embrandv - Auffallen, Motivieren, ZufriedenstellenDer Fachkräftemangel ist ein viel diskutiertes Phänomen, das auch an den Playern der Werbeartikelbranche nicht vorbeigeht. Lieferanten wie Händler stehen beim Buhlen um Arbeitskräfte im Wettbewerb zu zahlreichen anderen, vielfach bekannteren Marken und Unternehmen. Daher ist das Thema Employer Branding als Kernaufgabe des Managements in vielen Betrieben längst identifiziert. Mit internen Portalen und Fortbildungen, speziellen Websites und Social Media-Maßnahmen, Benefits vom Jobrad bis zum Homeoffice und neuen Arbeitszeitmodellen wird das Profil als Arbeitgebermarke herausgearbeitet.

Nicht der Klimawandel, nicht die Digitalisierung, nicht Bürokratie und schon gar nicht die politischen Krisen sind das Aufregerthema Nr. 1 für den deutschen Mittelstand. Was den Unternehmerinnen und Unternehmern in Deutschland am meisten Kopfzerbrechen bereitet, ist dem „Zukunftspanel Mittelstand“ des IfM Bonn (Institut für Mittelstandsforschung) zufolge der Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung. 44% der befragten Führungskräfte sehen darin eine Herausforderung, das sind deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Zum Vergleich: Wettbewerbsdruck und Energieversorgung folgen mit 29,6% und 19,1% auf den Plätzen zwei und drei.

In der Werbeartikelbranche ist das nicht anders. Zwar heißt es oft, dass niemand der Branche verloren gehe, da insbesondere Außendienstler und Vertriebskräfte gerne bei anderen Unternehmen der Branche anheuern, wenn sie sich verändern wollen. Aber das ist natürlich zum einen eine Übertreibung und löst v.a. ein anderes wesentliches Problem nicht: Es ist einfach extrem schwierig, neues Personal zu bekommen. Einige strukturelle Besonderheiten der Branchen verstärken die Herausforderung. So sitzen viele Unternehmen nicht gerade in den Metropolen: Albstadt, Groß-Bieberau, Fischerbach & Co. haben auf potenzielle Arbeitnehmer nicht dieselbe Strahlkraft wie Berlin, Hamburg oder München. Und – vermutlich noch wichtiger –: Egal, welch guten Job die Lieferanten und Händler haptischer Werbung auch machen, außerhalb der Werbeartikelbranche kennt ihre Unternehmensnamen kaum jemand.

Umso mehr empfiehlt es sich, das Thema Employer Branding zur Chefsache zu machen und beständig am Image als Arbeitgeber zu feilen. Das beginnt beim Außenauftritt und der Ausschreibung von Stellen, geht weiter beim Onboarding und der Integration von neuen Arbeitskräften und hört bei der Ehrung von Jubilaren, der Ausgestaltung von Sommerfesten und Mitarbeiterevents und flexiblen Arbeitszeitregelungen nicht auf. Im Kern geht es immer darum, die eigene Kultur und Stärken des Unternehmens herauszuarbeiten, um das Employer Branding zum Erfolg werden zu lassen. Aktuelle Beispiele aus der Branche zeigen, wie das funktionieren kann.

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Zum nach innen und außen dokumentierten „cyber-Spirit“ der Agentur cyber-Wear trägt neben Mitarbeiterevents wie einem eigenen Oktoberfest und Corporate Items von der Bürotasse bis zum Sitzwürfel maßgeblich auch die cyber-Akademie bei, die den OnboardingProzess vereinfacht und das Thema lebenslanges Lernen in den Fokus rückt.

Auf die Zukunft setzen

Um dem Fachkräftemangel vorzubeugen, ist es wichtig, sich früh genug um passende Mitarbeiter zu bemühen und aufzuzeigen, wie attraktiv die Werbeartikelbranche ist. Daher setzen viele Unternehmen auf Auszubildende, deren berufliche Laufbahn durch eine erfolgreiche Lehrzeit geprägt werden kann. Während für gestandene Arbeitgeber Benefits wie JobRad, Fitness-Programme und JobTickets besonders wichtig sind, sind Azubis noch in der Findungsphase. „Wenn sie direkt aus der allgemeinbildenden Schule kommen und sich für eine Ausbildung bewerben, hören sie in der Regel auf Freunde und Familie und brauchen Orientierung. Da sind Praxistage, Ausbildungspläne und Kontaktpersonen innerhalb des Unternehmens, die die Ausbildung begleiten, zunächst wichtiger als z.B. die Frage, ob es ein JobRad geben wird“, sagt Kathrin Stühmeyer-Halfar, Geschäftsführerin des Bielefelder Taschenspezialisten Halfar, zum Thema Azubi-Recruiting.

