Nach der derzeit gültigen Satzung des GWW sollen die einzelnen Sektionen sowie das PSI durch Vertreter im Vorstand repräsentiert werden. Teile des GWW hatten eine Satzungsänderung erarbeitet, die u.a. diese „Sonderrechte“ aufhebt und die Möglichkeiten der Vorstandswahl neu justiert. Zu der geplanten Abstimmung über die Satzungsänderung auf der JHV kam es aufgrund des Vetos des PSI nicht. PSI-Chefin Petra Lassahn über die Beweggründe und den Ablauf im Vorfeld.

Frau Lassahn, auf der JHV des GWW sollte über eine Satzungsänderung abgestimmt werden: Was waren denn die wesentlichen Punkte, die geändert werden sollten?

Petra Lassahn 550x367 300x200 - „Zu wenig Zeit, strittige Punkte zu klären"

Petra Lassahn

Petra Lassahn: Zum einen ging es darum, auch digitale Abstimmungen und Versammlungen zu ermöglichen und ein paar weitere Punkte. Wenn man es dabei belassen hätte, wäre die Zustimmung sicher unproblematisch gewesen. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt war jedoch die Zusammensetzung des Vorstands. Die derzeitige Regelung sieht vor, dass die Mitgliederversammlung von Wahlvorschlägen der Sektionen bzw. des PSI nur abweichen kann, wenn in der Person des jeweiligen Kandidaten ein wichtiger Grund vorliegt. Konkret bedeutet das, dass die Sektionen und das PSI jeweils ein Vorstandsmitglied stellen sollen. Diese Sonderrechte sollten abgeschafft werden.

Sie haben der neuen Satzung nicht zugestimmt, weshalb es nicht zu einer Abstimmung unter den Mitgliedern kam. Was waren Ihre Beweggründe?

Petra Lassahn: Man sollte auch die Historie berücksichtigen. Der GWW mit dieser Konstruktion in den Sektionen ist nach zähen Verhandlungen so entstanden, damit sich möglichst alle Branchenteilnehmer hinreichend repräsentiert fühlen können. Wenn man dieses Prinzip aufbricht, kann es eben auch passieren, dass einzelne Sektionen wie die Business Partner oder Markenartikler und theoretisch auch Händler und Lieferanten irgendwann nicht mehr im Vorstand vertreten sind. Gerade angesichts der derzeitigen Themen und Diskussionen scheint es aber dringend notwendig, dass alle auch gehört werden können.

Hinzu kommt: Wir hatten im Vorfeld nicht genügend Zeit, die strittigen Punkte zu klären – es gibt z.B. auch zwischen den Rechtsabteilungen von GWW und RX unterschiedliche Auffassungen, wie einzelne Punkte zu interpretieren sind. Wir haben das erste Mal eine Woche vor der Jahreshauptversammlung über diese Thematik gesprochen. Das ist zu kurzfristig, um mögliche Lösungen zu erarbeiten. Wir sind nach wie vor sehr an einer gemeinsamen Lösung interessiert, aber wir sollten die Diskussionen auch in Ruhe zu Ende führen.

Hätten Sie sich eine frühzeitigere Auseinandersetzung mit dem GWW zum Thema Satzungsänderung gewünscht?

Petra Lassahn: Definitiv. Man muss auch fragen, warum kam die Abstimmung jetzt so früh auf die Agenda bzw., warum hat man sie auf der Agenda gelassen, obwohl klar war, dass wir uns im Vorfeld nicht werden einigen können. So stehen wir schlecht da, und man kann den Eindruck bekommen, dass das möglicherweise nicht ganz ohne Absicht geschehen ist.

Sie betonen immer wieder, dass das PSI den GWW unterstützt. In welcher Form?

Petra Lassahn: Bis vor einigen Jahren waren wir im Vorstand teilweise sogar mit zwei Personen vertreten und haben insbesondere an der politischen Arbeit, der Öffentlichkeitsarbeit der Branche und in diversen Arbeitsgruppen inhaltlich vieles mitgestaltet. Die Zahl unserer Mitglieder ist ein wichtiges Argument bei der Lobbyarbeit in Berlin oder Brüssel, der wir so mehr Macht und Gehör verleihen.

Nicht zuletzt leisten wir finanzielle Hilfe: Bis vor zwei Jahren haben wir von unseren eingesammelten Lobbybeiträgen einen sechsstelligen Betrag für die Lobbyarbeit der Branche an den GWW abgeführt. Und als einziges Mitglied zahlen wir nicht 1.000 Euro, sondern 20.000 Euro Jahresbeitrag – das wurde übrigens auf der Versammlung ohne Rücksprache mit uns in der Präsentation falsch dargestellt. Das alles machen wir gerne, aber es wäre hilfreich, wenn der Vorstand das den Mitgliedern auch einmal erklären würde.

Sie haben angekündigt, über die RELX (RX)-Büros in Berlin und Brüssel jetzt auch unabhängig von den GWW-Aktivitäten politische Lobbyarbeit für den Werbeartikel betreiben zu wollen. Entsteht auf dieser Ebene eine Konkurrenz zum GWW?

Petra Lassahn: Natürlich sollten wir unsere Anstrengungen abstimmen und zusammen koordinieren, damit nicht der Eindruck entsteht, dass jede Organisation einzeln vorstellig wird. Aber wir sind es unseren Mitgliedern gegenüber auch schuldig, uns für die Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen, in denen sie ihr Geschäft tätigen, einzusetzen. Deswegen hat es auch schon im letzten Jahr erste Gespräche von uns in Berlin gegeben.

Anfang des Jahres gab es Treffen zwischen PSI, GWW und WA Media, um über eine mögliche Entzerrung des Messeterminkalenders Anfang des Jahres zu sprechen. Nun hat der GWW über verschiedene Termine und Orte zur Frühjahrs-Trend abstimmen lassen und festgelegt, dass die nächste Frühjahrs-Trend am 27. Februar 2024 in Frankfurt am Main gefolgt von einem Newsweek-Tag stattfinden soll. Wie bewerten Sie das Vorgehen?

Petra Lassahn: Es gab die Absichtserklärung, die jeweilige Messeplanung mit den drei an den Gesprächen beteiligten Partnern abzustimmen. Das ist nicht geschehen. Die Entscheidung für Frankfurt am Main und den Termin im Februar sorgt weder räumlich noch zeitlich für einen ausreichenden Abstand zur PSI-Messe oder der HAPTICA® live. Das tut weder der Branche noch dem Markt gut. Wir bleiben dabei: Die GWW-Trend im Herbst unterstützen wir total, die GWW-Trend im Frühjahr macht aus unserer Sicht für Aussteller und Händler keinen Sinn.

Wie geht es jetzt weiter zwischen GWW und PSI?

Petra Lassahn: Es sind Gespräche anberaumt, wir hoffen, dass wir eine Lösung finden können. Aktuell sehe ich in dem Thema Satzungsänderung jedenfalls kein Problem, das die Arbeit des Vorstands belasten muss.

// Mit Petra Lassahn sprach Dr. Mischa Delbrouck.

Bildquelle: PSI

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