
V.l.: Tom Verhaert (Kick And Rush), Michel Van Bavel (Van Bavel) und Thibaut Fontaine (Kick And Rush).
Anfang Juni habe n die belgischen Werbeartikelagenturen Kick And Rush und Van Bavel – Enjoy Giving fusioniert und sich zur Kick And Rush Group zusammengeschlossen. Mit einem geschätzten Gesamtumsatz von 30 Mio. Euro jährlich zählt die Unternehmensgruppe nun zu den größten Werbeartikelagenturen Belgiens. Der CEO von Kick And Rush, Tom Verhaert, wird auch die Geschicke der neuen Organisation leiten. Mit den WA Nachrichten sprach Verhaert über die Motivation zu fusionieren, einen Markt im Wandel und die Pläne für die Zukunft.
Herr Verhaert, mit Kick And Rush und Van Bavel gehen zwei Protagonisten des belgischen Werbeartikelmarktes fortan gemeinsame Wege. Was hat die Unternehmen dazu bewegt, sich zusammenzuschließen?
Tom Verhaert: In den letzten Jahren hat Kick And Rush viel in die Digitalisierung und die entsprechenden Tools wie Webshops und Hosting sowie in Lager-, Zahlungs-, Beschaffungs- und Versandmanagement, Reporting und After Sales investiert. Wir haben auch die vorherige Fusion stabilisiert – vor fünf Jahren hatten wir die belgische Sparte von Supremia übernommen. Nun verfügen wir also einerseits über skalierbare digitale Tools und sehen andererseits, dass der Markt sich konsolidiert und konsolidiert werden muss, deshalb sind wir offen für weitere Fusionen oder Übernahmen.
Van Bavel befand sich in einer anderen Situation: Sie brauchten ein digitales Tool, wie wir es haben, während sie gleichzeitig sehr stark im Streckengeschäft mit einzelnen Kunden und im Finden kreativer Lösungen sind. Unser Fokus lag auf dem französischsprachigen Teil Belgiens, auf Brüssel und Frankreich, während Van Bavel sich mehr auf Flandern konzentrierte, sodass wir sehr schnell gemerkt haben, wie gut wir uns ergänzen , sowohl was die Unternehmen und ihre Positionierung als auch was die Mitarbeiter betrifft.
Die Unternehmensgründer und -inhaber Michel Van Bavel und Thibaut Fontaine kennen sich seit Langem, und obwohl sie Konkurrenten waren, vertrauten und respektierten sie sich gegenseitig. Es war also einfach und natürlich, zusammenzugehen – auch in finanzieller Hinsicht, schließlich braucht es genügend Synergien.
Ich freue mich sehr, dass zwei Persönlichkeiten mit einer solch langen Branchenerfahrung zusammengefunden haben. Thibaut Fontaine gründete Kick And Rush im Jahr 1995, Van Bavel blickt auf mehr als 70 Jahre Unternehmensgeschichte zurück. Sowohl Thibaut als auch Michel werden dem Vorstand als wichtige Akteure in Bezug auf das Wachstum und die Festlegung der Strategie erhalten bleiben.
Wie wird das neue Unternehmen operativ und geografisch organisiert sein?
Die einzige räumliche Überschneidung gab es in Antwerpen, wo unsere beiden Unternehmen Büros hatten. Das dortige Büro von Van Bavel bleibt bestehen und wird zu Kick And Rush Antwerpen.
Der Hauptsitz befindet sich nach wie vor in Wavre, wir behalten also zwei Büros in Belgien – eines im Süden und eines im Norden. Unser Büro in Paris sowie unser Backoffice auf Mauritius werden wir weiter betreiben bzw. in den kommenden Jahren ebenfalls erweitern – das ermöglicht uns Flexibilität. Die Lagerhaltung wird mit dem Hauptlager in Wavre und einem weiteren in Frankreich konsolidiert. Auch die Beschaffungsteams werden zusammengelegt. Auf beiden Seiten gibt es sehr starke und erfahrene Teams, was uns viele Möglichkeiten eröffnet.

Out of the Box: Van Bavel verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Finden kreativer Produktlösungen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie nun insgesamt?
Etwa 80: ein Drittel arbeitet auf Mauritius, fünf Mitarbeiter sitzen in Paris, fünf im Logistikzentrum, der Rest verteilt sich gleichmäßig auf die beiden belgischen Standorte.
Wie haben die Teams die Fusion aufgenommen?
