werbeartikel nachrichten paragraphenzeichen wa media e letter kleiner - Crimex siegt vor Gericht gegen GiffitsIn einem Verfahren der beiden Werbeartikelhändler Crimex mit Hauptsitz in Osnabrück und Giffits aus Hamburg hat das Landgericht Osnabrück am 23. Juli 2021 ein wegweisendes Urteil zum neuen UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) gefällt und dabei die Rechtsauffassung von Crimex bestätigt (Gerichtsaktenzeichen 14 O 366/20).

Der gerichtlichen Auseinandersetzung vorausgegangen war eine breit angelegte Abmahnaktion von Giffits Ende 2020. Mehr als 50 Werbeartikelhändler mit Online-Shop erhielten ein anwaltliches Schreiben, weil sie gegen die EG-Öko-Verordnung 834/2007 verstoßen haben sollen, da sie Bio-Produkte Dritter zum Verkauf angeboten hatten, ohne selbst Bio-zertifiziert zu sein. Neben der Unterlassung des Inverkehrbringens der Bio-Produkte und der Nutzung des Bio-Siegels ohne Zertifizierung wurde in den Abmahnschreiben für den Fall des zukünftigen Verstoßes eine Vertragsstrafe sowie die Übernahme der gegnerischen Anwaltskosten gefordert. Auch Crimex erhielt ein solches Schreiben. Laut Angaben von Crimex forderte Giffits das Osnabrücker Unternehmen dazu auf, bis zum 9. Dezember 2020 eine Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 10.000 Euro zu unterschreiben. Für das Schreiben setzte Giffits einen Gegenstandswert von 100.000 Euro an und verlangte von Crimex, Abmahngebühren basierend auf diesem Gegenstandswert an Giffits zu zahlen. Crimex unterzeichnete die Unterlassungserklärung nicht, beantragte umgehend eine entsprechende Zertifizierung nach der EG-Öko-Verordnung, nahm alle Bio-Produkte vorübergehend aus dem Sortiment und informierte Giffits entsprechend. Zudem reichte Crimex Klage vor dem Landgericht Osnabrück ein, da das Unternehmen die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich erachtete. Sie verstoße u.a. gegen § 8c Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 UWG.

Das Gericht folgte der Auffassung von Crimex und entschied, dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war. Der Antrag von Giffits auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen, und Giffits hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen. Seine Entscheidung begründete das Gericht u.a. damit, dass das Hamburger Unternehmen bei Antragstellung im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht dargelegt habe, dass es mehrere gleichlautende oder zumindest dem Sinn nach vergleichbare Abmahnungen im engen zeitlichen Zusammenhang getätigt hat. Dies sei ein Verstoß gegen das Gebot vollständigen und wahrheitsgemäßen Vortrags aus § 138 ZPO. Dieses Gebot erlange vor dem Hintergrund des neuen § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG deshalb besondere Bedeutung, weil danach eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen einen Rechtsmissbrauch indizieren kann. Giffits habe diesen Umstand nicht von sich aus mitgeteilt, und das Gericht damit über einen wesentlichen Punkt im Unklaren gelassen.

Wegweisend ist laut Crimex der Hinweis des Landgerichts Osnabrück, dass es „jedenfalls seit Einführung des § 8c UWG“ zum vollständigen Vortrag eines Antragstellers gehöre, die Mitteilung zu machen, ob weitere vergleichbare Abmahnungen in einem zeitlichen Zusammenhang erfolgt sind. Zudem habe Giffits den Gegenstandswert für seine Abmahnung unangemessen hoch angesetzt im Sinne von § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG. Darüber hinaus sah das Gericht die von Giffits geforderte Vertragsstrafe von 10.000 Euro je Verstoß als offensichtlich überhöht im Sinne von § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG an. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Vertragsstrafe in irgendeinem angemessenen Verhältnis zum Umsatz der Verfügungsklägerin oder -beklagten mit Bio-Artikeln steht.

Das Urteil ist eines der ersten zum neuen UWG. Nach Ansicht von Crimex ist es auch deshalb besonders bemerkenswert, da vorher die Oberlandesgerichte in Frankfurt und Bamberg in Parallelverfahren entgegengesetzt entschieden hatten – allerdings ohne die entsprechenden Vorschriften des neuen UWG im Detail zu prüfen. Insbesondere der Verstoß gegen § 138 ZPO war von den Oberlandesgerichten nicht thematisiert worden. Das Urteil des Landgerichts Osnabrück ist noch nicht rechtskräftig.

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