Frank Groß Schneider - Frank Groß, Schneider: „EMAS bietet ein Höchstmaß an Transparenz.“

Frank Groß, Geschäftsführer von Schneider Schreibgeräte.

Herr Groß, Ihr Unternehmen ist seit 1998 nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) zertifiziert. Warum haben Sie sich für eine EMAS-Zertifizierung entschieden?

Frank Groß: Wir haben schon früh begonnen, uns um ressourcen- und umweltschonende Verfahren zu kümmern – zu einer Zeit, als dies noch von vielen belächelt wurde. Bereits 1995 hat sich Schneider Gedanken über ein Umweltmanagementsystem gemacht. Die erste Umwelt-Begehung wurde am Standort Tennenbronn dann im Mai 1996 von der TÜV Energie und Umwelt GmbH durchgeführt. Vorläufer von EMAS war die Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung. Mit dieser Verordnung wurde das erste Umweltmanagementsystem bei Schneider etabliert. Als erstes Unternehmen der Branche erhielten wir dann 1998 das EMAS-Zertifikat, das wir seither regelmäßig revalidiert haben. Die ISO 14001 startete erst 1996. Später wurde die ISO 14001 in EMAS integriert, und so hatten wir sowohl die ISO 14001 als auch das Plus, das EMAS bietet. Grundsätzlich legt EMAS mehr Wert auf die Umweltleistungen, während die ISO 14001 eher die Dokumentation in den Mittelpunkt stellt. Bei EMAS gefielen uns vor allem der kontinuierliche Verbesserungsprozess inklusive der regelmäßigen Validierung durch einen Prüfer sowie die Dokumentation unserer Umweltleistungen im Rahmen der Umwelterklärung, die das Thema für Interessierte einfach zugänglich und transparent macht. Darüber hinaus war und ist es seit jeher unser Ansporn, das stringenteste System zu erfüllen.

Welche Vorteile bietet EMAS gegenüber der ISO 14001?

Frank Groß: EMAS geht weit über die Richtlinien der ISO 14001 hinaus, da insbesondere die Erstellung und Veröffentlichung einer Umwelterklärung verpflichtend ist, die die Umweltziele des Unternehmens und deren Erfüllungsgrad dokumentiert und die von einem unabhängigen Prüfer validiert wird. Dadurch bieten sich verbesserte Möglichkeiten zur Kommunikation mit interessierten Kreisen wie z.B. Kunden oder Behörden. Auch für das Marketing bringt das EMAS-Logo weitere Vorteile mit sich. EMAS ist das weltweit strengste und effektivste Umweltmanagement-System und als umfassendes Instrument für glaubwürdigen Umweltschutz aus verschiedenen Blickwinkeln anerkannt. Für viele Behörden z.B. ist es ausreichend, um nicht noch weitere Prüfungen durchführen zu müssen. Desweiteren spart man sich das Audit nach der Energiemanagement-Norm 50001, das ebenfalls bereits in EMAS integriert ist, und das wir sonst aufgrund unserer Größe durchführen müssten.

Inwiefern haben sich Schwerpunkte und Anforderungen im System seit 1998 verändert? Ist das System strenger geworden?

Frank Groß: Durch die Integration der ISO 14001 hat sich die Beschreibung der Organisation z.T. geändert. Es wird mehr auf Formalitäten geachtet. Außerdem wurden die Anforderungen insgesamt immer weiter verfeinert, d. h. der Detaillierungsgrad des Systems hat sich über die Jahre deutlich erhöht.

Können Sie die Inhalte Ihres Umweltmanagement-Systems kurz umreißen?

Frank Groß: Zunächst müssen wir unser Unternehmen mitsamt seiner Struktur und seinem Organigramm beschreiben und die Umweltpolitik sowie die Ausrichtung des Unternehmens darauf festlegen. Umweltziele und -maßnahmen müssen definiert, Abläufe und Zuständigkeiten geregelt werden, z.B. durch Verfahrensanweisungen, die Benennung von Beauftragten und Schulungen. Ziel ist neben dem Erreichen von Rechtssicherheit die kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistungen, wobei sämtliche Umweltereignisse ausführlich dokumentiert werden müssen.

Wie aufwendig ist der Zertifizierungsprozess?

Frank Groß: Zu Beginn ist der Zertifizierungsprozess sehr aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Wissen über die umweltrelevanten Prozesse im Unternehmen. Es müssen in diesem Zusammenhang eine Vielzahl an Kennzahlen ermittelt und dokumentiert werden. Jedoch gewinnt man über die Jahre zunehmend an Erfahrung und Wissen, was sich positiv auf den Zeitaufwand im Zertifizierungsprozess auswirkt.

Können Sie einige Beispiele geben, welche Materialien und Prozesse Sie umgestellt haben?

Frank Groß: Wir beziehen inzwischen sämtliche Energie aus regenerativen Quellen, sind auf energiesparende Maschinen umgestiegen und haben Materialvielfalt und Verbrauch – z.B. bei Hilfsstoffen wie Ölen, Reinigungs- und Lösemitteln – drastisch reduziert. Unsere Verpackungen bestehen zu 80% aus Altpapier, wir verwenden z.T. Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen, versuchen, wo es geht, Abfälle zu reduzieren und Material bestmöglich wiederzuverwenden.