Natürlich haben sie eine Menge Fragen, aber für mich ist die Übereinstimmung offensichtlich. Mein kürzliches Treffen mit beiden Teams hat gezeigt, dass wir in Bezug auf unsere Mitarbeiter wirklich ein großes Plus haben. Wir sind in der Dienstleistungsbranche und deshalb immer nur so gut, wie unsere Mitarbeiter es sind.
Wenn man sich in der Branche umsieht, gab es eine ganze Reihe von Fusionen im Laufe der vergangenen Jahre. Was sind die Gründe dafür – allgemein und für Ihr Unternehmen gesprochen?
In einer so preisorientierten Branche wie der unseren stehen die Margen unter Druck – es gibt immer einen kleineren Wettbewerber, der billiger liefern kann. Wer aus dieser Spirale heraus will , muss sein Business weiterentwickeln, und auf diese Weise entsteht eine Anzahl von Playern, die robuster sind. Werbeartikelagenturen müssen weg vom reinen Produktparadigma hin zu einem Dienstleistungsparadigma. Diesen Schritt haben wir in den vergangenen Jahren vollzogen und bieten zusätzlich zu den Produkten, die wir verkaufen, auch Dienstleistungen an.
Inzwischen geht die Entwicklung sogar in eine neue Richtung: Es geht nicht mehr bloß um Service, sondern auch um Consulting. Die Kunden brauchen Beratung, um physisches Marketing auf die „richtige“ Weise zu betreiben, und das in vielerlei Hinsicht: nicht nur, was das richtige Produkt zu ihrem Kampagnen- oder Kommunikationsziel und die richtige Story dazu angeht, sondern auch in Bezug auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Corporate Governance. Sie werden also mit Partnern zusammenarbeiten, die sie diesbezüglich beraten können. Nachdem wir eine ganze Reihe von Dienstleistungen, wie Lagerhaltung, Webshops usw., etabliert hatten, bestand der nächste Schritt darin, uns als ein solcher Berater zu positionieren und dabei Raum für Kreativität zu schaffen. Wir glauben, dass die kleinen Akteure nicht in der Lage sein werden, das zu bewältigen, schon allein wegen der Investitionen in die nötige Technologie – da braucht es schon die Größe, die wir haben.
Und dabei sind es nicht nur die Konzerne, die solche Consulting-Leistungen in Anspruch nehmen: Auch kleine und mittelständische Anwender haben viele Fragen rund um den richtigen Werbeartikeleinsatz.
Zumal die Anforderungen rund um Nachhaltigkeit und Lieferkettenmanagement weiter zunehmen.
Genau. Der zentrale Begriff ist für uns dabei „Transparenz“, und diese Transparenz beinhaltet einen kompletten Überblick und die vollständige Kontrolle über die Vorgänge in der Lieferkette. Entscheidungen müssen darüber hinaus auf der Grundlage von Daten, Messungen und Kenntnissen über den ökologischen Fußabdrucks und Lebenszyklus eines Produkts getroffen werden.
Natürlich spielt vor diesem Hintergrund auch die kürzlich in Kraft getretene Europäische Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) eine Rolle. Aktuell gehen wir zwar davon aus, dass unsere Kunden zur dritten Welle gehören, für die die Richtlinie erst in fünf Jahren in Kraft tritt, aber sie wissen, dass sie früher oder später ohnehin viele Faktoren in ihrer Lieferkette messen und nachweisen müssen.
Deshalb bieten wir ihnen schon heute die entsprechenden Services. Diese gehen aber weit darüber hinaus, dass wir die CO2-Bilanz eines Produktes ermitteln: Es ist z.B. auch wichtig zu wissen, welche Recycling-Vorgänge und -Möglichkeiten es gibt und was mit einem Produkt nach seinem Lebensende geschieht – darauf aufbauend, lassen sich dann wieder schöne Kampagnen entwickeln.
All das ist ein langer Weg, den wir mit den Kunden und unserem Team gehen, denn natürlich betrifft uns das Thema auch intern: Mitarbeiter, die sich bislang „nur“ mit dem Import von Artikeln auseinandergesetzt haben, werden jetzt zu Beratern. D.h., es gibt auch innerhalb der Teams viel Weiterbildung und Transformation.
Wie hat der Markt reagiert, als Sie die Fusion angekündigt haben?
