Seit dem 13. Dezember 2024 gilt sie in der gesamten EU: die neue Produktsicherheitsverordnung oder auch General Product Safety Regulation (GPSR). Was die Verordnung mit sich bringt, welche Herausforderungen auf die Werbeartikelbranche zukommen und worüber man sich als Akteur:in in der Branche keine Sorgen machen muss. 

produktsicherheit v - EU-Produktsicherheitsverordnung: Nicht neu, aber konsequent

Bereits 2023 wurde die Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit veröffentlicht, seit dem 13. Dezember 2024 gilt sie in allen EU-Staaten unmittelbar. Damit löst sie u.a. das in Deutschland bisher gültige Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) ab, mit dem Ziel, die in den einzelnen Ländern gültigen Vorschriften auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen und zudem den Anforderungen der Digitalisierung von Produkten sowie neuen Geschäftsmodellen gerecht zu werden. Dabei bleiben viele Vorgaben der bisherigen Gesetzgebung bestehen und werden lediglich um einige Zusätze in puncto Produktkennzeichnung, Dokumentation und Reklamationsmanagement ergänzt. Davon ausgenommen sind u.a. folgende Produktgruppen, die eigenen Sicherheitsbestimmungen unterliegen: Human- und Tierarzneimittel, Lebensmittel, Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte, Pflanzenschutzmittel, Beförderungsmittel, Luftfahrzeuge und Antiquitäten.

Entwarnung vor dem in der Branche befürchteten großen Mehraufwand gibt Annette Schwirten, Leiterin Unternehmensservice der IHK Köln. „Da die neue Verordnung größtenteils die bestehende Gesetzgebung auf EU-Ebene vereinheitlicht und wir in Deutschland bereits ein umfangreiches Produktsicherheitsgesetz hatten, ergeben sich für Unternehmen nicht viele neue Pflichten.“ Es gebe aber einige Punkte, auf die sich auch Akteure in der Werbeartikelbranche einstellen müssten, u.a. bezüglich der Produktkennzeichnung mit einer aktuellen elektronischen Adresse. „Bisher reichte eine E-Mail-Adresse wie die info@… Jetzt muss die elektronische Adresse entweder auf eine aktuelle Unternehmenswebsite inklusive einfach zugänglichem Kontaktformular oder auf eine aktive E-Mail-Adresse im Unternehmen verweisen – die einfache, direkte Kontaktaufnahme zum Unternehmen muss gewährleistet sein“, so Schwirten.

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Für elasto sind die Änderungen in der Produktkennzeichnung am gravierendsten, wie Susanne Regler erläutert. Der Aufwand, jeweils die elektronische Adresse in die Werkzeuge bei der Spritzgussfertigung zu der Inverkehrbringeradresse zu ergänzen, sei sehr hoch. Jedes einzelne Werkzeug muss geändert werden.

Risiko und Nachfrage

Ein weiterer wichtiger Punkt auf der To-do-Liste für Inverkehrbringer, also Hersteller, Importeure und Händler, ist die Risikoanalyse der Produkte. Hersteller müssen für alle von ihnen angebotenen Produktgruppen eine interne Risikoanalyse durchführen und diese dokumentieren; Importeure und Händler müssen die Dokumentation prüfen, also sicherstellen, dass eine Risikoanalyse durchgeführt wurde. Das klingt zunächst aufwendig, ist aber laut Susanne Regler, Leitung des Qualitätsmanagements bei elasto, schlicht eine Sache der richtigen internen Organisation und Dokumentation: „Eine weitere Ergänzung der bisherigen Abläufe sind die zusätzlichen Risikoanalysen. Neben Artikeln, die speziellen Richtlinien und Verordnungen unterliegen, für die eine Risikoanalyse gefordert wurde, wie z.B. Persönliche Schutzausrüstungen, Spielzeug oder Medizinprodukte, müssen Risikoanalysen jetzt für alle Produkte durchgeführt werden, auch normale Bedarfsgegenstände. Diese kategorisieren wir unternehmensintern in Produktgruppen und führen eigenständig Risikoanalysen durch.“ Dabei gibt Regler zu bedenken, dass der Werbeartikelbereich sehr preissensibel sei: „Extra Budget für die Risikoanalyse in einem dezidierten Prüflabor ist hier nicht vorgesehen.“

