In einem Antwortschreiben an den GWW hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die ertragsteuerliche Beurteilung der Aufwendung für Werbeartikel betrachtet. Der amtierende GWW-Vorstand um Frank Jansen sieht in dem Schreiben keine Grundlage für weitere Diskussionen. Zu einer komplett anderen Beurteilung kommt hingegen Frank Dangmann. Der langjährige Präsident des GWW zeichnete bis zum 30. Juni 2023 für die politische Arbeit innerhalb des GWW verantwortlich und hat in dieser Zeit zahlreiche Kontakte in die Politik, die Finanzverwaltung von Bund und Ländern sowie zu den Spitzenverbänden aufgebaut und gepflegt. Dangmann sieht in der vom zuständigen Referatsleiter formulierten Abgrenzung vom Geschenk einen weiteren wichtigen Schritt in der steuerlichen Neubeurteilung von Werbeartikeln und macht überdies zusätzliche positive Signale aus der Politik aus.

Herr Dangmann, Sie haben auf der JHV des GWW zu verstehen gegeben, dass Sie das Antwortschreiben des Bundesministeriums der Finanzen weit positiver bewerten als der amtierende Vorstand. Das Schreiben datiert vom 22. August ist eine Reaktion auf einen Brief, den Sie mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden des GWW, Steven Baumgaertner, am 19. Januar d.J. ans BMF geschickt hatten. Warum haben Sie seinerzeit das Schreiben aufgesetzt?

Frank Dangmann 550x367 300x200 - "Die eindeutige Abgrenzung des Werbeartikels vom Geschenk ist ein Erfolg"

Frank Dangmann

Frank Dangmann: Letztlich resultierte unser Brief aus den zahlreichen Gesprächen, die wir mit dem Finanzministerium in den letzten Jahren geführt hatten. Zuletzt hatte uns Dr. Rolf Möhlenbrock, der damalige Leiter der Abteilung „direkte Steuern“ im BMF, ein Gespräch mit Stephan Rochow vermittelt, der als Leiter des Referats IV, C 6 im BMF mit dem Thema Gewinnermittlung betraut ist und damit eben auch für das Thema Betriebsausgaben und unsere Fragestellung der Einordnung von Werbeartikeln verantwortlich zeichnet.

Wir hatten am 20. Dezember 2022 ein zweistündiges Gespräch mit Herrn Möhlenbrock und Herrn Rochow und haben realisiert, dass sie unserem Ansinnen, den Werbeartikel steuerlich vom Geschenk zu trennen, durchaus offen gegenüberstehen. Herr Rochow bat uns dann darum, die Aufforderung nochmal zu skizzieren, damit er sie mit den obersten Finanzbehörden der Länder abstimmen kann. Das hat er getan, weshalb seine Antwort nun auch die Auffassung der Länder widerspiegelt. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum es mehr als ein halbes Jahr gedauert hat, bis wir eine Antwort bekommen haben.

In dem Schreiben des GWW skizzieren Sie und Steven Baumgaertner die gegenwärtige Praxis bei der Besteuerung von Werbeartikeln, erklären die daraus resultierenden Probleme für die Branche und Unternehmen, die Werbeartikel einsetzen, und plädieren in der Folge dafür, den Werbeartikel vom Geschenk steuerrechtlich abzugrenzen. Sie wünschen sich klarstellende Regelungen, z.B. in Form einer Verwaltungsanweisung mittels BMF-Schreiben oder einer Integration von Neuregelungen in einem Bürokratieentlastungsgesetz. Entspricht die Antwort aus dem BMF Ihren Forderungen?

Frank Dangmann: Das BMF und die Länderbehörden sehen keinen Anlass für eine Verwaltungsanweisung. Das ist insofern schade, weil diese sicher noch mehr Aufmerksamkeit bei Finanzbehörden, Steuerberatern und Betriebsprüfern erhalten hätte. Aber es wird betont, dass es weiterer Klarstellungen aus dem Grunde nicht bedarf, da Rechtssicherheit schon heute bestehe, und zwar dahingehend, dass – wie es in dem Schreiben heißt – „die ertragsteuerliche Beurteilung eines Werbegeschenks sich danach richtet, ob es sich bei dem zugewendeten Gegenstand dem Charakter nach um einen Werbeartikel oder um ein Geschenk handelt“.