Viele Kunden waren sehr erfreut zu sehen, dass ihre Partner sich weiterentwickeln und sich selbst hinterfragen. Die Lieferanten waren z.T. zunächst etwas besorgt, andere freuten sich, dass sie plötzlich einen größeren Ansprechpartner haben. Außerdem befassen auch sie sich mit der Digitalisierung, wollen Arbeitsabläufe optimieren und den Papierkram eindämmen, der sie viel Geld kostet.
Auf welche Kundengruppen werden Sie sich hauptsächlich konzentrieren?
Zurzeit haben wir eine beträchtliche Zahl von Kunden, die wir im Streckengeschäft beliefern. Die zweite Kategorie sind multinationale Konzerne, die neben Produkten auch Services brauchen – so steuern wir z.B. für Toyota Europe in mehreren europäischen Märkten Fulfilment-Programme. Solche Kunden benötigen u.a. Kontrolle über ihre Marke und die Einhaltung der entsprechenden Guidelines und Produkte, die ihre Anforderungen mit Blick auf Environmental Social Governance erfüllen. Sie brauchen Webshops, Reporting und Emissionsrechner.
Und die dritte Kategorie sind all die kleinen Unternehmen, die in Europa jährlich mehr als 5 Mrd. Euro in Werbeartikel und Merchandising investieren. Dank der Vorteile der Digitalisierung können wir ihnen eine simple Webshop-Plattform speziell für kleine Unternehmen anbieten. Natürlich ist dabei immer noch ein gewisses Maß an Kundenservice erforderlich, und unser Backoffice in Mauritius hilft uns dabei, diese Shops zu betreuen und trotzdem skalierbar zu bleiben.
Nicht zuletzt entwickeln wir Merch-Plattformen für Sportvereine. Dabei handelt es sich um rein digitale Prozesse, bei denen wir unsere Kunden mit Lieferanten zusammenbringen und auf Anfrage produzieren.
Zurück zu den Konzernen: Diese brauchen häufig einen globalen Service, aber in Verbindung mit einer lokalen Präsenz, denn die einzelnen Märkte sind sehr unterschiedlich. Dass Kick And Rush Gesellschafter der global operierenden Ippag-Tochter Prominate ist, hat sich in dieser Hinsicht als sehr hilfreich erwiesen. Werden Sie Shareholder bleiben?
Ja, das werden wir. Wenn die Kunden davon profitieren, arbeiten wir auf jeden Fall mit den Kollegen von Prominate in den einzelnen Märkten zusammen, denn wir sind davon überzeugt, dass die Anforderungen in Spanien oder Finnland besser von einem lokalen Akteur bedient werden, der sie versteht, da es definitiv nicht dieselben sind. Die Kunst besteht darin, ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen einem Programm, in dem alles zentralisiert wird, was zentralisiert werden kann, und gleichzeitig Lagerbestände zu reduzieren, denn ein großer zentraler Lagerbestand birgt die Gefahr von Nebenwirkungen wie z.B. obsoleten Produkten.
Wir helfen also unseren Kunden, die richtigen Entscheidungen darüber zu treffen, welche Teile des Bestands auf Lager gehalten werden sollten, und arbeiten zusätzlich mit Print-on-Demand, weil wir so den Katalog erweitern und gleichzeitig tote Bestände vermeiden können.
Van Bavel war Mitglied im internationalen Händlerverbund WAGE, Kick And Rush in der Ippag-Kooperative. Werden diese Mitgliedschaften aufrechterhalten?
Wir bleiben WAGE-Mitglied für Belgien und Frankreich, aber seit wir unsere Tätigkeit auf Frankreich ausgedehnt haben, sind wir aus der Ippag ausgetreten, weil die Regeln der Genossenschaft sehr streng sind – nur ein Mitglied pro Land ist erlaubt. Im Rahmen unserer Strategie müssen wir frei genug sein, um uns in anderen Ländern zu bewegen, und Frankreich ist eines davon. Wir pflegen jedoch weiterhin gute Beziehungen zu unseren Freunden bei der Ippag, von denen viele gleichzeitig Teilhaber von Prominate sind, der Organisation, die wir als belgischer Shareholder wie gesagt weiter verbunden bleiben.

Die Unternehmensgruppe beliefert eine Vielzahl renommierter belgischer und internationaler Kunden.
Gibt es andere Zukunftspläne, über die Sie schon berichten können?