EMAS sieht auch die Veröffentlichung von Inhalten vor. Welche Inhalte kommunizieren Sie öffentlich und in welcher Form?

Frank Groß: Mit EMAS ist ein Höchstmaß an Transparenz geschaffen, sowohl unternehmensintern als auch gegenüber allen Marktteilnehmern. Alle Umweltleistungen und insbesondere die Umweltpolitik inkl. der gesteckten Ziele müssen in einer Umwelterklärung publiziert und öffentlich zugänglich gemacht werden. Uns liegt es am Herzen, unser Umweltmanagement so transparent wie möglich zu kommunizieren. Daher veröffentlichen wir unsere Input- und Outputbilanzen in Zahlen im Rahmen unseres Nachhaltigkeitsberichtes als Teil der Umwelterklärung. Der Nachhaltigkeitsbericht wird sowohl in Printform als auch online über unsere Firmenhomepage der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wie zeitaufwendig ist das Nachhalten der im Umweltmanagement-System vorgesehenen Inhalte?

Frank Groß: Schneider beschäftigt an seinen beiden Standorten in Deutschland jeweils einen Umweltmanagementbeauftragten, der sich konstant um die EMAS- und sonstige Umweltthemen kümmert. Durch den Einsatz eines internen Wiki-Systems hat sich der Verwaltungsaufwand bei Dokumentenänderungen gegenüber der Papierform deutlich reduziert. Durch dieses System werden alle Änderungen in der Dokumentation direkt verteilt und festgehalten.

Wie wichtig wird eine Zertifizierung zukünftig sein?

Frank Groß: Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit und auf allen Ebenen präsent – von der Weltpolitik bis zum Alltag. Die Menschen werden – glücklicherweise – in ihrem Konsumverhalten immer bewusster, und deshalb verlangen die Verbraucher zunehmend nach verantwortlich hergestellten Produkten. Leider gibt es auch immer mehr Greenwashing und falsche und nichtssagende Ökolabels. Durch unsere frühe Zertifizierung und durch das transparente Kommunizieren unserer Umweltleistungen können wir jedoch Vorurteile umgehen und Vertrauen vermitteln.

Welche Rolle spielt die Tatsache, dass Sie EMAS-zertifiziert sind, in Ihrem Marketing?

Frank Groß: Neben der Produktgüte spielt auch die höhere Sensibilität für soziale und ökologische Aspekte im Marketing eine große Rolle. Schneider vermittelt seinen strategischen ökologischen Weg seinen Kunden über persönliche Beratung durch ein flächendeckendes Außendienst-Team. Die ökologischen und sozialen Aspekte sowie die Produktnachhaltigkeit werden dadurch transparent und können vom Kunden in Relation gesetzt werden zum Leistungsspektrum anderer Anbieter in diesem Bereich. Wir kommunizieren unsere Haltung auf allen unseren Verkaufsmaterialien und Verpackungen und versuchen stets, in Interviews oder Presseauftritten das Thema anzusprechen.

Gibt es Kunden, die nach Umweltmanagement und einer entsprechenden Zertifizierung fragen bzw. diese sogar einfordern?

Frank Groß: Die Verwendung von Produkten, die unter nachhaltigen Bedingungen produziert werden, ist häufig ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Artikelauswahl. Demzufolge fragen auch immer mehr Anwender nach entsprechenden Zertifizierungen bzw. fordern diese auch ein. Unsere EMAS-Zertifizierung genießt dabei einen hohen Stellenwert und ist als transparentes Umweltmanagementsystem mehr als anerkannt. Sehr erfreulich ist in diesem Zusammenhang auch, dass unsere Handelspartner die mit EMAS verbundenen USPs bei der Vorstellung unserer Sortimente im Markt intensiv nutzen.

Auf welche Umweltziele, die Sie seit 1998 erreicht haben, sind Sie besonders stolz?

Frank Groß: Wir sind zu 100% auf regenerative Energiequellen umgestiegen und konnten dank Renovierung und Maßnahmen zur Energieeffizienz trotz zusätzlicher Gebäude 50% der Heizenergie einsparen. Zwei Blockheizkraftwerke erzeugen elektrische Energie und die dadurch entstehende Wärme wird bei Schneider für Heizzwecke genutzt. Eines davon wird im Sommer kostenfrei an ein lokales Freibad verliehen. Vor allem aber konnten wir die Mitarbeiter motivieren, ihren eigenen Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften zu leisten. Seit 25 Jahren fährt bei uns ein kostenloser Mitarbeiterbus, darüber hinaus haben inzwischen 91 Mitarbeiter E-Bikes über uns geleast. Es gibt zudem die Möglichkeit, Elektro- oder Hybrid-Autos über uns zu mieten, und seit 1998 bereits ist für Geschäftsfahrten mit wenigen Ausnahmen das Bahnfahren obligatorisch. All das sind Maßnahmen, bei deren Umsetzung EMAS geholfen hat, die jedoch nur funktionieren, weil sie von der Geschäftsführung vorgelebt und von den Mitarbeitern getragen werden.

// Mit Frank Groß sprach Till Barth.

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