Auch bei der Fullservice-Agentur Verticas aus Wiesbaden wird seit Langem auf Nachwuchs aus den eigenen Reihen gesetzt. Von den aktuell 40 Mitarbeitern stammen 22 aus den eigenen Reihen, haben also entweder ihre Ausbildung bei Verticas absolviert oder sind derzeit in Ausbildung. Für Geschäftsführer Steffen Weigand, der erst in diesem Jahr fünf neue Azubis eingestellt hat, ist die Investition in den Nachwuchs besonders wichtig: „In den letzten 20 Jahren sind wir durch die Ausbildung des eigenen Nachwuchses in vier verschiedenen Berufen organisch gewachsen.“ Zudem bietet das Unternehmen die Möglichkeit, berufsintegrierend oder berufsbegleitend zu studieren. „Unser Beruf ist so umfangreich, vielfältig, spannend und abwechslungsreich, dass es äußerst
reizvoll ist, all dies bereits ab der ersten Stunde zu vermitteln“, erklärt Weigand.

In Remscheid, bei den Schirmprofis von Fare, sind junge Nachwuchskräfte ebenfalls ein wichtiger Teil des Teams. „Indem wir mit unserer Karriere-Seite gezielt auch Praktikanten und jüngere Talente ansprechen und für uns gewinnen, investieren wir in die Zukunft des Unternehmens“, weiß Personal Managerin Kerstin Grönke. Sie sieht zudem, dass „die nahtlose interne Weitergabe von Wissen sowie der ‚FirmenDNA‘“ an junge Mitarbeiter auch ein wichtiger Teil des Employer Brandings und des Unternehmenserfolgs sind.

Damit Schulabgänger auf die Unternehmen der Werbeartikelbranche aufmerksam werden, gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Bei Halfar wird beispielsweise auf Lokalität gesetzt: „Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Familie und bei Freunden gut von Halfar sprechen, ist es ein wichtiges und nachhaltiges Zeugnis. In Bielefeld gibt es darüber hinaus Portale der Wirtschaftsförderung, insbesondere ‚Das kommt aus Bielefeld‘, welches ein relevanter Faktor geworden ist“, erklärt Stühmeyer-Halfar. Neben Mund-zu-MundPropaganda wird bei Verticas auf „eine Kombination aus SEO- und klassischen Marketingmaßnahmen sowie den Besuch von Recruiting-Messen für Ausbildung und BA-Studium gesetzt“, berichtet Weigand. Gerade der persönliche Kontakt und direkte Gespräche auf den Messen helfen dabei, zukünftigen Mitarbeitern die Branche schmackhaft zu machen.

Der richtige Auftritt

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Ausgezeichnet Familienfreundlich – so darf sich der Bielefelder Taschenspezialist Halfar auch in diesem Jahr wieder nennen. Flexible Arbeitszeitmodelle mit einem Anteil von Remote-Arbeitsmöglichkeiten, 30 Tage Urlaub und diverse Benefits für die Angestellten haben zu diesem Erfolg beigetragen, ebenso wie eine Unternehmenskultur, die auf die Belange der Mitarbeiter eingeht.

In Zeiten der Digitalisierung werden auch die Auftritte auf Websites und in den Sozialen Netzwerken immer wichtiger. Nicht nur der Arbeitnehmer muss eine Bewerbung einsenden, auch die potenziellen Arbeitgeber „bewerben“ sich bei Nachwuchskräften. Eine professionell geführte Website sowie aktuell gehaltene Social-Media Kanäle sind daher eine wichtige Visitenkarte des Unternehmens. „Eine ausführliche Karriere-Seite ist für Fare von zentraler Bedeutung“, erklärt Personalerin Grönke. Erst kürzlich wurde die Website des Remscheider Unternehmens neu aufgearbeitet. „Wir wollten die Anzahl der eingehenden Bewerbungen wieder steigern und gleichzeitig als Arbeitgeber bekannter werden.