Wir haben eine straffe Agenda und gute Jahre vor uns. Allerdings gibt es auch viel Ineffizienz auf dem Markt mit all dem „Papierkram“ – den ganzen E-Mails, die hin- und her geschrieben werden und viel Zeit kosten. Wenngleich die Digitalisierung mit Blick auf die Standardprodukte im Markt inzwischen weit fortgeschritten ist, ist es bislang nicht gelungen, Prozesse zu digitalisieren, bei denen es um die Herstellung und Lieferung von Sonderanfertigungen geht. Dazu möchten wir unseren Teil beitragen, und darin liegt ein Teil unserer Zukunft. Wir müssen den Bereich der Sonderanfertigungen digitalisieren – und da rede ich nicht nur von Merch. „On demand“ und Produktion auf Abruf sind in vielen Märkten ein Trend. Wie können wir also die komplexen Vorgänge, die Sonderanfertigungen mit sich bringen, digitalisieren und verwalten, um sie so effizient zu machen, wie Amazon und Coolblue es für Standardprodukte gelöst haben? Das ist die Herausforderung.
Die täglichen Abläufe haben wir bereits so flüssig und automatisiert gestaltet, dass wir einen großen Spielraum haben, um unseren Mehrwert auszubauen und ein Partner zu werden, bei dem man das gewisse Extra bekommen kann. Unsere Prozesse sind skalierbar und funktionieren, und was die Abläufe und die Manpower angeht, macht es fast keinen Unterschied mehr, ob wir zehn oder 500 Kunden bedienen. Dies erlaubt uns, viel mehr Mitarbeiter auf der kreativen Seite einzusetzen, die sich um die Entwicklung einzigartiger Produkte kümmern – darin liegt für uns die Zukunft.
Zumal haptische Werbung ja auch immer in Konkurrenz zu anderen Werbemedien steht. Wie überzeugen Sie ihre Kunden davon, bei Werbeartikeln nicht zu kürzen?
Anwender merken sehr schnell – das haben wir in den vergangenen fünf Jahren gelernt – dass es im Marketing unerlässlich bleibt, alle Sinne anzusprechen. Die Menschen wollen sehen und fühlen, deshalb ist es kaum möglich, auf physisches Marketing zu verzichten. Mithilfe einer Software, die ein unabhängiges Unternehmen für uns entwickelt hat, können unsere Kunden in Echtzeit ihren Return on Investment sehen. Auf diese Weise beweisen wir, dass der Cost per Impression im Vergleich zu z.B. Digitalwerbung ziemlich günstig ist.?
Je besser wir die Effizienz unseres Mediums nachweisen können, desto mehr Menschen können wir überzeugen. Ich bin überzeugt: Je digitaler die Welt wird, desto mehr wird das Bedürfnis nach Greifbarem wachsen. So etwas wie rein digitales Marketing wird es nicht geben. Dabei geht es auch um Vertrauen. Was ist glaubwürdiger – ein Produkt oder eine Online-Anzeige?

International Business: Kick And Rush steuert für mehrere multinationale Konzerne globale Programme mit lokalem Fußabdruck.
Also ist die Fusion auch ein Schritt, um das Unternehmen zukunftssicher zu positionieren?
In unserer Branche kämpft praktisch jedes Unternehmen mit niedrigen Margen, und die Differenz zwischen Umsatz und Ebitda ist meist ziemlich niedrig. Unser Ziel lautet, diesen Abstand zu vergrößern, nicht bloß einen hohen Umsatz zu erzielen.
Unsere Welt wird weiterhin mit vielen Unsicherheiten umgehen müssen. Der Klimawandel ist da nur einer von vielen Aspekten – man denke nur an die Ukraine. Unsere Branche wird sich all dem nicht entziehen können – ob es um ein Schiff geht, dass im Suezkanal steckengeblieben ist, oder irgendeinen anderen folgenreichen Zwischenfall.
Solche Probleme werden zunehmen. Es braucht Agilität und ein solides finanzielles Polster, um die Folgen abfedern zu können – das bedeutet auch: gute Margen. In einer Umgebung, die zusehends volatiler wird, möchten wir als Unternehmen nicht nur zukunftsfähig, sondern auch zukunftsweisend sein.
Dabei haben wir keine aggressive Expansion im Sinn, sondern möchten viel mehr erreichen, dass die Kunden zu uns kommen, weil wir ihnen den gewissen Unterschied bieten. Die Diskussionen, die wir heute z.B. im Rahmen von Ausschreibungen führen, deuten darauf hin, dass genau das der richtige Weg ist. Die Kunden suchen einen Partner, der authentisch, transparent und solide ist – und da sind wir für die Zukunft gut aufgestellt.
Mit Tom Verhaert sprach Till Barth.
Bildquelle: Kick And Rush Group