Im Dezember 2021 hat die niederländische Plato Group das ebenfalls niederländische Importunternehmen Interall Group, einen Spezialisten für Produkte mit nachhaltigem Schwerpunkt, gekauft. Zu Plato gehören zudem die Lieferantensparte Clipper, der Werbeartikelhändler IGO sowie die Werbeartikelagentur Compacon, die sich auf große, multinationale Kunden fokussiert. Ton Löbker, CEO der Plato Group, über die Beweggründe hinter der Akquisition und die Nachhaltigkeitsstrategie der Gruppe, deren Gewinne zu großen Teilen in die gemeinnützige Plato Group Foundation fließen.

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Ton Löbker

Herr Löbker, wie kam es zu der Entscheidung, die Interall Group zu übernehmen?

Ton Löbker: Wir kannten das Unternehmen und seine Inhaber natürlich schon lange. In jüngerer Zeit war Interall sehr schnell und stark gewachsen, und zwar im Zuge einer Neupositionierung mit einem nachhaltigeren Produktportfolio, der WoW Sustainable Collection. Aufgrund dieses starken Wachstums stand Interall vor einigen Herausforderungen, die Frage war, wie es weitergeht. Wir wiederum hatten das Gefühl, dass es unserer Lieferanten-Marke Clipper ein wenig an Profil fehlte. Wir wollten ein ausdrucksstarkes Produktportfolio auf den Markt bringen. Gleichzeitig wollten wir uns nachhaltiger aufstellen, denn es ist für die ganze Branche extrem wichtig, sich weiter in diese Richtung zu bewegen. Für uns passte es also sehr gut, Interall zu akquirieren, um damit einen bedeutenden Schritt in Richtung eines nachhaltigeren Sortiments zu gehen.

Welche Perspektiven sehen Sie für Interall nach der Übernahme?

Ton Löbker: Interall nimmt im Markt eine Führungsrolle ein, wenn es um Nachhaltigkeit geht, mit sehr guten Prognosen und einer starken Wachstumsrate, die für uns sehr attraktiv ist – erst recht mit Blick auf unsere eigenen finanziellen und personellen Möglichkeiten und unser Netzwerk.

Was steckt hinter der WoW Sustainable Gifts Collection?

Ton Löbker: Ein vielseitiges und stetig wachsendes Sortiment von Produkten aus nachhaltigen, recycelten oder kreislauffähigen Materialien – von Socken aus herrenlosen Fischernetzen über Notizbücher aus Kaffeeabfällen bis hin zu Textilien aus ungenutzten oder recycelten Stoffen. Rund 60 bis 70% der Produkte werden in Europa hergestellt. Interall unterhält zudem eine Partnerschaft mit Plastic Bank: Die Initiative ermöglicht es Müllsammlern weltweit, Kunststoffmüll zu fairen Preisen zu verkaufen. Die auf diese Weise gesammelten Rohstoffe wiederum werden zu neuen Produkten verarbeitet. Weitere Partnerschaften sind in Arbeit. Die Kollektion will also wirklich nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Produkten und zu Angeboten, die nichts als Greenwashing sind, bieten. Natürlich gilt auch hier: Das Produktangebot muss zu den Bedürfnissen und dem Preisgefüge unserer Branche passen. Die Kollektion umfasst deshalb Artikel, hinter denen eine Story steckt, ebenso wie „einfachere“ Produkte, die dennoch einen nachhaltigen Charakter haben. Strategisches Ziel für Interall ist ein komplett nachhaltiges Produktsortiment.

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Von Socken aus Ozeanplastik bis zu Schreibgeräten aus Milchkartons: Die WoW Sustainable Gifts- Kollektion bietet eine Vielzahl an Produkten, die aus recycelten Rohstoffen oder Abfällen gefertigt wurden.

Über welche Kanäle sollen die Produkte fortan vertrieben werden?

Ton Löbker: Sowohl über die bestehenden Vertriebskanäle von Interall als auch über die von Clipper. Natürlich gibt es Überschneidungen, was die Kunden angeht. Aber wir schreiben niemandem vor, wo er kaufen soll, die Kunden können sich ihre Ansprechpartner selbst aussuchen. Clipper wird sich vorrangig auf die Standardprodukte fokussieren, während Interall auch komplexere, kundenbezogene Lösungen und Sonderanfertigungen umsetzen wird. Interall wird als eigenständiges Unternehmen mit eigenem Vertriebsteam bestehen bleiben und als solches die WoW-Kollektion weiter entwickeln und ausbauen.

Wie sieht es aufseiten der Produktbeschaffung aus? Werden Sie die entsprechenden Teams von Interall und Clipper zusammenlegen?