Für die Erreichung beider Ziele ist das neue Bewerberportal die Basis, also der erste und wichtigste Schritt – weitere Online- und auch Offline-Maßnahmen hier in der Region werden folgen, um Fare als Arbeitgebermarke bekannter zu machen und weiter zu stärken“, so Grönke.

Neben neu getexteten Stellenanzeigen und einem modernisierten und effizienteren Rekrutierungsprozess beschreibt die Expertin den neuen Internetauftritt so: „Tonalität und Gesamtstil präsentieren uns offen, unkompliziert, respektvoll, tolerant – und immer professionell. Das Feedback zeigt: Die allermeisten sind sehr angetan von der freundlichen, menschlichen und professionellen Art des Umgangs miteinanander Sie spüren: Zuallererst zählen bei Fare die Menschen. Ab diesem Moment sind Faktoren wie der Standort nicht mehr von zentraler Bedeutung“, glaubt Grönke, die durch erhöhte Bewerberzahlen in den ersten Monaten nach dem Launch in ihrer Annahme bestätigt wird.

Viele Firmen-Websites weisen mittlerweile nicht nur auf freie Stellen hin, sondern zählen mögliche Benefits für die Mitarbeiter auf, geben einen Leitfaden zur Bewerbung an die Hand oder räumen die Möglichkeit der Online-Bewerbung ein. Des Weiteren kann ein umfangreiches FAQ, wie es auf der Seite von Halfar zu finden ist, dabei helfen, den Bewerber von der Stelle zu überzeugen. „Es ist hilfreich und in Bezug auf Azubis vielleicht sogar elementar, da viele junge Menschen den Griff zum Telefon oder die direkte Ansprache scheuen“, erläutert Stühmeyer-Halfar. „Sie ziehen es vor, sich zunächst online ein Bild zu machen und erst ganz zum Schluss den direkten Kontakt aufzunehmen“, fährt sie fort.

Dass ein professioneller Internetaufritt unerlässlich ist, weiß auch Verticas-Geschäftsführer Weigand. Auf der Unternehmensseite der Fullservice-Agentur werden verschiedene Benefits wie Mitarbeiter-Rabatte, Bezahlkarten für Azubis und Studenten oder die Erlaubnis, Bürohunde mitzubringen, aufgeführt. „Ich bin der Meinung, dass diese Aspekte im Kontext einer komplexen Entscheidung für oder gegen einen neuen Arbeitgeber ihren Einfluss haben, insbesondere bei Auszubildenden, noch stärker als bei neuen Mitarbeitern“, so Weigand. Das Feedback stützt seine These. „Das ist durchweg positiv, und vieles davon gehört mittlerweile auch zur Standarderwartungshaltung von Mitarbeitern“, weiß er.

Jüngere Menschen gehen jedoch häufiger gar nicht mehr auf die Website, um sich zu informieren, sondern machen sich über Social Media-Plattformen ein Bild von dem Unternehmen, wo sie arbeiten könnten. „Die Rückmeldungen, die wir im Rahmen unserer Bewerbungsgespräche erhalten, zeigen, dass sich der überwiegende Teil der Zielgruppe im Alter von 18 bis 30 Jahren vorab über uns und die entsprechende Position durch soziale Medien wie Instagram, LinkedIn und Xing informiert hat“, hat Weigand beobachtet. Entsprechend hat Verticas die unternehmenseigenen Auftritte auf den bekannten Kanälen in den vergangenen Jahren weiter professionalisiert.

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Bei Verticas setzt man voll auf Ausbildung: 22 der aktuell 40 Mitarbeiter wurden und werden von den Wiesbadenern selbst ausgebildet, allein fünf sind in diesem Jahr hinzugekommen. Zur guten Benotung durch die Mitarbeiter tragen auch andere Maßnahmen bei, etwa die Durchführung von Mitarbeiterevents, aber auch Danksagungen für verdienstvolle Jubilare.

Onboarding digital und analog

Ist es erst einmal gelungen, neue Mitarbeiter zu gewinnen, hört das Employer Branding jedoch nicht auf. Sehr wichtig für den Unternehmenserfolg ist das Onboarding und die reibungslose Integration neuer Kräfte. Bei der Werbeartikelagentur cyber-Wear setzt man seit Anfang 2023 auf die sogenannte „cyber-Academy“. „Die ELearning Plattform steht unseren Mitarbeitern rund um die Uhr zur Verfügung und bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten“, erklärt Christiane Englert, die als People & Culture Managerin im Unternehmen tätig ist. Die Intention hinter der Gründung der Plattform war, so Englert, dass das Onboarding erleichtert und die Themen des Unternehmens deutlich werden.