Regelmäßige Risikoanalysen ist man bei mbw bereits gewohnt, wie Evgenia Iwersen, Leitung Import/Einkauf und Qualitätsmanagement bei mbw, betont. Doch auch für die Wanderuper bedeutet die neue GPSR Änderungen im Produktionsablauf: „Als Hersteller sind wir seit jeher durch die Spielzeugsicherheitsverordnung verpflichtet, eine Risikobewertung durchzuführen, um mögliche Gefahren, die von einem Spielzeug ausgehen können, zu erkennen und Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Neu ist, dass die Sicherheits- und Warnhinweise für Verbraucher und Verbraucherinnen bei jedem Produkt auf der Online-Plattform angegeben werden müssen. Dafür haben wir neue Features für unser Online-Shop entwickelt.“

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Bisher reichte eine E-Mail-Adresse für die Produktkennzeichnung. Jetzt muss die elektronische Adresse entweder auf eine aktuelle Unternehmenswebsite oder auf eine aktive E-Mail-Adresse im Unternehmen verweisen. Die direkte Kontaktaufnahme zum Unternehmen muss gewährleistet sein, wie Annette Schwirten von der IHK Köln betont.

Der Sinn hinter der Kennzeichnung ist die Gewährleistung der Produkt-Compliance durch die gesamte Herstellungskette. Für Anwendende der Produkte muss eine Nachfragemöglichkeit bestehen. Es müsse jederzeit ersichtlich und nachvollziehbar sein, wer im Falle von Produktmängeln zuständig ist, und das Unternehmen muss unter der entsprechenden Adresse erreichbar sein. Neben der regelmäßigen Prüfung der Risikoanalysen auf Aktualität muss ein Rückruf- und Beschwerdemanagement aufgebaut werden, das mögliche zukünftige Anfragen und Reklamationen abwickelt. Die Sicherheit eines Produkts muss über dessen gesamten Lebenszyklus gewährleistet sein.

„Für uns bedeutet die GPSR quasi Business as usual mit ein paar Ergänzungen in den Abläufen – die Umsetzung der EUDR wird da wohl wesentlich aufwendiger“, meint Regler. „Des Weiteren bringt die neue Verordnung für uns einen Mehraufwand in puncto Dokumentation sowie Informationsvermittlung an den Handel mit sich. Werbeartikelhändler:innen brauchen die Dokumente für die Bereitstellung an Endkunden und müssen unter Umständen umfangreich geschult werden“, so Regler weiter. Der zusätzliche Arbeitsaufwand im Qualitätsmanagement ließe sich bei elasto aber mit den bereits vorhandenen Mitarbeitenden und Ressourcen bewerkstelligen.


Die wichtigsten Vorgaben vor dem Inverkehrbringen von Produkten:

Hersteller:

  • Interne Risikoanalyse und Erstellung technischer Unterlagen
  • Typen-, Chargen- oder Seriennummer zur Identifizierung auf dem Produkt (notfalls auf der Verpackung oder einem Beileger)
  • Name, Handelsmarke, Postanschrift und elektronische Adresse (eine aktuelle E-Mail-Adresse oder eine Website mit aktuellem Kontaktformular) auf dem Produkt (Verpackung/Beileger)
  • Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen (leicht verständlich und in allen erforderlichen Sprachen) erstellen
  • Technische Unterlagen für zehn Jahre aufbewahren
  • Rücknahme oder Rückruf für gefährliche Produkte einrichten
  • Reklamationsstelle/Kanal für Hinweise und Beschwerden einrichten

Importeure:

  • Überprüfung der Vorgaben für Hersteller inklusive Kommunikationskanal und Beschwerdemanagement
  • Sichere Lagerungs- und Transportbedingungen schaffen
  • Technische Unterlagen zehn Jahre aufbewahren

Händler:

  • Überprüfung, ob Typ-, Chargen- oder Seriennummer sowie Hersteller-/Einführerkennzeichnung und eine zentrale Anlaufstelle auf dem Produkt (oder Verpackung/Beileger) angegeben sind
  • Sichere Lagerungs- und Transportbedingungen
  • Einrichtung interner Verfahren zur Produktsicherheit

// Claudia Pfeifer