Demnach wird zwischen Werbeartikel und Geschenk ja klar unterschieden.

Frank Dangmann: Ja, und es ist ein bedeutender erster Schritt, diese Auffassung von der obersten Finanzbehörde – dem Bundesministerium der Finanzen – so ausformuliert bekommen zu haben. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Aufwendungen für Werbeartikel sind damit keine Geschenke und grundsätzlich in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Aufwendungen unterliegen nicht der Betriebsausgabenabzugsbeschränkung i.S.d. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EstG. Die besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 4 Absatz 7 EstG bestehen bei der Abgabe dieser Werbeartikel nicht.“

Im Klartext heißt das: Weder die 10 Euro-Grenze zur Aufzeichnungspflicht noch die 35 Euro-Grenze sind von Relevanz, wenn es sich um einen Werbeartikel handelt. Diese Auffassung wird durch Expertenmeinungen bestätigt. So kommt auch Dr. Tanja Wiebe von FinTax policy advice (die Berliner Agentur, die den GWW in den letzten Jahren bei der Lobbyarbeit unterstützt hat, Anm. der Red.) in einer detaillierten Analyse zu dem Schluss, dass für den Geber von Werbeartikeln keine empfängerbezogenen Aufzeichnungspflichten bestehen und der Aufwand unabhängig vom Wert des eingesetzten Werbeartikels zum Abzug gebracht werden kann. Die in dem Schreiben vorgenommene eindeutige Abgrenzung des Werbeartikels vom Geschenk empfinde ich als Erfolg und Durchbruch in unseren Bemühungen um Steuergerechtigkeit.

Andererseits heißt es aber auch, dass allein das Anbringen eines Logos nicht ausreicht, um einen Werbeartikel als Werbeartikel zu klassifizieren. Im Einzelfall könne es sich dabei dennoch um ein Geschenk handeln. Letztlich bleibt so ja doch viel Interpretationsspielraum bei der Betriebsprüfung.

Frank Dangmann: Das ist richtig. Und den wird es auch weiter geben. Aber ich bin davon überzeugt, dass Betriebsprüfer den Sachverhalt zukünftig anders bewerten als bislang, wenn sie denn Kenntnis von dem Schreiben haben, das eben nicht nur die Sicht des BMF ist, sondern auch mit den Länderfinanzbehörden abgestimmt worden ist. Ich plädiere daher dafür, das Schreiben breit in die werbetreibende Industrie und an Steuerberaterverbände zu verteilen und begrüße den Vorstoß aus dem Plenum der Mitgliederversammlung, das Schreiben in einem ersten Step allen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen.

Der amtierende Vorstand ist diesbezüglich eher zögerlich und bewertet die Antwort des BMF weit kritischer, v.a. weil Werbeartikel darin als „Gegenstände von grundsätzlich geringem Wert, die in die Werbestrategie des Betriebs eingebunden sind und einer breiten Masse zugewendet werden, ohne dass eine besondere Beziehung zwischen dem Geber und Nehmer besteht“, klassifiziert werden. Diese Formulierung könnte nahelegen, dass nur klassische Streuartikel als Werbeartikel angesehen werden sollen, was der Branche nicht gerecht wird.

Frank Dangmann: In dem Schreiben steht ganz eindeutig: „Eine betragsmäßige (Höchst)Grenze zur Einordnung als Werbeartikel besteht nicht.“ Die umstrittene Formulierung, auf die der Vorstand rekurriert, wurde verwendet, weil der Referatsleiter verhindern will, dass hochwertige Geschenke – Einzelzuwendungen wie die Magnumflasche Champagner oder die Rolex-Uhr, die an Geschäftspartner ausgegeben werden – nur deswegen als Werbeartikel gelten, weil sie im Vorfeld mit einem Logo versehen worden sind.