Gerade für neue Mitarbeiter erweist sich die Academy als ausgesprochen praktisch. Sicherheitsunterweisungen und andere wichtige Veranstaltungen, die normalerweise in Anwesenheit und unter Anleitung erfolgen, können so einzeln und digital absolviert werden. Auch Lieferanten können Produktneuheiten oder News hier präsentieren. „Neue Teammitglieder lernen wichtige Themen direkt kennen, ohne dass eine weitere Person zeitlich eingebunden wird“, erklärt Englert einen der Vorteile der cyber-Academy.

Natürlich bietet die cyber-Academy aber auch den altgedienten cyber-Wear-Mitarbeitern Vorteile. Im regelmäßigen cyberJour Fixe trifft sich die gesamte Belegschaft aus beiden Standorten, das Unternehmen hat Sitze in Wipperfürth und Mannheim, und spricht darüber, an welchen Projekten gearbeitet wird, was gut läuft und wo Herausforderungen anstehen. „Das stärkt den Teamspirit“, hat die HR-Expertin beobachtet, die einen weiteren wichtigen Aspekt betont: „Das Thema lebenslanges Lernen rückt immer mehr in den Fokus. Die Mitarbeitenden wollen gefordert und gefördert werden. Ich glaube fest, dass es so einen Mehrwert für alle gibt und flexible Lernmodelle Zukunft haben. Auch für die Unternehmen wird Lernen als Benefit immer wichtiger“.

Einen durchdachten Onboarding-Prozess hat auch Fare implementiert. „Ein digitales Willkommenspaket enthält alle wichtigen Unterlagen vom Organigramm über die Telefonliste bis hin zum Corporate Design Guide“, erklärt Grönke. „Aufeinander abgestimmte Schulungen aller Abteilungen von der IT über die Produktentwicklung bis zum Vertrieb nehmen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inhaltlich gleich mit und sorgen zudem dafür, dass schnell persönlicher Kontakt hergestellt wird.“ Das zugehörige Buddy-System, bei dem sich ein erfahrener Mitarbeiter um einen Neueinsteiger kümmert, ergänzt das Onboarding.

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Dass es bei der Arbeit auf ein „gutes Team“ ankommt, weiß man auch bei Fare. Die neue Recruiting-Website betont den freundlichen und respektvollen Umgang miteinander. Bei Fare steht der Mensch im Mittelpunkt, weichere Standortfaktoren rücken dann in den Hintergrund. Aktionen wie Firmenläufe oder die Teilnahme beim Stadtradeln steigern den Teamgedanken.

Remote arbeiten

Bedingt durch die Pandemie hat sich die moderne Arbeitswelt massiv geändert. Bis zum April 2020 arbeiteten dem Umfrageinstitut Statista zufolge lediglich vier Prozent der Beschäftigten von zuhause aus. Mit Beginn des ersten Lockdowns im April stieg der Anteil der Befragten im Homeoffice auf 27% an. Auch wenn einige Unternehmen bestimmte Präsenztage fordern oder sogar zur vollen Präsenz zurückgekehrt sind, ist auch nach Corona für Arbeitnehmer das flexible Arbeiten von zuhause aus ein wich tiger Punkt, wenn es darum geht, sich für oder gegen ein Unternehmen zu entscheiden. Dies bestätigt Stühmeyer-Halfar: „Flexible Arbeitszeiten in gewissen Korridoren hatten wir schon immer, aber der Anteil an mobilem Arbeiten hat deutlich zugenommen und wird abhängig von der Tätigkeit auch erwartet“, so Stühmeyer-Halfar. Sie betont jedoch auch, dass Halfar noch nicht an dem Punkt ist, dass komplett mobil gearbeitet wird: „Verbundenheit zum Unternehmen entsteht nicht zuletzt durch echte Präsenz und Verbindung zu den Menschen im Unternehmen.“

Neben der Möglichkeit des mobilen Arbeitens sorgen vor allem 30 Urlaubstage sowie flexible Arbeitszeiten dafür, dass das Unternehmen Halfar 2023 bereits zum zweiten Mal als „Ausgezeichnet Familienfreundlich“ durch die Stadt Bielefeld und das lokale Bündnis für Familien geehrt wurde. „Es geht dabei nicht nur um Benefits, wie sie bei der ersten Teilnahme 2016 noch selten waren, inzwischen aber verbreitet sind. Für Bewerberinnen und Bewerber ist diese Auszeichnung ein Signal, dass man bei diesem Arbeitgeber auf die Mitarbeitenden eingeht“, glaubt Stühmeyer-Halfar
an positive Imageeffekte.