Ton Löbker: Ja, die Teams sollen zukünftig zusammenarbeiten, wobei man zwischen Einkauf und Sourcing unterscheiden muss: Sourcing bedeutet im Falle von nachhaltigen Produkten sehr viel Produkt-, Material- und Marktrecherche, es geht ja nicht „nur“ darum, gute Produkte zu finden, auch die Herstellungsbedingungen, das Material, der ökologische und soziale Fußabdruck müssen stimmen. Da werden wir unsere Kompetenzen und Kapazitäten bündeln.

Wie werden Sie den Neuzugang in Ihrer Unternehmensgruppe ausrollen und in den Markt tragen? Werden Sie sich zunächst auf die Niederlande beschränken oder stehen von Anfang an internationale Märkte im Fokus?

Ton Löbker: Letzteres: Clipper ist in 13 europäischen Märkten aktiv, und weil die neuen, nachhaltigen Produkte als eigene Linie in das Clipper-Sortiment integriert werden, sind sie auch ab sofort in allen Märkten verfügbar – ob in der D-A-CH-Region, im Vereinigten Königreich, in Skandinavien oder in Südeuropa.

Mit IGO und Compacon sind auch zwei Unternehmen, die an Anwender in der werbetreibenden Wirtschaft verkaufen, Teil der Plato Group. Für beide sind natürlich die WoW-Produkte hochinteressant. Wie wird der Vertrieb der Kollektion an die Industriekunden vonstattengehen?

Ton Löbker: Genauso wie beim bisherigen Clipper-Sortiment: IGO und Compacon kaufen die Produkte bei Clipper und vertreiben sie an die Anwender – mit einem transparenten Preismodell, das sich an vergleichbaren Preisstrukturen und Margen im Markt orientiert. Damit sind IGO und Compacon Kunden von Clipper. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel Energie in die Trennung unserer einzelnen Marken gesteckt. Sie dürfen nicht zu integriert in die Unternehmensgruppe sein und müssen unabhängig voneinander strategisch agieren können.

Die Plato Group

Entrance PlatoGroup Location Helmond the Netherlands - „Wir wollen ein soziales, nachhaltiges Unternehmen aufbauen“Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz im niederländischen Helmond vereint mehrere unabhängige Unternehmen und Vertriebskanäle unter ihrem Dach: Clipper richtet sich als Importeur und Lieferant ausschließlich an den Werbeartikelhandel. IGO, 1945 als Jonkers Handelsonderneming gegründet und 1960 in IGO-Post umbenannt, gehörte jahrzehntelang zu den größten Katalogversendern in der europäischen Werbeartikelbranche und konzentriert sich heute auf den Vertrieb an Werbeartikelanwender über E-Commerce. Compacon schließlich ist als Fullservice-Dienstleister die Anlaufstelle für Key Accounts aus internationalen Konzernen. 2020 erwarb die Plato Group die niederländischen und deutschen Unternehmensbereiche des insolventen Wettbewerbers Supremia (ehemals Gemaco), im Dezember 2021 folgte die Akquisition der Interall Group. Insgesamt erwirtschaftet die Gruppe einen Jahresumsatz von mehr als 70 Mio. Euro und beschäftigt über 400 Mitarbeiter. Über ein 23.000 m2 großes Logistik- und Veredelungszentrum in Helmond und Niederlassungen in den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Österreich, Deutschland und Dänemark werden Kunden in 13 europäischen Ländern beliefert.

Gibt es denn bereits Rückmeldungen aus dem Markt zu diesem Zuwachs in Ihrem Unternehmens- und Produktportfolio? Es gibt ja aktuell kaum Plattformen für den Kundenkontakt?

Ton Löbker: Natürlich wäre es ideal gewesen, den Zusammenschluss Anfang Januar groß auf der PSI-Messe und anderen Shows zu präsentieren, aber was Messen angeht, müssen wir nun mal abwarten. Wir bekommen trotzdem viel positives Feedback, das liegt vielleicht auch daran, dass Clipper eine gute und starke Kundenbindung zu seinen Partnern im Werbeartikelhandel hat. Viele Händler begrüßen es, dass es jetzt auch bei Clipper eine große Auswahl ökologisch und ethisch sinnvollerer Produkte gibt. Aber auch die Kunden von Interall freuen sich, denn die Fusion und die damit einhergehende Skalierung bringen auch für sie viele Vorteile mit sich.