Gibt aber z.B. ein Autohaus an die zwanzig nächsten Käufer eines Neuwagens ein Bobbycar als Zugabeartikel heraus, so ist das für Herrn Rochow, wie er in unseren Gesprächen zu verstehen gegeben hat, durchaus ein Werbeartikel und kein Geschenk und somit trotz Überschreitung der 35 Euro-Grenze und ohne Empfängeraufzeichnung eine steuermindernde Betriebsausgabe. Der Begriff der „breiten Masse“ ist vielleicht irreführend, das Verständnis für unsere Branche und den Sinn von Werbeartikeln und deren Werbewirkung scheint jedoch durchaus vorhanden zu sein.

Zeitnah zu dem Eingang des Antwortschreibens kam die Meldung, dass das geplante Wachstumschancengesetz vom Bundeskabinett beschlossen wurde und noch bis Ende des Jahres von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll. Darin enthalten ist ein Passus, der die Anhebung der Wertgrenze für die Aufwendungen an betrieblich veranlasste Geschenke von 35 Euro auf 50 Euro anhebt. Werten Sie das als Erfolg?

Frank Dangmann: Im Ergebnis ist das für uns nicht zufriedenstellend, denn das wird die Werbeartikelbranche kaum betreffen. Der entscheidende Hemmschuh für unser Business ist die mit der Überschreitung der 10 Euro-Grenze verbundene besondere Aufzeichnungspflicht. Diese ist allerdings nicht „vergessen worden“, wie es in manchen Kommentaren jetzt heißt, sondern wurde ganz explizit von den Spitzenverbänden wie dem Bund der Steuerzahler, dem BDI oder dem BGA nach Gesprächen mit mir in der Stellungnahme der Spitzenverbände gefordert.

Leider ist der Vorstoß zur Umwandlung von einer empfänger- auf eine objektbezogene Betrachtung der Grenze und die damit verbundene Abschaffung der Aufzeichnungspflicht oder zumindest die Anhebung der 10 Euro-Grenze nicht in den Text zum Wachstumschancengesetz mit aufgenommen worden. Aber dennoch ist auch hier die positive Botschaft: „Der Werbeartikel wird im politischen Berlin wahrgenommen!“ Dass der Werbeartikel im Rahmen des Wachstumschancengesetzes überhaupt Beachtung findet, ist eine Anerkennung für unsere Branche und ein Beleg für unsere erfolgreiche Arbeit in den letzten Jahren.

Besteht denn die Aussicht, dass sich auch bezüglich der 10 Euro-Grenze bei der Aufzeichnungspflicht noch etwas tut?

Frank Dangmann: Es gab im Oktober 2022 im Bundesrat einen Antrag des Freistaats Bayern für das Jahressteuergesetz 2022, eine Bagatellgrenze von 20 Euro einzuführen, bis zu der der Betriebsausgabenabzug auch für Geschenke nicht von der Einhaltung besonderer Aufzeichnungspflichten abhängig ist. In der Ideenmatrix der FDP für ein Jahressteuergesetz 2023 ist ebenfalls die Forderung danach, die 10 Euro-Grenze für die Einzelaufzeichnung bei Streuwerbeartikeln fallen zu lassen oder zumindest deutlich anzupassen – auf 20 Euro – auf Platz zwei gelistet, direkt gefolgt übrigens von der Anhebung der Wertgrenze von 35 auf 50 Euro. Auch das BMF diskutiert mit den Ländern über eine Anhebung der 10 Euro-Streuwerbeartikelgrenze auf 15 Euro.

Nichts davon beinhaltet die Lösung all unserer Probleme, aber es sind durchaus positive Signale auf dem Weg zu unserem Endziel, eine gesetzliche Regelung im EStG zu erreichen, die den Werbeartikel eindeutig als absetzbare, betriebliche Aufwendung definiert.

// Mit Frank Dangmann sprach Dr. Mischa Delbrouck.

Bildquelle: Frank Dangmann

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