Auch bei cyber-Wear ist remote Arbeiten alltäglich. Durch die Standorte in NRW und Baden-Württemberg war es hier schon länger normal, einzelne Personen virtuell zu Meetings hinzuzuschalten. „Der Fokus der Arbeit wird immer mehr auf das Ergebnisorientierte gelenkt. Wenn das Ergebnis passt, ist es final egal, wo die Leute sitzen“, findet People & Culture Managerin Englert. Hinsichtlich der Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung, die für Englert auf einem gleichen Level immens wichtig sind, bestätigt sie, dass viele Bewerber einen Job sogar ablehnen würden, wenn die Option des Homeoffice nicht bestehen würde. „Firmen, die auf eine komplette Anwesenheit vor Ort zurückgegangen sind, tun sich damit keinen Gefallen. Die Pandemie hat gezeigt, dass mobiles Arbeiten möglich ist und sehr gut funktioniert“, so Englert. Trotzdem glaubt sie, genau wie Stühmeyer-Halfar, dass gerade in der OnboardingPhase das Arbeiten in Präsenz nicht zu ersetzen ist. „Persönliches Kennenlernen vor Ort, Fragen stellen zu können etc. hat definitiv eine andere Qualität, als wenn man alleine zuhause ist“, sagt die Expertin.

Experiment Vier-Tage-Woche

Während in vielen Unternehmen das mobile Arbeiten, zumindest tageweise, also zum Alltag gehört, haben sich andere Firmen an ein völlig neues Konzept gewagt: die VierTage-Woche. In Großbritannien wurde über sechs Monate hinweg ein Pilotprojekt von Forschern aus Cambridge und Boston begleitet, bei dem in 61 Unternehmen die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich reduziert wurde. Nach Ablauf der Testphase wollten 56 Firmen das Modell fortführen.

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Geschäftsführerin Katja Übbing-Mölders und Vertriebsleiter Sven Weidemann haben die Zahl der Bewerber beim Tragetaschen- und Siebdruckspezialisten Joytex durch die Einführung der Viertageswoche wieder deutlich ansteigen lassen. 36 Stunden an vier Arbeitstagen bei vollem Lohnausgleich heißt das Experiment, das den Unternehmern zufolge positive Wirkungen nach sich zieht: Die Zahl der Krankmeldungen ist zurückgegangen.

Der Erfolg des Experiments sorgte auch in Deutschland für Aufsehen und Diskussionen. Katja Übbing-Mölders, Geschäftsführerin beim Stofftaschenlieferanten Joytex, hörte von der englischen Studie. „Hier im westlichen Münsterland liegt die Arbeitslosenquote schon seit Jahrzehnten auf baden-württembergischen Niveau (ca. 3,8% im Juni 2023 Anm. d. Red.). Als Siebdruckerei mit ca. 40 Mitarbeitern alleine in der Produktion haben wir regelmäßig Personalbedarf; das Mindestlohnniveau haben wir auch für einfache Tätigkeiten schon vor Jahren deutlich überschritten“, sagt Sven Weidemann, Leiter Marketing und Vertrieb bei Joytex. Es war also klar, dass man sich als Arbeitgeber attraktiver darstellen muss. Nach einigen Überlegungen wurde dann zum 1. Mai 2023 auf die Vier-Tage-Woche umgestellt. Seitdem wird beim Unternehmen aus Rhede an vier Tagen die Woche jeweils neun Stunden lang gearbeitet.

Erste Zweifel an dem Projekt haben sich mittlerweile verflüchtigt: „Wir sehen schon jetzt weniger Krankmeldungen wegen Rückenbeschwerden, und an die NeunStunden-Tage haben wir uns alle schnell gewöhnt“, zieht Weidemann ein Zwischenfazit.

