Die notwendige Erneuerung wurde allerdings auch skeptisch gesehen. „Das hat Überzeugungsarbeit bei der Belegschaft gekostet“, so Küchler. „Viele sind mit der Tradition in Altenburg verbunden, und die alte Fabrik in der Leipziger Straße ist ein geschichtsträchtiger Bau.“ Lediglich die Offset-Druckerei mit der Druckvorstufe und einige Büros befinden sich noch an diesem Standort. „Die Druckmaschine hat noch ein paar Jahre“, erklärt Heiko Lasch, Production Manager Printing and Prepress. „Das ist so eine komplexe Maschine, das lohnt sich nicht, sie abzubauen und wieder aufzubauen. Wenn sie ersetzt werden muss, werden wir auch in den Neubau umziehen.“ Durch die Heidelberger Druckmaschine rattern 15.000 Bögen pro Stunde, dreischichtig, fünf Tage die Woche. Während des laufenden Druckvorgangs können Bögen, ohne anzuhalten, nachgelegt und entnommen werden. Aus Papier, Farbe und Lack werden so Millionen gedruckte Kartendecks im Jahr. Die getrockneten Druckbögen werden dann in das neue Werk gefahren, wo sie zugeschnitten, gestanzt und verpackt werden.

assportrait lasch - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Heiko Lasch zeigt ein Farbmuster, das den Druckern als Referenz dient.

Von außen leuchtet die Fabrikhalle in den Farben des neuen Corporate Designs von Cartamundi mit Purpur und Rot. Tritt man durch den Eingang, riecht man die Frische des Neubaus. Die Skulptur eines überdimensionierten Spielkartenstapels steht im hellen Foyer. Auf dem Weg von der alten Druckerei in die neue Fabrik hat man das Gefühl, hundert Jahre Industriegeschichte zu überspringen. Dazu Küchler: „Ein Umdenken ist notwendig. Wir müssen uns auf die Industrie 4.0 einstellen und Produktionsabläufe optimieren. Alles läuft hier auf einer Ebene, die Meister haben einen besseren Überblick, und wir haben ein Shopfloor-Management, sodass wir immer wissen, was wann wo steht und stehen soll.“ Die Produktionsprozesse sind auf Just-in-Time abgestimmt, so dass alle Menschen, Maschinen, Roboterarme und Doppelstockameisen nahtlos ineinandergreifen, ohne die Abläufe allzu oft zu unterbrechen. Hier werden auch die Spielbretter und Stanzbögen für Schachtelspiele hergestellt. Das Bezugspapier für Schachteln, Spielbretter und weitere Kartonkomponenten wird von einem Zulieferer bedruckt, aber in Altenburg kaschiert, geschnitten und gestanzt. Holzkomponenten und andere Materialien für Brettspiele werden zugekauft und dann vor Ort konfektioniert und verpackt.

Markenqualität für den Werbeartikelmarkt

Die Produktionsstrecke in Altenburg bietet ideale Voraussetzungen, um den Werbeartikelmarkt mit individuellen Lösungen zu bedienen. „Wir suchen kreative Lösungen, um die Ideen und Wünsche unserer Kunden möglich zu machen“, so Sattes. „Die Technische Produktentwicklung im Haus steht da an der Schnittstelle und macht in der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber Sonderanfertigungen möglich. Wir können alles Mögliche aus Papier machen, nicht nur Spiele und Spielkarten, sondern auch Kartonfiguren wie Dino und Autos.“ Mit den besagten Dinos zum Basteln aus der Produktlinie Crafty Figurines gewann ASS Altenburger 2022 einen Promotional Gift Award sowie einen PSI Sustainability Award. 2023 gewann ein von ASS Altenburger gedrucktes Kartendeck im Tarotformat für die YouTube-Influencerin Yonanda la Tura den Publikumspreis beim Promotional Gift Award. Auch in den Jahren davor wurden Preise abgeräumt.

Immer wieder aufs Neue setzen die hochwertigen Spielkarten und Papierprodukte aus Altenburg Maßstäbe für die Qualität auf dem Werbeartikelmarkt. „Da wir die Druckplatten erstellen müssen, gibt es Kartendecks in Altenburger Markenqualität ab einer Mindestauflage von 800 Kartendecks“, so Sattes. Das verwendete Papier der Spielkarten ist FSC-zertifiziert, und die Karten können auf Kundenwunsch in Papier eingeschlagen statt in Zellophan eingeschweißt werden. Wer es noch nachhaltiger mag, kann sich für das „grüne“ Rommé-Set entscheiden, das nicht nur komplett plastikfrei ist, sondern auch die Aufforstung von Wäldern in Deutschland unterstützt.

assportrait druckvorstufe - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Aus lichtempfindlichen Platten werden in der Druckvorstufe Vorlagen erstellt.

assportrait druckboegen - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Schichtweise werden die CMYK-Farben auf die Druckbögen aufgetragen.

Beliebte Klassiker

Zu den Karten gehört nicht nur die Qualität des Materials, sondern auch das ikonische Kartenbild – das teilweise von der Billigkonkurrenz plagiiert wird. Etablierte Kartenbilder knüpfen an die Vertrautheit mit traditionellen Stichspielen an. Daher freut sich Sattes, dass das Schafkopfbild des – mittlerweile in der Ravensburger-Gruppe aufgegangenen – traditionsreichen, bayrischen Spielkartenherstellers F.X. Schmid im Portfolio von ASS Altenburger landete, nachdem Ravensburger die Spielkartenfabrik an Cartamundi verkaufte: „Das Schafkopfblatt ist extrem wichtig für den süddeutschen Werbeartikelmarkt.“ Das Spiel, aus dem sich auch Skat entwickelte, ist in vielen Teilen Bayerns sehr populär.