Die Interall-Akquisition ist Teil einer größeren Strategie mit dem Ziel, die Plato Group nachhaltiger zu positionieren. Was viele nicht wissen: Die Gruppe hat de facto schon seit vielen Jahren einen starken nachhaltigen Fußabdruck, denn sie gehört zu 85% einer Stiftung – der Plato Group Foundation. Erzählen Sie mehr darüber!

Ton Löbker: Die Wurzeln der Plato Group liegen ja in IGO, dessen Vorläufer 1945 von Martien Jonkers gegründet wurde. Jonkers war auch Gründer der Stiftung, in die ein beträchtlicher Teil der jährlich erwirtschafteten Gewinne fließt. Dieses Geld wird an verschiedene Charity-Organisationen gespendet, u.a. Ärzte ohne Grenzen, die Heilsarmee, Mercy Ships und die Liliane Foundation. Damit ist die Plato Group zu großen Teilen ein gemeinnütziges Unternehmen, was im unserem Markt eher ungewöhnlich ist und bislang so was wie ein „offenes Geheimnis“ war. Wir sind damit nicht groß hausieren gegangen.

Warum nicht?

Ton Löbker: Martien Jonkers wollte immer sehr diskret bleiben, was unser soziales Engagement angeht und der Welt nicht zeigen, dass er Gutes tut. Es dauerte auch, bis seine Kinder, die Anteile in der Stiftung halten, damit einverstanden waren, dass wir mehr darüber reden. Aber wir tun das schließlich nicht auf eine berechnende und großspurige, sondern auf verantwortungsvolle Weise. Inzwischen ergibt es einfach Sinn, zu zeigen, welche Art von Unternehmen wir sind. Natürlich sind auch wir kommerziell ausgerichtet und müssen wie alle anderen wirtschaftlich denken und investieren, sonst könnten wir ja auch nichts in die Stiftung abführen, aber es ist eben eine andere Art, Business zu machen, die sich im Übrigen auch für alle, die bei uns arbeiten, ziemlich gut anfühlt. Wir sind nicht Private Equity-getrieben, müssen uns nicht täglich mit Shareholder Value auseinandersetzen und unsere Zahlen jedes Jahr verdoppeln. Stattdessen bauen wir ein Unternehmen mit einem starken sozialen und nachhaltigen Unterbau auf. Das ist eine starke Position für die Zukunft, und das möchten wir künftig intensiver kommunizieren.

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Der Circular&Co Cup wurde aus recycelten Einweg-Kaffeebechern gefertigt. Sein von einem ehemaligen Dyson-Designer entworfener Verschluss erlaubt das Trinken von allen Seiten.

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Garantiert tierfrei: Laptoptaschen aus Lederimitat, das aus recycelten Apfelschalen hergestellt wurde. Das Material stammt aus Italien, die Endproduktion erfolgt in den Niederlanden.

Auf welche Weise werden Sie das tun?

Ton Löbker: Es wird eine Kommunikationsplattform rund um die Stiftung geben, wo wir mehr über unsere gemeinnützige Arbeit erzählen – welche Organisationen wir unterstützen, wie die Projekte vorangehen etc. Unsere Partner und Kunden können dort sozusagen verfolgen, wo das Geld hingeht – im positiven Sinne. Das ist ein neues und recht umfangreiches Vorhaben, sowas gab es bislang bei uns nicht. Wir denken auch darüber nach, Kunden zukünftig mitentscheiden zu lassen, an welche Organisationen die mit ihrem Geld erzielten Umsätze gespendet werden sollen. Das ist zwar noch nicht in der konkreten Umsetzung, aber es wäre eine weitere, tolle Möglichkeit, sich als soziales Unternehmen mit enger Verbindung zum Markt aufzustellen.

Welche anderen Nachhaltigkeitsprojekte treibt die Plato Group derzeit voran?

Ton Löbker: Da unterscheiden wir uns wenig von anderen Playern aus der Branche, und das betrifft v.a. die Produkte, die wir anbieten. Wenn wir bei den Entscheidern im Marketing und im Brüssel ernstgenommen werden und eine stabile Zukunft haben wollen, müssen wir das, wofür wir stehen und was wir verkaufen, immer wieder hinterfragen. Das sehen wir Tag für Tag im Geschäft mit den Kunden – man denke nur an die unzähligen Konzerne, bei denen inzwischen Compliance-Beauftragte fest in die Einkaufsprozesse integriert sind. Die kleineren Unternehmen werden hier schon sehr bald mitziehen. Vor diesem Hintergrund ist der Zuwachs, den wir auf Produktseite durch die Interall-Übernahme erhalten haben, natürlich ein wertvoller Gewinn.

// Mit Ton Löbker sprach Till Barth.

Bildquelle: Plato Group

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