Nicht nur bei den aktuellen Mitarbeitern kommt die Änderung gut an. „Wir konnten mit Zusatzverträgen das Modell starten und haben es bis Ende des Jahres auf Probe eingeführt“, erklärt der Marketingleiter. „Mittlerweile will keiner mehr zurück.“ Auch dem Fachkräftemangel, der laut Weidemann ebenfalls für einfache Gewerbemitarbeiter gilt, wirkt das neue Arbeitszeitmodell entgegen: „Die aktuelle Stellensuche per Anzeige und Social Media hat uns so viele Bewerbungen ins Haus flattern lassen, dass wir nun endlich wieder die Wahl haben“, schwärmt er.

Dass die Vier-Tage-Woche positive Auswirkungen auf den Recruitingprozess hat und ein großer Bewerbermagnet ist, bestätigt auch Natalie Kober, Geschäftsführerin und Inhaberin der AmedeA Werbepräsente GmbH: „Wir hatten vorher hier am Standort maximal drei bis sieben Bewerbungen je Stelle. Jetzt sind es immer 20 bis 30 Bewerbungen, teilweise sogar aus noch bestehenden Arbeitsverhältnissen.“ In Karlshuld wird seit dem 1. Juni 2023 an vier Tagen gearbeitet. Genau wie bei Joytex reduziert sich die Wochenarbeitszeit damit auf 36 Stunden – bei gleichbleibendem Gehalt.

Der Wunsch nach mehr Bewerbern war tatsächlich einer der Beweggründe, die Vier-Tage-Woche einzuführen, erklärt die Geschäftsführerin. Zusätzlich erhofft sich das Unternehmen auch die Einsparung von Emissionen und Strom, was in aktuellen Zeiten ein weiterer Vorteil ist. Damit sich auch die Kunden des Werbeartikelberaters an den neuen Rhythmus gewöhnen konnten, war für einen Einführungszeitraum von vier Wochen freitags eine Notfall-Hotline geschaltet. Das Feedback der Kunden war Kober zufolge jedoch stets positiv: „Sie fanden es sehr gut. Viele waren neidisch und hätten die Vier-Tage-Woche auch gerne.“

Branding in beide Richtungen

Die unterschiedlichen Herangehensweisen im Kampf gegen den Fachkräftemangel zeigen, dass das Employer Branding sowohl nach innen als auch nach außen gelebt werden muss. Vor allem Benefits in Form von zusätzlichen Zahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, JobRäder oder Fitness-Programme zählen nicht nur für Bewerber, sondern v.a. auch für bestehende Mitarbeiter als wesentliche Pluspunkte. Nach der Pandemie ist zudem das mobile Arbeiten für viele Arbeitnehmer nahezu selbstverständlich geworden; interne Plattformen oder feste Bürotage und Firmenevents sorgen dafür, dass der Teamgedanke bestehen bleibt.

Klar ist: Jedes Unternehmen möchte sich gerne als Top-Arbeitgeber präsentieren. Nachdem Steffen Weigand sich selbst fragte, was einen Top-Arbeitgeber ausmacht, entwickelte er im Team 32 sehr detaillierte Fragen rund um das Befinden der Mitarbeiter. „Wir haben uns angewöhnt, unseren Mitarbeitern besonders genau zuzuhören, um die größtmögliche Schnittmenge an Faktoren zu ermitteln, die die größte Motivation und Zufriedenheit erzeugen“, so Weigand. Im Sommer kam dann die Belohnung: „Unsere Mitarbeiter haben im Durchschnitt 7,56 auf einer Skala von eins
bis zehn angegeben, wie gerne sie bei uns arbeiten“, erklärt er. Dass er, genau wie andere Arbeitgeber, dabei nie alle Mitarbeiter zufriedenstellen kann, ist dem Geschäftsmann durchaus bewusst: „Life is a compromise, hat mal jemand gesagt, und wer diese Einstellung in sich trägt, passt am besten zu uns.“

Damit es weiter passt zwischen Arbeitgeber und -nehmer, wird in vielen Unternehmen intensiv daran gearbeitet, die jeweiligen Bedürfnisse auszuloten. Klar scheint: Das Thema Employer Branding wird die Branche noch über viele Jahre weiter begleiten.

// Sophia Arnold

Bildquelle: cyber-Wear (3), Fare (2), Halfar (1), Joytex (1), Verticas (2)

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