Traditionelle Spielkarten machen drei Viertel des Werbeartikelsegments bei ASS Altenburger aus. „Die Leute wissen, was sie mit klassischen Spielkarten machen können, sie müssen dazu keine langen Regeln lesen. Das ist vor allem für die Zielgruppe Familien attraktiv“, erklärt Sattes. „Der Pokerhype vor einigen Jahren hat auch die Zielgruppe der Erwachsenen wieder mehr in den Fokus gerückt. Generell sind Spielkarten als Werbeartikel für viele Brauereien und Getränkehersteller gesetzt. Aber wir haben Stammkunden aus allen Branchen.“

So setzt die Brauerei Erdinger ebenso wie der österreichische Petro-Konzern OMV und der Bayern-München-Star Thomas Müller auf traditionelle Schafkopfkarten, während Jägermeister und Kamerahersteller Leica individuell designte Pokerkarten drucken ließen. Sattes sieht bei den klassischen Spielkarten den Markt zweigeteilt: „Die einen wollen es schlicht, also einfach mit Logo auf dem Kartenrücken. Die andern wollen es originell und hochwertig was z.B. die Gestaltung der Kartenbilder und die Ausstattung der Verpackung angeht.“

assportrait crafty figurines - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Als Experte für Papierverarbeitung bietet ASS Altenburger nicht nur Spielkarten, sondern z.B. auch die preisgekrönten Bastelsets Crafty Figurines.

assportrait cards - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Sonderanfertigungen wie die Pokerkarten für Leica enthalten auf die Zielgruppe zugeschnittene Tipps rund ums Fotografieren.

Neben den Spielkarten verteilt sich der restliche Umsatz auf Sonderanfertigungen, Memorys, Brettspiele und Lizenzspiele. So werden Spiele von Mattel wie Uno, Scrabble, Skip-Bo und Phase 10 als Pocket-Versionen angeboten, und auch bekannte Hasbro-Brettspiele wie Monopoly, Spiel des Lebens und Trivial Pursuit gibt es als komprimierte Kartenspielvarianten. Lizenzartikel benötigen allerdings für die Nutzung als Werbebotschafter die Zustimmung des Lizenzgebers und dürfen auch in der grafischen Gestaltung nicht vollständig abgeändert werden. Das ursprüngliche Produkt muss erkennbar bleiben. Anwender können so die Bekanntheit des Spiels für die eigene Marke in Anspruch nehmen, was die Supermarktketten Kaufland und Lidl ebenso nutzen wie der Sportartikelhersteller Adidas oder der Keksproduzent Bahlsen. Wem Lizenzen allerdings zu wenig individuellen Gestaltungsspielraum bieten, der kann in die andere Richtung gehen und Spielesammlungen selbst zusammenstellen oder komplett eigene Spiele als Sonderanfertigung drucken lassen. So hatten Mitarbeitende der Kinderarche Sachsen zum 30-jährigen Vereinsjubiläum ein Brettspiel entwickelt, das ASS Altenburger professionell umsetzte.

Der Zukunft zugewandt

assportrait marvel - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf

Als Promotion für den Film Avengers: Infinity Wars hat ASS Altenburger ein individuelles Brettspiel produziert.

Neben der jahrhundertelangen Erfahrung in der Spielkartenproduktion verfügt man am Standort Altenburg nun auch über die neuesten Fertigungstechnologien, um die Nachfrage im 21. Jahrhundert mit qualitativ hochwertigen Produkten zu bedienen. Sattes blickt daher optimistisch in die Zukunft: „Das neue Werk ist ein klares Bekenntnis von Cartamundi für den Standort Altenburg. Das ist gut für die Stadt und die ganze Region.“ Die Marke ASS Altenburger sieht er nach den Umbrüchen der vergangenen Jahre in einer guten Position. „Mit Cartamundi im Rücken haben wir mehr Möglichkeiten, wir sind international gut aufgestellt und profitieren vom Erfahrungsaustausch innerhalb der Unternehmensgruppe“, erklärt Sattes und fügt hinzu, dass durch die weltweite Kooperation auch das Portfolio an starken Marken breiter werde. „So können wir jetzt über ASS Altenburger auch Bicycle-Spielkarten vertreiben. Das sind die beliebtesten und am weitesten verbreiteten Spielkarten in den USA.“

Die eigene Produktpalette und die Dienstleistungen rund um die Produktentwicklung stellen das Geschäftsmodell von ASS Altenburger und Cartamundi Germany auf eine solide Basis, auch wenn die exorbitanten Wachstumszahlen im Bereich Brettund Kartenspiele aus der Lockdown-Zeit vorbei sind. „Während Corona gab es einen regelrechten Boom bei Spielen, weil die Leute mit ihren Familien zusammen zu Hause saßen. Glücklicherweise konnten wir uns nach diesem Boom stabilisieren. Viele haben gemerkt, dass das Spielen Spaß macht und sind auch danach dabeigeblieben.“ Auch weil viele Menschen ein Hobby (neu) für sich entdeckt haben, bietet das einen Anknüpfungspunkt für Spiele und Spielkarten als attraktive Werbeartikel. Spielkarten sind eben nicht nur Papier und Farbe, sondern ein Kulturgut, das trotz all der digitalen Welten vielen Menschen heute immer noch stundenlangen Spaß beschert.

// Andreas Haller

www.werbespielkarten.de

Fotos: © WA Media (7); Cartamundi Deutschland (3)

printfriendly pdf email button md - ASS Altenburger, Cartamundi Deutschland: Tradition ist Trumpf